Bitte Einzelzimmer mit Bad
Kofferschild und sah Tinchen fragend an.
»Signorina«, verbesserte sie.
»Makt nix, ich bin geheiratet.«
Harbrecht hatte es eilig. »Kümmere dich bitte um die Päbstin, Fritz. Ich liefere jetzt Fräulein Küppers ab, mache noch einen Sprung ins Büro und komme so gegen acht mit ihr zum Essen. Wir haben noch eine ganze Menge zu besprechen. Morgen früh bleibt ja kaum Zeit. Bis nachher, Heiligkeit! Und haben Sie keine Angst vor diesem Neandertaler, der ist ganz harmlos.«
Das Taxi fuhr mit einem Kavaliersstart davon. »Wenn man bedenkt, daß Luigi in dreißig Jahren noch nicht einen einzigen Unfall gebaut hat, könnte man direkt an Wunder glauben.« Schumann bemächtigte sich der beiden großen Koffer. »Kommen Sie, Fräulein Pabst, ich bringe Sie erst einmal auf Ihr Zimmer.«
Das Innere des Hauses stach von seinem Äußeren in erfreulicher Weise ab. Zwar sah alles ein bißchen altmodisch aus, und wenn die dunkelgrünen Plüschsessel in der Halle auch leicht verschossen waren, so wirkten sie ausgesprochen gemütlich. Diesen Eindruck machte auch der Speisesaal, in den Tinchen einen Blick werfen konnte, bevor sie in den reichlich antiquierten Aufzug stieg. Es war ein regelrechter Drahtkäfig, der sich quietschend in Bewegung setzte und im zweiten Stock wieder anhielt.
»Ich habe Sie in Harbrechts Zimmer einquartiert. Der hat sämtliche Räume des Hauses durchprobiert und ist hier hängengeblieben. Diese Nacht schläft er natürlich woanders.« Schumann öffnete die letzte Tür des Ganges und ließ Tinchen eintreten.
»Ach, ist das hübsch!« rief sie spontan und lief sofort zum Fenster. Die gelben Vorhänge ließen den ganzen Raum sonnig erscheinen und gaben den Blick aufs Meer frei. Nur ein schmaler Sandstreifen trennte das Hotel vom Ufer.
»Phantastisch!« Sie drehte sich um und nahm das Zimmer in Augenschein: Doppelbett, zwei Nachttische, Kleiderschrank, Schreibtisch, eine kleine Sesselgarnitur mit rundem Tisch, eine Stehlampe, an den Wänden Farbdrucke französischer Impressionisten, auf dem Tisch ein Nelkenstrauß, ein gefüllter Obstkorb und eine Flasche Chianti.
»Ich lasse Ihnen noch einen kleinen Frisiertisch hineinstellen«, versprach Schumann und wies auf den freien Platz neben dem Fenster. »Theo hatte dort immer seine Bierkisten stehen, aber die brauchen Sie ja wohl nicht.«
»Das ist aber wirklich nicht nötig.«
»Nötig vielleicht nicht, aber nützlich.« Schumann öffnete eine Tapetentür, die Tinchen noch gar nicht bemerkt hatte. »Hier ist das Bad. Für eine Wanne hat der Platz nicht gereicht, aber angeblich ist Duschen ja heutzutage moderner. Außerdem haben wir die Riesenbadewanne direkt vor der Tür. – So, und jetzt lasse ich Sie erst einmal in Ruhe, damit Sie sich ein bißchen erholen können. Nachher schicke ich Ihnen Franca hinauf. Sie kann Ihnen beim Auspacken helfen. Sie hat zwei Jahre in Stuttgart gearbeitet und ist immer froh, wenn sie deutsch sprechen kann. Wenn Sie sonst noch etwas brauchen, klingeln Sie einfach«
Dankbar streckte Tinchen ihm die Hand entgegen. »Ich bin so froh, Herr Schumann; daß man mich hier bei Ihnen einquartiert hat. Besser hätte ich es bestimmt nicht treffen können.«
Schumann lächelte geschmeichelt. »Wir sehen uns später beim Abendessen. Mögen Sie übrigens calamaio?«
»Natürlich«, versicherte Tinchen und nahm sich vor, ihre Wissenslücke via Lexikon zu füllen. Ohnedies würde es etwas mit Nudeln sein.
Das erste, was ihr beim Auspacken in die Hände fiel, war das Päckchen von Oma Marlowitz. Zum Vorschein kam ein Tagebuch mit Ledereinband und vergoldetem Schloß. Auf das Deckblatt hatte Oma geschrieben:
›Liebes Tinchen, gerade in der Fremde braucht man manchmal einen Freund, dem man alles anvertrauen kann. Dieser hier hat noch den Vorteil, verschwiegen zu sein.‹
Klingt ja ein bißchen sehr nach Mädchenpensionat! Tinchen stopfte den verschwiegenen Freund erst einmal in die Schreibtischlade, wo schon Florians Schlüsselanhänger lag.
Dank Francas Hilfe, einem quecksilbrigen Irrwisch mit deutlich sichtbarem Hang zur heimischen Teigwarenproduktion, waren die Koffer bald leer und alle verfügbaren Abstellplätze voll. Zuletzt stellte Tinchen das gerahmte Foto ihrer Eltern – vergrößerter Schnappschuß aus dem Zillertal – und das Paßbild von Karsten auf den Nachttisch. Franca begutachtete das Arrangement. »Deine Eltern?«
Tinchen nickte.
»Dein … mi scusi,
Ihr
Freund?«
Tinchen schüttelte den Kopf. »Das ist mein
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