Bitte sagen Sie jetzt nichts
Damen setzten ihr Gespräch fort.
Kammertöns/Lebert Lassen Sie sich nicht entmutigen und reden trotzdem weiter? Oder werden Sie immer leiser?
Loriot Nein, ich esse weiter.
Kammertöns/Lebert Ihre Antwort erinnert uns an diesen Sketch, bei dem Sie an Bord eines Flugzeuges mit viel Mühe ein Mittagessen zu sich nehmen. Dabei stellen Sie fest, dass der Mensch das einzige Lebewesen sei, das in zehntausend Meter Höhe eine warme Mahlzeit zu sich nehmen könne. Haben Sie eine besondere Beziehung zum Luftverkehr?
Loriot Früher, als die Maschinen noch schwankend durch die Wolken flogen, war ich genötigt, mein Wohlbefinden durch die orale Benutzung von Tüten abzusichern. Das hat sich gegeben durch Höhe und Geschwindigkeit. Aber neulich, nach der Landung, ging meine Frau zum Gepäckband, während ich mit Rücksicht auf meinen Rücken auf einen Klappstuhl gesetzt wurde, der etwas abseits stand. Plötzlich stürzte durch die Menge eine Frau auf mich zu, mit einem schreienden Säugling im Arm. Sie drückte mir das Kind auf den Schoß und sagte: »Passen Sie auf ihn auf!«, dann rannte sie zum Gepäckband. Ich meine, was ist das für ein Vertrauen, einem vollkommen unbekannten Menschen sein Kind in die Hand zu drücken?
Kammertöns/Lebert Hat die Frau den Säugling wieder abgeholt?
Loriot Nein, wir haben ihn behalten.
Kammertöns/Lebert Was ist im Leben wichtiger, der Ernst oder die Heiterkeit?
Loriot Heiterkeit ist ohne Ernst nicht zu begreifen.
Kammertöns/Lebert Aber das Ernste kommt von allein, für die Heiterkeit muss man etwas tun?
Loriot So mag es sein. Ich denke aber auch an Mitbürger, denen bei der Bewältigung ernster Lebensphasen nicht zu helfen ist, während andere die angeborenen heiteren Gene nutzen, um lästige Schläge zu parieren.
Kammertöns/Lebert Gehören Sie zu den Heiteren?
Loriot Das ist schwer zu sagen. Aber wenn ich auf den Anfang und das Ende sehe, empfinde ich vor allem große Dankbarkeit.
Kammertöns/Lebert Was machen Sie eigentlich heute Abend, was tun Sie, wenn wir gleich aus der Tür sind?
Loriot Dann lasse ich mich auf meinem Sofa erst einmal nach links fallen.
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Sächsische Zeitung, 8. November 2008
Mit Marcus Krämer
Krämer So, das Mikrophon ist jetzt an, Herr von Bülow. Wussten Sie, dass so ein Gerät bis zu zwölf Stunden aufnehmen kann?
Loriot Dann halte ich jetzt einfach den Mund.
Krämer Ich würde doch gerne noch dieses Gespräch mit Ihnen führen. Wie geht's Ihnen denn?
Loriot Ach, wissen Sie, ich bin jetzt in einem Alter, in dem man jemanden eigentlich nicht mehr fragen sollte, wie es ihm geht.
Krämer Verzeihung.
Loriot Wenn ich vielleicht einen etwas merkwürdigen Eindruck mache, dann liegt das daran, dass meine Bandscheiben seit einiger Zeit in einem katastrophalen Zustand sind, parallel dazu mein Kreislauf - sagen wir so: Es geht mir meinem Alter entsprechend.
Krämer Haben Sie einen Rat für Jüngere, wie sich das mit den Bandscheiben vermeiden lässt?
Loriot Bewegung kann nicht schaden.
Krämer Und für Unsportliche? Spazieren?
Loriot Das hängt vom Charakter ab. Wenn ich zum Beispiel in meinem Zimmer sitze, an meinem Arbeitstisch, und schaue aus dem Fenster, dann genieße ich den Blick nach draußen. Aber ich bekomme überhaupt keine Lust rauszugehen. Sie könnten sich einen Hund anschaffen. Der bürdet Ihnen eine gewisse Pflicht auf, spazieren zu gehen.
Krämer So wie Emil, Ihr Mops, der gerade draußen im Flur bellt.
Loriot Nur finden sich meist andere, die mit ihm rausgehen. Kein Wunder, dass ich mich zu wenig bewegt habe.
Krämer Haben Sie Sport getrieben?
Loriot Früher, ich war gar nicht so schlecht. Als ich 16 Jahre alt war, sprang ich 6,30 Meter weit. Das war mehr, als damals die beste Frau sprang.
Krämer Das heißt, wenn Sie ein Mädchen gewesen wären ...
Loriot ... wäre ich deutsche Meisterin geworden.
Krämer : Haben Sie nach der Schulzeit auch Sport getrieben?
Loriot Wenn Sie den Krieg als Sport bezeichnen wollen, dann habe ich mich dort ziemlich bewegt. Jetzt haben Sie schon Ihre Überschrift: »Krieg als Sport«.
Krämer Gar nicht schlecht. Noch besser wäre vielleicht so was wie »Loriot schwärmt von Dresden«.
Loriot Woher wissen Sie das?
Krämer Ihre Urgroßmutter stammt doch aus Dresden?
Loriot Das ist richtig. Sie war die Mutter meiner Großmutter Bülow.
Krämer Bei diesen beiden Omas haben Sie als Kind in Berlin gelebt, zusammen mit Ihrem Bruder. Hat
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