Bist du verliebt, Mami?
Gedanke, in absehbarer Zeit noch einmal eine Horde kreischender Kinder ins Hallenbad zu begleiten, erfüllte Cooper mit Grauen. »Da musst du deine Mutter fragen.«
Als er einen Blick auf den Rücksitz warf, verdrehte er die Augen. Irgendwie würde er Zoe dazu bringen, Nein zu sagen. Bereits Anfang der Woche hatte er Kaugummi an der Türverkleidung, Krümel auf den Fußmatten und eine geheimnisvolle grüne Substanz auf dem Sitz entdeckt. In seinem jetzigen geschwächten Zustand konnte bereits ein Bonbonpapier eine Kurzschlussreaktion auslösen.
»Huhu!« Mrs Finkleman streifte ihre geblümten Gartenhandschuhe ab und watschelte auf den Zaun zu. Sie trug ein zeltartiges Kleid mit grafischen Mustern in Orange und Braun und grellblaue Sandalen. »Wie war’s beim Schwimmen, junger Mann?«
»Wir sind ein Rennen geschwommen, und Brad hat Carly untergetaucht, bis sie weinte, obwohl Cooper es ihm verboten hat«, erzählte Keenan begeistert. »Ich kann unter Wasser zwölf Sekunden die Luft anhalten.«
»Das ist ja fantastisch!« Lachend zerzauste Mrs Finkleman dem Jungen das Haar. »Dann wird es nicht mehr lange dauern, bis du in die Olympiamannschaft aufgenommen wirst.« Mit einem wissenden Blick betrachtete sie Coopers blasses Gesicht. »Sie sehen etwas mitgenommen aus. Keenan, lauf mal ins Haus und sag Mr Finkleman, er soll dir ein Stück von dem Kirschkuchen geben, den er heute gebacken hat.«
»Okay.« Keenan ergriff Coopers Hand. »Kommst du mit? Du willst doch sicher auch welchen.«
»Im Moment nicht. Geh nur.«
Mrs Finkleman blickte ihm schmunzelnd nach. »Wir werden ihn einige Stunden bei uns behalten. Sie sehen aus, als würde Ihnen ein Stündchen in einem stillen Zimmer guttun.«
»Manchmal befürchte ich schon, reif fürs Irrenhaus zu sein«, murmelte Cooper. »Wie schaffen es nur manche Leute, im Umgang mit Kindern die Nerven zu behalten?«
»Es ist einfacher, wenn man alle Phasen mit ihnen durchmacht. Wenn Sie einmal eine Nacht mit einem von Bauchkrämpfen geplagten Baby auf dem Arm auf und ab gewandert sind, bringt Sie nicht so schnell mehr etwas aus der Ruhe.« Sie seufzte. »Abgesehen von Hausaufgaben in den naturwissenschaftlichen Fächern. Da hätte ich manchmal beinahe die Waffen gestreckt. Und bei der ersten Fahrstunde.« Mrs Finkleman schüttelte den Kopf. »Das hat mich mehr mitgenommen als die Kinder. Aber bis dahin vergehen noch Jahre«, meinte sie und tätschelte Cooper beruhigend den Arm. »Sie machen Ihre Sache wirklich ganz prima. Erst neulich haben Harry und ich darüber gesprochen, wie schön es ist, dass Zoe und Keenan einen Mann in ihrem Leben haben. Sie hat zwar bisher alles ohne Hilfe bewältigt – allein ein Kind aufgezogen, auf zwei verschiedenen Stellen gleichzeitig gearbeitet und das Haus versorgt –, aber mir tut es in der Seele wohl zu sehen, wie Sie mit Keenan im Garten herumtoben oder wie Zoes Augen aufleuchten, wenn Sie in der Nähe sind. Ihr drei gebt eine reizende kleine Familie ab. Nun gehen Sie hinauf und legen Sie sich ein bisschen hin. Wir passen inzwischen auf Ihren Jungen auf.«
»Ich bin nicht … Er ist nicht …« Ehe Cooper die richtigen Worte gefunden hatte, hatte Mrs Finkleman sich bereits abgewandt.
Familie? überlegte er. Sie waren doch keine Familie. Natürlich hatte er den Jungen gern, und nach der Mutter war er ganz verrückt. Das machte sie aber nicht zu einer Familie. Auch wenn er sich freiwillig dazu bereit erklärt hatte, hin und wieder auf Keenan aufzupassen, und ihm Baseball beibrachte, war er deshalb nicht in die Vaterrolle geschlüpft.
Cooper marschierte sofort zum Kühlschrank, holte eine Flasche Bier heraus und trank sie in einem Zug zur Hälfte leer.
Es stimmte schon, dass er gern mit dem Jungen zusammen war, von Zoe ganz zu schweigen. Er war sogar geschmeichelt gewesen, als eine Frau im Schwimmbad Keenan irrtümlich für seinen Sohn gehalten und gemeint hatte, was für einen reizenden Jungen er habe. Das hieß jedoch nicht, dass er nun anfangen würde, an Familientarife bei der Krankenversicherung oder ein Sparkonto für Keenans Collegestudium zu denken.
Er war Junggeselle – ein Zustand, der ihm sehr behagte. Er konnte kommen und gehen, wie es ihm passte, die ganze Nacht Poker spielen oder tagsüber im Fernsehen Sport anschauen, ohne jemand darüber Rechenschaft schuldig zu sein.
Es gefiel ihm auch, in seinen eigenen vier Wänden zu arbeiten. Deshalb schrieb er die meisten Artikel nicht in der Redaktion, sondern zu Hause, weil hier
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