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Bist du mein Kind? (German Edition)

Bist du mein Kind? (German Edition)

Titel: Bist du mein Kind? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilda Laske
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beruhigend, sondern aufregend, verboten und irgendwie erotisch. Wie kann ich nur so etwas empfinden, wo ich doch auf der Suche nach meinem Kind bin? Warum stellt man mir einen solchen Mann an meine Seite?
    Ich höre auf zu denken und konzentriere mich auf das Gebäude. Ich versuche, mir Einzelheiten einzuprägen. Einzelheiten? Ein Gebäude, das die Form eines Schuhkartons mit einem Dach hat?

    Wir halten an der Längsseite. Jean-Marie lässt meine Hand los. Schade. Wir steigen aus.
    Die Männer gehen um das Haus herum und ich folge ihnen. Als wir um die Ecke biegen sehe ich, was wir hier wollen. Hinter dem Gebäude steht ein Hubschrauber. Ich bin erschrocken, dass diese Dinger in der Realität so groß sind. Egal, ich muss da rein und habe keine Zeit, dieses Ungetüm von außen zu betrachten. Kaum schließt sich die Tür von innen, hebt der Pilot ab. Es ist laut. Sehr laut. Jean-Marie sagt etwas, aber ich kann ihn nicht verstehen. Ich zucke mit den Schultern. Er auch.
    Alle lehnen sich zurück und dösen. Ich passe mich an und lehne mich auch in den Sitz. Ich schließe die Augen, aber nur um sie gleich wieder ein ganz klein wenig zu öffnen. Durch meinen Sehschlitz beobachte ich Jean-Marie. Seine braunen Locken sind weich und glänzend. Ich widerstehe dem Wunsch, mit der Hand durch sie hindurch zu gleiten. Sein Gesicht ist scharf geschnitten und sein ebenmäßiges Profil erinnert mich an die römischen Statuen, die in Italien an jeder Ecke stehen. Seine Hände sind lang und seine Finger feingliederig. Bestimmt spielt er Klavier. Kein Gramm Fett am Körper.
    Wäre ich zuhause in Köln mit meinen Freundinnen unterwegs und würde diesen Mann sehen, würden wir eindeutig der Meinung sein, es handelt sich um ein Sahneschnittchen. Ich bin aber in einem Hubschrauber in Frankreich auf dem Weg nach Belgien, um mein entführtes Kind zu suchen. So seufze ich nur unhörbar in mich hinein und denke gar nichts. Beobachte halt nur. Immer noch. Ich kann die Augen nicht schließen, weil ich ihn dann nicht mehr sehen würde.
    Irgendwie scheint er meinen Blick zu spüren. Er dreht den Kopf, sein Blick trifft meinen und er lässt mich nicht aus den Augen. Er saugt seinen Blick regelrecht an meinem fest. Ich will weg sehen, aber es geht nicht. Sein Ausdruck verändert sich. Fast bedauernd.
    „Unter anderen Umständen“, murmelt er.
    Was, was? Hat er gerade gemurmelt oder habe ich mir das nur eingebildet? Ich reiße mich von seinem Blick los.
    „Was hast du gerade gesagt?“ frag ich einfach.
    „Ich? Ich habe nichts gesagt. Ich gehe gerade im Kopf nochmal unsere Planung durch. Da rede ich schon mal vor mich hin“. Lächelt und wendet sich wieder seinen Unterlagen zu.
    Schluss jetzt, Monika. Es reicht. Du befindest dich hier in einer entsetzlichen Situation und fängst einen Flirt mit einem Franzosen an? Was soll das? Reiß dich zusammen.
    Es ist schon ein Kraftakt, den ich hier leiste. Ich versuche, meinem Mann zu verzeihen, dass er Maxis Entführung zugelassen hat. Ich versuche, meine Angst um mein Kind zu verdrängen. Ich versuche, meinen anderen beiden Kindern die ruhige und liebevolle Mutter zu sein, die sie brauchen. Ich versuche, meine aufkommenden Gefühle für einen anderen Mann zu unterdrücken. Ich versuche gleichzeitig, zu genau diesem Mann ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Ich versuche, mein Kind aus den Fängen von Kinderhändlern zu befreien. Und ich versuche verzweifelt, mein Leben zurück zu bekommen. Ob ich das alles schaffe, ohne ernsthaft Schaden zu nehmen?
    Jetzt schließe ich wirklich die Augen. Jean-Marie bewegt sich. Ich spüre es mehr, als dass ich es höre. Und mit der Bewegung zieht sein unwiderstehlicher Geruch in meine Nase. Diesen Geruch werde ich wohl nicht mehr vergessen. Er ist nicht zu beschreiben, aber ich merke, dass er fast die gleichen Empfindungen in mir auslöst, wie es früher bei Wolfgang der Fall war. Er roch auch immer so gut nach sich selbst. Mit den Jahren habe ich dann seinen Geruch gar nicht mehr wahrgenommen. Aber Jean-Marie rieche ich im Moment sehr gut. Ich kann mir ja schlecht die Nase zuhalten. Ich öffne die Augen und blicke direkt in seine. Er ist mit seinem Gesicht nur zwei Zentimeter über mir. Ich sitze ganz still.
    „Ich dachte, dass du schläfst. Ich wollte dir ganz nahe sein“.

    Mit diesen Worten lehnt er sich wieder in seinen Sitz.
    Vollkommen verstört sitze ich da. Wieso fängt er jetzt mit diesem Spielchen an? So viel Feingefühl müsste er doch haben, dass er

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