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Bitte Einzelzimmer mit Bad

Bitte Einzelzimmer mit Bad

Titel: Bitte Einzelzimmer mit Bad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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eine Wiederholung dieser vorübergehenden Emigration verzichtet hatte, ließ nur einen Schluß zu: Es hatte ihr nicht gefallen! Folglich hatte es auch anderen nicht zu gefallen, und sie gab sich redliche Mühe, Tinchen davon zu überzeugen.
    »Und denke daran, mein Kind, immer einen warmen Schlafanzug anziehen! Die Nächte am Meer sind sehr kühl. Wo habe ich denn jetzt wieder meine Handschuhe?« Hastig durchwühlte sie ihre große Tasche. »Ich weiß doch genau, daß ich … ach, da sind sie ja! Und hier ist noch etwas, das hätte ich beinahe vergessen.« Sie zog ein kleines verschnürtes Päckchen heraus und gab es ihrer Enkelin.
    »Das nimmst du auch noch mit! Aber versprich mir, daß du es erst in Italien aufmachst!«
    Tinchen gelobte, ihre ohnehin nicht sehr große Neugier zu bezähmen. Wenigstens war das Paket klein. Ein weiteres Kleidungsstück würde es kaum enthalten. Vermutlich Briefpapier, dachte sie, und so versprach sie auch noch bereitwillig, regelmäßig zu schreiben und gelegentlich Fotos zu schicken.
    Oma zog ab, gefolgt von Karsten, der den Korb mit Äpfeln trug (Sonderangebot, das Kilo nur einsneunundsiebzig); und von Ernst Pabst, der seine Schwiegermutter nach Hause fahren durfte. An der Tür drehte er sich noch einmal um.
    »Wir sehen uns ja noch beim Frühstück, Tinchen, aber zum Bahnhof kann ich dich leider nicht bringen. Um neun Uhr hat sich ein Vertreter angesagt.«
    »Macht nichts, Paps, ich nehme mir ein Taxi.«
    »Ach, das ist aber auch wirklich zu dumm«, klagte Frau Antonie, »da wirst du ganz allein fahren müssen. Ausgerechnet morgen früh will endlich der Installateur kommen, auf den ich schon seit Tagen warte. Da muß doch jemand zu Hause sein!«
    »Dann bringe
ich
sie eben zum Zug.« Karsten war ganz brüderliche Hilfsbereitschaft.
    »
Du
schreibst Mathe! Mit den Koffern werde ich alleine fertig.«
    Als Tinchen endlich im Bett lag und langsam ins Reich der Träume hinüberglitt, glaubte sie zu hören, wie Meereswellen an den Strand spülten und sich sanft an den Klippen brachen …
    Nebenan im Bad tropfte der Wasserhahn.
     
    Der Abschied war kurz, hektisch und tränenreich. Antonie schluchzte abwechselnd ins Taschentuch und in die Kaffeetasse, Herr Pabst suchte verzweifelt seine Autoschlüssel, die er gestern abend irgendwo hingelegt und bis jetzt noch nicht wiedergefunden hatte, und Karsten bemühte sich, seine Aufmerksamkeit zwischen dem Mathebuch und seiner Schwester zu teilen. Schließlich klappte er das Buch zu. »Den Quatsch habe ich bis heute nicht kapiert, also werde ich ihn jetzt auch nicht mehr begreifen. Das gibt sowieso ’ne glatte Fünf, deshalb kann ich dich ruhig zum Bahnhof bringen!«
    »Du gehst zur Schule, mein Sohn! Toni, sieh doch mal in der Manteltasche nach, vielleicht sind sie da.« Herr Pabst warf einen Blick zur Uhr. »Verflixt, ich müßte längst weg sein. Karsten, bist du fertig?« Hastig trank er seine Tasse leer. »Tont, hast du die Schlüssel? Nein? Ja, Himmeldonnerwetter, wo soll ich denn noch suchen? Was meinst du? Am Schlüsselbrett? Wer hängt denn da …«
    Er stürzte in den Flur und kam triumphierend zurück. »Da waren sie tatsächlich! Möchte bloß wissen, wer sie dort hingehängt hat!«
    »Ich«, sagte Antonie, »ich hatte es bloß vergessen.«
    Herr Pabst umarmte seine Tochter. »Mach’s gut, Tinchen. Laß dich nicht unterkriegen und lerne aus den Fehlern anderer, denn kein Mensch hat so viel Zeit, sie alle selbst zu machen.«
    Aus der Tasche zog er ein zusammengefaltetes Stück Papier. »Hier ist übrigens noch etwas für dich, quasi als erste Hilfe bei Unglücksfällen!«
    Es war ein Scheck über fünfhundert Mark.
    Tinchen schniefte. »Danke, Paps. Wenn ich ihn nicht brauche, bekommst du ihn zurück.«
    »Würde ich nicht tun«, bemerkte Karsten. »Kauf dir lieber Ersatz für Omas meergrüne Wolkengardine!« Dann drückte er seiner Schwester die Hand. »Ciao, Tinchen, bleib brav und denk’ mal an mich, wenn du in der Sonne schmorst, während ich mich zu Tode schufte. Gymnasiasten der Oberstufe haben nachweislich einen längeren Arbeitstag als ihre Väter – ohne Martini zur Entspannung!«
    Weg war er.
    Tinchen öffnete das Fenster und winkte. Karsten winkte zurück. Dann beugte er sich noch einmal aus dem Auto. »Schreib’ mal’n Paket! In Italien gibt es schicke Herrenpullover.«
    Der Wagen verschwand um die Ecke.
    »Hast du schon ein Taxi bestellt?« Antonie räumte den Frühstückstisch ab, was diesmal erheblich länger

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