Bitte nicht füttern: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
Minuten auf Arandore.
Sie hatte ihrem Bruder versprochen, ihm zu helfen. Er und Pip wollten Rebstöcke pflanzen, und da Linda ein schlechtes Gewissen hatte, weil die von ihr zugesagte Hilfe bisher minimal ausgefallen war, hatte sie wohl mehr sich selbst als den anderen beiden hoch und heilig versprochen, an diesem Vormittag mit anzupacken.
Zu fast noch nachtschlafender Zeit kroch sie aus Rorys warmem Bett. Rory hatte sich bereits so an ihre Wärme neben sich gewöhnt, dass er verschlafen protestierte.
»Ich hab’s versprochen«, verteidigte sie sich lächelnd und wich seiner Hand aus.
»Hältst du alle deine Versprechen?«
»Ja.«
»Vielleicht sollte ich dir auch mal ein paar abnehmen und sehen, ob das stimmt ...«
»Welches Versprechen würdest du mir denn gerne abnehmen?« Lächelnd zog sie sich an.
Er drehte sich vom Rücken auf den Bauch und sah sie ernst an.
»Das ist eine sehr gute Frage, Linda. Ich werd mal drüber nachdenken.«
Dann lächelte er wieder und sie küsste ihn zärtlich.
»Also, jetzt verspreche ich dir erst mal, dass ich so schnell wie möglich wieder hier sein werde.«
Wenn sie früh aufstand, konnte er das auch.
Zum ersten Mal seit einer Woche.
Sie hatte ihn in den letzten sieben Tagen ganz schön durcheinandergebracht ...
Er stand in der Küche, als sein Handy kurz schrillte. Erst da fiel ihm auf, dass es die letzten zwei Tage unbeachtet auf einem Regal gelegen hatte.
Er stellte fest, dass am Sonntagabend zwei Nachrichten eingegangen waren.
Die erste war von Geraldine und reichlich kryptisch.
»Das Osterhasi ist gelandet.«
Die zweite war von Diana und Gott sei Dank etwas verständlicher.
»Annabelle ist da. Wollte dann doch nicht im Quinn Castle wohnen, sondern lieber hier bei uns. Keine Ahnung, warum. Wollte dich bloß warnen.«
Rory spürte, wie seine Laune sich verschlechterte, und ärgerte sich sofort, dass er das überhaupt zuließ. Er war fest entschlossen gewesen, sich von Annabelles Ankunft nicht im Geringsten beeinflussen zu lassen.
Jedenfalls nicht negativ.
Jeder wusste, wie lange er gebraucht hatte, um über sie hinwegzukommen. Das mochte seltsam klingen, wenn man bedachte, dass er die Beziehung beendet hatte, aber er musste nun mal darüber hinwegkommen, die Frau verloren zu haben, in die er sich ursprünglich verliebt hatte – und das war lange vor der eigentlichen Trennung gewesen.
Inzwischen war er sich tausendprozentig sicher, dass er sie nicht mehr liebte. Nach dieser einen Woche mit Linda fragte er sich gar, ob er Annabelle überhaupt jemals geliebt hatte.
Linda ...
Sein Kopf sagte ihm, dass er auf sein Herz aufpassen musste, doch sein Herz sagte seinem Kopf, dass der sich mal gehackt legen konnte.
Rory war verliebt.
Und obwohl er wusste und es auch akzeptierte, dass Linda bald wieder weg sein würde, wollte er dieses Gefühl so lange wie irgend möglich bewahren.
Was Annabelle betraf, machte er sich vor allem Sorgen, dass sie zwischen ihm und Linda Unfrieden stiften könnte. Zwar hatten sie das Gefühl, ganz und gar eins zu sein, aber Tatsache war eben doch, dass alles noch ganz frisch und damit zart und empfindlich war. Er wollte, dass auch die restlichen Wochen mit Linda – ganz gleich, wie viele es sein mochten – genauso unschlagbar schön würden wie diese erste.
Doch wenn Annabelle irgendwo Unfrieden stiftete, tat sie das für gewöhnlich gründlich.
Linda hatte keine Ahnung, wie sehr der Neuankömmling Rory in Aufruhr versetzte. Sie packte auf Arandore mit an, und obwohl sie von Kopf bis Fuß mit Schlamm besudelt war und ihr Knöchel blutete, nachdem er Bekanntschaft mit einer der Trockenmauern gemacht hatte, grinste sie zum Erstaunen ihres Bruders bis über beide Ohren.
Beau runzelte etwas besorgt die Stirn.
»Werter Gemahl, was treibt dich um?«, fragte Pip ihn, während sie eine Rebe festhielt, deren Wurzeln er vorsichtig mit Erde bedeckte.
»Linda ... Sie wirkt unglaublich glücklich.«
»Und das bereitet dir Sorge?«, fragte Pip überrascht. »Wieso das denn?«
»Deshalb.« Er zeigte auf seine Schwester. »Guck dir doch mal ihr Lächeln an.«
Da musste Pip auch lächeln.
»Also, ich sehe so ein Lächeln nicht zum ersten Mal ...«
»Ach?« Er hielt inne und sah zu ihr auf.
»Ja. Am Morgen unserer Hochzeit habe ich es zum Beispiel im Spiegel gesehen.« Voller Liebe sah Pip ihren Mann an. »Sie ist verliebt, Beau.«
Er nickte und blies sich eine Locke aus der Stirn.
»Und genau das bereitet mir Sorge. Pip. Sie hat sich
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