Bist du mein Kind? (German Edition)
einmal ein paar Wortfetzen fange ich auf.
„Hier ist euer Notebook.“ Ich hatte Jean-Marie gar nicht bemerkt. Plötzlich sitzt er neben mir. Sein Arm berührt meinen. Ein Schauer geht durch meinen Körper. Einen Moment lang lässt er seinen Arm, wo er ist und sagt kein Wort. Dann klappt er den Rechner auf.
„Du brauchst ihn nur zu starten. Passwort oder Benutzerkennung sind nicht nötig. Wenn du ihn in der Scheune einschaltest, klinkt er sich automatisch ins Drahtlosnetzwerk ein und ihr habt freien Zugang zum Internet. Übrigens, erschrick jetzt bitte nicht. Wir haben unsere beiden Gendarmen abgezogen. Die Ausrüstung zur Überwachung Eurer Handys wird später abgeholt. Sollte doch noch ein Anruf kommen, läuft er hier auf und wir geben Bescheid.“
Ich sehe ihn entsetzt an. Haben die Maxi schon aufgegeben?
„Jean-Marie, was tut ihr? Wie soll es denn jetzt weitergehen? Was ist, wenn die Entführer anrufen, was machen wir denn dann? Wieso gebt ihr auf?“
„Monique, wir geben nicht auf. Wir sind nur auf einer anderen Schiene. Frederic hier vorne geht mit euch hinüber und bleibt bei Euch. Er ist ein hervorragender Babysitter und sehr engagiert, wenn es darum geht, anderen zu helfen. Bei ihm seid ihr gut aufgehoben. Er kann übrigens auch hervorragend kochen. Auch wenn der Kühlschrank fast leer ist, schafft er es noch, etwas Leckeres auf den Tisch zu zaubern.“
Ich bin einfach zu durcheinander, um irgendetwas zu sagen. Jean-Marie geht zu Frederic und spricht mit ihm. Er steht auf und kommt lächelnd auf mich zu.
„Ich bin Frederic und bin ab jetzt dein Babysitter.“ Ich muss lachen. Trotz all meines Elends finde ich den Gedanken amüsant, dass ich noch einen Babysitter brauche. Er bemerkt seinen Versprecher und lacht auch. Natürlich bin ich der Babysitter deiner Kinder. Entschuldigung.“
Wolfgang kommt zu uns. Frederic lächelt auch ihn an.
„Ich heiße Frederic, bin achtundzwanzig Jahre alt und gehe mit euch hinüber. Ich kann kochen, auf Kinder aufpassen und dummes Zeug reden. Außerdem braucht ihr mich nicht zu bezahlen. Ich würde mich nehmen.“ Grinst und dreht sich um.
„Kleiner Spaßvogel oder?“ fragt Wolfgang. Frederic dreht sich um.
„Und deutsch kann ich auch, ich bin nämlich Belgier.“ Alle um uns herum lachen. Ich auch.
Schließlich kann Wolfgang sich überwinden, auch zu grinsen. Ich entscheide, dass ich Frederic mag. Ihn kann ich sicher besser in unserer Nähe ertragen, als die ganzen anderen Hansel, die bisher hier waren.
„Leon, komm, wir müssen wieder Agent spielen. Du musst uns mit verbundenen Augen durch ein Labyrinth führen!“ ruft er Leon zu. Leon steht auf und kommt zu uns.
„Hallo Frederic“, sagt er. Woher kennt Leon ihn?
„Schatz, woher kennst du Frederic?“ frage ich.
„Mama, ich habe doch Ohren. Ich kenne ihn nicht, aber ich habe euch zugehört.“ Dann dreht er sich zu Frederic und sagt:
„Ich finde dich nett. Hast du etwas mit dem bösen Mann zu tun, der uns Maxi weggenommen hat?“
„Nur insofern, dass ich helfen will, Maxi zu finden.“
Frederic nimmt meinen Schal vom Sofa und verbindet Leon die Augen.
„So junger Mann, du hast doch sicherlich gesehen, wo hier der Ausgang ist. Wir brauchen nicht nur gute Ohren, wir brauchen auch gute Augen und ein feines Gespür. Hast du das, Agent Leon?“
Leon nickt eifrig mit dem Kopf. Sein kleiner Rücken wird ganz gerade und er marschiert tatsächlich so ungefähr in Richtung Tür. Frederic legt ihm seine Hände auf die Schultern und führt Leon so den ganzen Weg nach draußen.
Als wir oben angekommen sind und vor unserer Scheune stehen, hat Leon tatsächlich nicht gemerkt, dass Frederic ihn praktisch die ganze Zeit geschoben hat.
Leon ist ganz aufgeregt.
„Mama, ich habe den Weg ganz alleine gefunden. Und mit einem Tuch vor den Augen. Und ich bin diesen Weg vorher noch nie gegangen. Ganz dunkel war es, denn Frederic musste sich an mir festhalten, sonst wären wir im Labyrinth geblieben!“
Ganz ernst beugt Frederic sich zu ihm hinunter.
„Nicht nur ich habe mich an dir festgehalten, auch deine Eltern. Wir haben eine Kette gebildet und du hast uns alle herausgeführt. Du bist ein prima EinsA Agent.“
Leon ist schwer beeindruckt. Er hat seinen Helden.
Wahrscheinlich ist es genau das, was er im Moment braucht, denn Wolfgang und ich können gerade nicht behaupten, dass wir die aufmerksamsten Eltern sind, die sich ein Sechsjähriger wünschen kann.
Als wir unsere Scheune betreten, sehen wir,
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