Bitte nicht füttern: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
angekündigt.
Ihr Agent hatte mit Entsetzen auf die Nachricht reagiert, sie solle mit den anderen Kandidaten im Poseidon House unterkommen, und ihr deshalb die beste Suite im besten Hotel der Stadt besorgt. Das Quinn Castle war ein ziemlich verschachtelter alter Kasten, einst im Dienste der Krone oder irgendeines Wappens, den man mit Designertapete, Designermöbeln sowie einem Hallenbad und einem Wellnessbereich in die Gegenwart gerettet hatte. Das Ansinnen, Annabelle zusammen mit allen anderen in einem Minibus durch die Gegend zu kutschieren, war mit einem Lachen quittiert worden. Jetzt stand ihr ein eigener Wagen samt Chauffeur zur Verfügung, worüber Brian seine nicht unbeträchtliche Nase rümpfte.
Aber Freddie hatte einen solchen Schiss, die Diva könnte trotz Vertrag in letzter Minute doch noch abspringen, dass er sämtliche Sonderwünsche durchgehen ließ.
Bei den anderen Kandidaten kam das natürlich nicht sonderlich gut an. Sie nannten die Nachzüglerin bereits »Queen Anne« und wollten sie nicht mehr wie anfänglich angedacht wie einen großen Star empfangen, sondern ihr die kalte Schulter zeigen.
So saßen sie am Sonntagvormittag im Wohnzimmer im ersten Stock zusammen, tranken heiße Schokolade, aßen von Geraldine im Schweiße ihres faltigen Angesichts gebackenen Osterkuchen und tauschten kleine Geschenke und Schokoladeneier aus, als es an der Tür klopfte. Und sie staunten nicht schlecht, als sie durch das Fenster eine zierliche Gestalt draußen stehen sahen, die sich als Queen Anne höchstpersönlich entpuppte, an den Beinen eine graue Jogginghose (wenn auch garantiert eine extrem teure, die sonst nur mit Oligarchen verheiratete oder mit George Clooney liierte Frauen trugen), in der Hand ihren Koffer.
Diana machte die Tür auf.
»Ja, bitte?«
»Habt ihr noch ein Zimmer frei?«, piepste die sonst eher Hoppla-jetzt-komm-ich-signalisiernde Gestalt.
»Sollen Sie denn nicht im Quinn Castle wohnen?«, fragte Diana etwas spitz zurück.
»Ja, das hat man mir auch gesagt, als ich in Quinn ankam. Aber ich würde doch viel lieber mit den anderen Kandidaten zusammen wohnen und nicht ganz allein da oben. Also, wenn es euch nichts ausmacht ... Aber wenn doch, dann ...«
Diana klappte den Unterkiefer wieder hoch, erinnerte sich an ihre guten Manieren und trat einen Schritt zur Seite, um den neuen Gast hereinzulassen.
Und auch die anderen traten zur Seite, wenn auch etwas zögerlich.
Dann stand sie in dem Halbkreis erstaunter, sie nicht besonders freundlich empfangender Gesichter und strahlte sie an.
»Mannomann, das nenne ich mal einen Empfang ... Ob ich jetzt vielleicht auch noch in den Arm genommen werden könnte?« Sie streckte die Arme aus.
Es dauerte ein paar Minuten, bis die anderen ihr vorgefertigtes Bild von Annabelle Macey revidiert hatten, ihre steife bis abwehrende Haltung aufgaben und schließlich Schlange standen, um einen echten Superstar umarmen zu können.
Binnen weniger Stunden war alles vollkommen anders.
Ohne Murren und Knurren akzeptierte Annabelle das kleinste Zimmer des Hauses. Für sie kam es überhaupt nicht infrage, jemanden von der Crew aus einem besseren Zimmer auszuquartieren, denn wer zuletzt kam, musste nun mal nehmen, was übrig blieb. Und dann schälte sie auch noch einen riesigen Haufen Kartoffeln für das Sonntagsessen.
Als sie schließlich eine ganze Tüte Cadbury’s Creme-Eier hervorzauberte, die sie unter sich zum Dessert aufteilen sollten, waren alle restlos von ihr begeistert.
Alle bis auf zwei.
Geraldine, die mindestens ein Dutzend Eier, an die Brust gedrückt, in ihr Zimmer brachte, brummte etwas von »Die Frau hat irgendwas Falsches an sich ...«. Und Diana, die von Rory wahrlich genug Horrorstorys über diese offenbar besessene Frau gehört hatte, fiel es naturgemäß schwer, ihr Vorwissen einfach ad acta zu legen.
Theo hatte geäußert, Annabelle sei »doch ganz okay«, worauf Diana entgegnete: »Meinst du wirklich? Ich bin mir da noch nicht ganz sicher. Ich muss aber auch gestehen, dass ich voreingenommen bin. Ich habe nämlich ziemliche Horrorgeschichten über sie gehört.«
»Wer hat das nicht?« Theo zuckte die Achseln. »Aber du weißt ja, wie die Medien sind: Heute huldigen sie dir, morgen kreuzigen sie dich.«
»Ja, ich weiß ...« Diana nickte. »Aber ich habe die Horrorgeschichten nicht aus den Medien ... Meine Quelle ist deutlich vertrauenswürdiger.«
Am Montagvormittag war Linda zum ersten Mal seit fast einer Woche mal länger als zehn
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