Bist du mein Kind? (German Edition)
ich nicht hören soll?
Schon wieder Fragen und keine Antworten.
Ich stelle die Tassen auf den Tisch und gieße Kaffee ein. Die Zuckerstücke sind noch in der Küche. Ich gehe sie holen.
Wieder reden die beiden miteinander. Und als ich wieder am Tisch ankomme, sind sie still.
„Was redet ihr?“
Beide sehen mich an. Ich schaue von Einem zum Anderen. Beide zögern, keiner will wirklich antworten.
Also doch. Irgendwas wird uns hier doch verheimlicht. Und genau das will ich wissen.
Jean-Marie räuspert sich.
„Cherie, nicht aufregen. Es geht nur um ein paar Informationen. Wir haben heute mit Phillipe telefoniert und er hat Probleme mit dem Informationsfluss über Interpol. Er hat uns aufgefordert, ein paar Dinge herauszufinden. Und unser Frederic hier ist ja nicht ausschließlich euer Hausboy, sondern arbeitet für uns. Da haben wir also etwas zu besprechen. Wir halten keine Informationen zurück und wir wollen euch auch nicht verlassen oder hintergehen. Wir tun, was wir tun können. Glaub mir.“
Warum sagt er eigentlich immer „Cherie“ wenn Wolfgang nicht dabei ist? Und Frederic scheint das auch nicht zu stören. Er verhält sich völlig normal. Weder verwundert noch missbilligend. Vielleicht ist das die sprichwörtliche Liebe der Franzosen. Dass einer für den anderen Liebenden Verständnis hat. Dass ich verheiratet bin, scheint außer Jean niemanden zu stören.
„Ich weiß nicht mehr, was ich wissen will oder glauben soll. Meine Gedanken sind wirr. Ich versuche, alles zu verdrängen, aber ich muss mich irgendwann auch allem stellen. Wolfgang und ich müssen eine Entscheidung treffen. Ob wir nach Hause zurückkehren oder noch hierbleiben, bis ihr alle Möglichkeiten ausgeschöpft habt. Nur fehlt uns absolut der Mut, irgendetwas zu entscheiden. Was sollen wir tun? Helft uns!“
Diesmal Frederic:
„Glaub mir, Monique, bleibt noch ein paar Tage. Große Hoffnung können wir euch allerdings nicht machen. Aber wir haben noch zwei Hinweise, denen wir nachgehen müssen.
Das wird ungefähr 24 Stunden dauern. Und dann könnt ihr euch entscheiden.“
„Welche Hinweise?“ frage ich.
„Wir haben eventuell die Möglichkeit, heraus zu finden, ob die Spur von Ungarn nach Rumänien oder nach Tschechien führt. Das klärt sich als nächstes. Und dann sehen wir weiter.“
Jean-Marie sieht mich so zärtlich an, dass es mir fast wehtut.
„Okay, morgen um diese Zeit werden wir weitersehen.“ Das halte ich gerade noch aus. Wenn Wolfgang aufwacht, werde ich mit ihm darüber reden.
Frederic steht auf und geht in die Küche.
„Ich räum‘ mal alles weg und dann hatte ich Leon versprochen, mit ihm an seinem Lego-Haus zu bauen.“
Jean-Marie schaut mich an.
„Gehen wir ein Stück?“ fragt er. Schon wieder alleine mit diesem Mann? Schaffe ich das, ohne mich an ihn zu lehnen? Ja, das ist im Moment die kleinste Aufgabe, die ich zu bewältigen habe.
„Lass uns ein Stück gehen“.
Wir verlassen das Haus und gehen um den Hof herum zu den Feldern. Einen kleinen Weg schlagen wir ein. Er führt zwischen Feldern und Wiesen über das Land von Jean und Marie.
Schweigend stapfen wir den Weg entlang. Jean-Marie geht links und ich gehe rechts. Viel Platz liegt zwischen uns.
Ich lasse meine Gedanken schweifen, versuche aber angestrengt, nicht an mein Kind zu denken.
Und weil ich so in Gedanken bin, merke ich nicht, dass Jean-Marie näher kommt. Erst als er meine Hand ergreift, zucke ich zusammen.
Er sieht mich von der Seite an und lächelt.
„Nur die Hand“, sagt er. Ich lasse es geschehen.
Irgendwann kehren wir zum Hof zurück. Wolfgang sitzt wieder auf der Bank. Er sieht ausgeschlafener aus, aber immer noch steht ihm das Elend im Gesicht geschrieben.
Wir setzen uns zu ihm. Den Rest des Tages reden wir alle nicht mehr viel und versuchen, mit der Situation irgendwie um zu gehen.
2001 Mai Tag 12 in Frankreich
Am nächsten Morgen wache ich aus etwas auf, das man nicht Schlaf nennen kann.
Die ganze Nacht habe ich mich hin und her gewälzt, ohne wirklich erholsam zu schlafen. Aber eigentlich hatte ich auch nicht damit gerechnet, in dieser schrecklichen Situation überhaupt noch mal schlafen zu können.
Wolfgang liegt neben mir und sieht mich an.
„Wie geht es dir?“ fragt er mich. Dabei sieht er schon wieder so unendlich traurig aus, dass es mir fast das Herz bricht.
„Wie geht es dir, Liebling? Du siehst so traurig aus. Ich liebe dich“.
Er schmiegt sich an mich und ich spüre, dass er
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