Bitte nicht füttern: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
Kompliment.
So dankbar, dass sie es in all der emotionalen Verwirrung vermochte, ein sauberes Taschentuch hervorzuziehen und es ihm mit einem Lächeln sowie der kecken Bemerkung reichte, sie freue sich ja sehr, dass ihm ihr Einrichtungsstil zusage – aber die Farbe ihres Lippenstiftes stehe ihm nun wirklich nicht sonderlich gut.
Die Promis waren alle im auf dem Steilfelsen gelegenen Garten versammelt, auf dem Grill brutzelten bereits Steaks, Garnelen und Maiskolben. Sie alle wollten gerne vorführen, was sie in der letzten Woche gelernt hatten, und so bog sich das Buffet unter Köstlichkeiten von Artischockensalat bis Zimt-Flan.
Die Delikatessen sandten förmlich Sirenenrufe aus, denen sich insbesondere Monty nur schwer entziehen konnte. Er hatte außer Julia natürlich auch Pimpf bei sich. Die kleine Vierbeinerin versteckte sich in der känguruartigen Bauchtasche des unförmigen Pullovers, der aussah, als hätte Monty ihn aus alten Einkaufsnetzen selbst gestrickt.
Linda dagegen erging es wie den meisten Frischverliebten, die sich wochenlang nur von Luft und Liebe und Sex ernähren konnten. Sie interessierte das Essen deutlich weniger als die sagenhafte Aussicht. Am Horizont versank langsam die Sonne im glitzernden Meer, und zu ihren Füßen wirkte Quinn wie eine Stadt auf Liliput.
Nachdem sie alle begrüßt hatte, war sie sofort zu der Steinmauer gegangen, die die einzige Abgrenzung zwischen Garten und Klippe war, und hatte sich völlig unbeeindruckt von dem Abgrund hinübergebeugt und den Blick in die Ferne gerichtet.
»Die Aussicht ist sagenhaft!«, stellte sie fest, als Rory nach seiner Begrüßungsrunde endlich wieder an ihre Seite eilte.
»Ja, ich weiß.« Rory hatte nur Augen für Linda. »Wunderschön.«
Linda senkte den Kopf, lächelte scheu und doch erfreut unter ihrem Haar hervor und kräuselte die Nase.
»Das ist jetzt fast schon ein bisschen zu nett, Rory Trevelyan.«
»Ich weiß ...« Er grinste. »Was machst du bloß aus mir, Linda?«
»Ach? Jetzt soll ich auch noch schuld sein?« Sie zog die Augenbrauen hoch. »Ich bin es also, die dich verändert?«
Ihre Frage war natürlich jovial, aber seine Antwort meinte er sehr ernst.
»Ich bin anders, wenn ich mit dir zusammen bin ... Aber kann man Menschen wirklich ändern?« Er zuckte die Achseln. »Oder schaffen es manche Menschen nur, in uns schlummernde Seiten wachzuküssen, von denen wir selbst nicht wussten, dass wir sie haben?«
»Verändern wir uns oder finden wir schlicht zu uns selbst?«
»Was meinst du?«
»Ich meine, beides stimmt. Ich glaube, dass wir uns verändern, und ich glaube, dass wir uns selbst besser kennenlernen. Du zum Beispiel« – sie nahm seine Hand – »hast gelernt, dass es auch ein Leben außerhalb deiner Küche gibt.«
»Und du?«
»Ich?«
Rory drehte ihre Hand mit der Fläche nach oben und verfolgte ihre Lebenslinie mit dem Zeigefinger.
»Ja, du. Hast du dich auch besser kennengelernt?«
»In fünf Tagen?«
»Für mich fühlt es sich an wie fünf Jahre ...«
»Ich will doch sehr hoffen, dass du das positiv meinst ...«
»Aber klar! Schließlich kennen wir uns noch nicht lange genug, als dass ich gemein zu dir sein könnte.«
Linda grinste.
»Willst du damit sagen, du bist nur ein paar Wochen so nett zu mir und lässt irgendwann später Rory den Schrecklichen raus? Dann ist es ja gut, dass ich in ein paar Wochen hier weg bin!«
Sie lachte, doch er seufzte und wandte nun den Blick von ihr ab und zum weiten Meer.
»Wie Schiffe, die in der Nacht aneinander vorüberziehen ...«, murmelte er, dann versuchte er, die Melancholie abzuschütteln, die ihn plötzlich ergriffen hatte, wandte sich ihr wieder zu und fragte: »Habe ich in der kurzen Zeit, die wir uns kennen, zu irgendwelchen Veränderungen bei dir beigetragen?«
Linda blickte zu ihm auf und wollte seiner plötzlichen Traurigkeit eigentlich noch mit Humor begegnen. Doch dann sahen sie einander in die Augen.
Ein schier unfassbarer Gedanke schoss ihr durch den Kopf.
»Ich will, dass du mich bittest zu bleiben«, schrie es in ihr.
Aber sie brachte die Worte nicht über die Lippen.
Also tat sie das einzig andere Sinnvolle, das ihre Lippen in diesem Moment tun konnten.
Sie küsste ihn.
»Die beiden sind einfach so süß zusammen«, flüsterte Diana Frank zu.
»Hmhm.« Frank seufzte traurig. »Wirklich jammerschade.«
»Jammerschade?« Diana verstand nicht ganz, wieso er die Stirn runzelte und das Liebesglück seines Sohnes bedauerte. »Ich
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