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Bist du mein Kind? (German Edition)

Bist du mein Kind? (German Edition)

Titel: Bist du mein Kind? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilda Laske
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Sohnes.
    Dass mein Mann dabei war, als er entführt wurde.
    Dass ich vermasselt habe, dass Maxi frei kommt.
    Aber so klar ich auch denken kann und bei Verstand bin, so unklar sind meine Gefühle. Ich kann nicht wirklich etwas empfinden. Weder Trauer noch Wut, oder Verzweiflung. Nichts von all dem ist in meinem Körper. Nur mein Verstand und mein Verdauungssystem. Das Frühstück war wirklich gut. So, noch nicht mal ein schlechtes Gewissen, weil mein Frühstück so gut war und ich mich danach so wohl fühle.
    Ich höre Schritte. Schnelle, feste entschlossene Schritte.

    Dann ich sehe ich ihn, den Arzt.
    Ein kleiner zierlicher Mann, zu dem die Schritte nicht passen.
    „Guten Tag Frau Reiter, ich bin Doktor Devineau, Ihr behandelnder Arzt. Wie geht es Ihnen?“
    Er spricht Deutsch mit wunderschönem französischem Akzent. Er blickt mich abwartend an. Sein Gesichtsausdruck wirkt aufrichtig und irgendwie entschlossen.
    „Mir geht es irgendwie, mhm, ich weiß nicht. Meine Gedanken sind klar, ich weiß, was passiert ist, warum ich hier bin und dass ich fast zwei Tage geschlafen habe.
    Aber ich fühle nichts. Ich meine jetzt keine körperlichen Beschwerden, sondern ich spüre keine Gefühle.
    Ich müsste doch verzweifelt sein und ich erinnere mich genau, was ich in den letzten Tagen seit der Entführung meines Kindes gefühlt habe. Nichts von dem ist da.“
    Er zögert einen Moment und antwortet mit Bedacht: „ Das liegt an den Medikamenten, die wir Ihnen geben. Sie haben einen Cocktail aus verschiedenen Substanzen erhalten. Vorrangig war erst Mal, dass Sie schlafen. Dieses Medikament haben wir nun abgesetzt, da Ihr Körper Zeit hatte, aus dem Erschöpfungszustand, in dem Sie sich befanden, als Sie herkamen, in ein normales Level zurück zu kehren. Ihre Werte sind im Normbereich, allerdings haben Sie einen leichten Eisenmangel, der aber nicht behandelt werden muss.
    Ihre Psyche macht uns Sorge.
    Wir wissen, dass Sie sich in einem Ausnahmezustand befinden. Deshalb haben wir Ihnen ein Medikament gegeben, das Ihre Psyche ein wenig „benebelt“. Das heißt, dass alle Empfindungen zentral geblockt werden, damit Sie erst mal zur Ruhe kommen.
    Aber nun müssen wir beide eine Entscheidung treffen, wie es weitergehen soll.
    Sie sind körperlich gesund, sodass kein Grund besteht, Sie weiter hier zu behalten. Wir können Sie also entlassen. Es besteht die Möglichkeit, diese Therapie mittels Tabletten weiter zu führen.
    Sie haben dann einen klaren Kopf, können aber Ihre Empfindungen nicht richtig wahrnehmen. Das ist eine schwierige Entscheidung. Wenn Sie möchten, können Sie mit unserer Psychologin sprechen, sicher kann sie Ihnen helfen.“
    Er schaut mich abwartend an. Soll ich was antworten? Ich denke einen Augenblick nach. Eine Psychologin, schon wieder. Doch, ich will mit ihr reden. Ich nicke Doktor Devineau zu.
    „Ja ich werde mit Ihrer Psychologin reden. Ich weiß, dass ich ein Meer von schlimmen Gefühlen spüren muss und dass ich ein mieses Gefühl haben müsste, weil dem nicht so ist. Und das finde ich sehr verwirrend. Ich würde gerne etwas Klarheit haben. Ja.“
    Er berührt mich leicht am Arm und steht auf.
    „Meine Kollegin wird gleich hier sein.“
    Ich bin alleine. Mein Blick fällt durchs Fenster nach draußen. Ich sehe nur einen Himmel mit ein paar Wölkchen. Zeit zum Nachdenken.
    Also, ich befinde mich in einem belgischen Krankenhaus. Ich bin hier, weil Maxi entführt wurde. Ich war so nah an ihm dran.
    Ich hätte nur rufen brauchen und er hätte mich gehört.
    Hätte, hätte, hab‘ ich aber nicht.
    Ich habe dafür gesorgt, dass wir ihn verloren haben. Wo finden wir ihn jetzt? Können Jean-Marie, Romain, Phillipe und all die anderen helfen, seine Spur wiederzufinden? Wie soll ich jemals damit fertig werden, dass ich ihn hätte retten können, ihn aber stattdessen noch weiter in diesen Sumpf geschickt habe? Und was ist mit den anderen Kindern?
    Ich hege keine Schuldgefühle mehr gegen Wolfgang. Ich hege überhaupt keine Gefühle. Ist das nun gut oder schlecht?
    Mein Mann und meine beiden anderen Kinder sind in Frankreich an der Atlantikküste ungefähr achthundert Kilometer entfernt. Ich muss zu ihnen. Ist ja auch kein Problem, hat Dr. Devineau gesagt. Ich muss mich nur entscheiden, ob ich Tabletten nehmen soll oder ob ich all meinen Kummer aushalten soll.
    Was ist wohl besser?
    Keiner hilft mir, ich bin hier ganz alleine. Ich muss dringend Bine anrufen, seit über zwanzig Jahren meine beste Freundin. Mit

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