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Bist du mein Kind? (German Edition)

Bist du mein Kind? (German Edition)

Titel: Bist du mein Kind? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilda Laske
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hänge. Ich versuche, irgendetwas zu denken, versuche historische Daten zu rezitieren, um wieder klar im Kopf zu werden. Aber es funktioniert nicht. Mein Kopf ist zu, weil sich alles anfühlt, als wäre Watte darin. Gedämpft und durch das Pfeifen in meinen Ohren nehme ich Schüsse wahr. Autos, die mit aufheulenden Motoren an mir vorbei rasen. Stimmen, die irgendetwas brüllen, was ich nicht verstehe. Welche Sprache ist das? Es ist egal. Nichts kommt mehr wirklich durch. Und plötzlich spüre ich, dass ich erleichtert bin, weil es in meinem Kopf schwarz wird. Mich interessiert es nicht, ob der Polizist mich hält oder ob ich in den Dreck falle, ich bin weg.

    „Sie ist einfach weg gesackt. Ich habe gar nicht damit gerechnet. Ich konnte sie gerade noch festhalten“. Spricht einer über mich?
    „Es ist in Ordnung, Rob. Du kannst nichts dafür, im Grunde ist es mein Fehler. Wir haben gedacht, sie schafft das, weil sie einen sehr starken Eindruck macht. Aber wir haben wohl unterschätzt, dass sie auch oder in erster Linie eine Mutter ist, die vor Sorge um ihr Kind fast wahnsinnig werden muss. Es war eine Scheißidee, sie mit hierher zu nehmen. Ich übernehme die volle Verantwortung.“

    Das ist die Stimme von Romain.
    „Der Krankenwagen ist auf dem Weg hierher. Sie muss dringend von einem Arzt untersucht werden. Vielleicht braucht sie ein Beruhigungsmittel oder so was.“
    Ich höre, dass hier über mich gesprochen wird. Aber ich kann nicht die Augen öffnen und ich bin nicht in der Lage, auch nur ein Wort heraus zu bringen. Mein Kopf füllt sich wieder mit Watte. Ich möchte gerne etwas denken, aber es geht nicht.
    Es wird wieder dunkel. Nein, es wird hell. Aber nur in meinen Augen. Ein Mann in weißer Kluft fuchtelt mit einer Taschenlampe vor meinen Augen herum. Jetzt zieht er mein rechtes Augenlid hoch und blendet mich mit der Taschenlampe. Gott sei dank, lässt er sofort wieder los. Oh nein, jetzt zieht er an meinem anderen Augenlid und blendet mich dort. Er soll mich in Ruhe lassen. Ich will nicht geblendet werden. Ich will nur schlafen. Ich bin so müde und ich kann nicht mehr. Was klappert denn hier so? Durch das Dickicht von Watte und Ohrenpfeifen kehren langsam meine Gedanken zurück. ‚Konzentrier dich, Monika. Was ist hier los? Warum liegst du hier und schlägst mit den Zähnen aufeinander? Ach so, das Klappern bin ich. Mir ist kalt. Schüttelfrost. Was für ein bescheuertes Wort. Ich schüttele mich nicht und es ist auch kein Frost. Warum klappere ich mit den Zähnen? Ach ja, mir ist kalt. Mein Körper zittert. Wäre Zitterfrost nicht das bessere Wort? Nee, klingt auch blöd.
    Herzlich Willkommen, Gedanken. Schön, dass ihr wieder da seid. Aber wo sind die Gedanken, die erklären, was hier gerade mit mir passiert‘?
    Mühsam richte ich mich auf. Ich spüre, dass sich ein Arm um meine Schulter legt. Ich bin froh, dass mich jemand stützt. Dankbar sehe ich ihn an. Ihn? Ja, ein Mann mit wunderschönen Locken, einem toll geschnittenen Gesicht. Der Körper, an den ich mich lehne fühlt sich fest und muskulös an. Und er riecht irgendwie so gut. Ganz mhm, verlockend. Diesen Geruch kenne ich. Vor nicht allzu langer Zeit habe ich ihn schon mal in der Nase gehabt.
    Jean-Marie. In meinem Kopf blitzt es. Schlagartig. Schock. Ich weiß jetzt, warum ich hier bin.
    Nein, nein, mein Kind.
    „Habt ihr ihn?“
    Jean-Marie sieht mich an. Sein Blick ist irgendwie anders als bisher. Ich kann die Spannung fast nicht aushalten, bis er antwortet. Aber er antwortet nicht. Schüttelt nur den Kopf, greift nach meiner Hand und streichelt sie.
    An dieser Stelle setzt alles aus. Wie soll ich beschreiben, was ich hier gefühlt habe? Es ist, als würden alles Leben, jede Körpertemperatur und jedes Gefühl im Bauch eine Kugel bilden und langsam aus mir heraus rollen. Ich sehe Jean-Marie, ich sehe seine Augen und nehme ihn trotzdem nicht wahr. Ich höre meine Zähne klappern und sehe, dass der Arzt eine Decke um mich legt, aber ich spüre es nicht. Ich höre im Hintergrund Stimmen rufen und sich unterhalten, aber ich verstehe es nicht. Ich weiß, dass ich hier auf dem Boden sitze, weil ich die Rettung meines Kindes vermasselt habe, aber ich verstehe es nicht. Ich habe Gedanken in meinem Kopf, die sich zu Worten und Sätzen zusammen fügen, aber ich registriere sie nicht. Bin ich jetzt durchgedreht? Zu keiner Regung fähig, weder physisch noch psychisch, blicke ich unverwandt zu Jean-Marie. Er sieht weg und schüttelt fast unmerklich

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