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Bitter Lemon - Thriller

Titel: Bitter Lemon - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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Haus und ging ihrer Wege.«
    Kristina stellte fest, dass Alenka mit der Zwischenfrage den roten Faden verloren hatte. Wie brachte sie das Gespräch zurück zum Thema, ohne dass sie abblockte? Aber zum Glück nahm Alenka den roten Faden ganz von alleine wieder auf. Als wollte sie sich nun endlich von der Seele reden, worüber sie fast zwei Jahrzehnte lang geschwiegen hatte.
    »Ich war ungefähr drei Monate bei den Jerkovs, als es passierte. Ein Montag. Ruhetag. Spätsommer. Es war unglaublich heiß an diesem Tag. Ich ging spazieren, bummelte über den Ring, sah mir die Kinoplakate mit den neuen Filmen an, betrachtete die schönen Kleider und die teuren Schuhe in den Schaufenstern, als plötzlich ein schwarzes Cabriolet neben mir bremste. Zoran. Na? Lust auf einen Ausflug? Steig ein! Natürlich stieg ich ein. Was gab es da noch zu überlegen? Keine Ahnung, was das für eine Automarke war. Aber ich kann mich noch gut an die roten Ledersitze erinnern. Man versank ganz tief darin. Zoran brauste durch die Stadt, er sah so verwegen aus mit der Sonnenbrille, und ich war der glücklichste Mensch auf dieser Welt. Ich wagte kaum, ihn anzusehen. Der Motor, der Fahrtwind, man konnte sich kaum unterhalten, und das war gut so. Wir verließen die Stadt, Zoran lenkte das Cabrio über Landstraßen und schließlich über einen Waldweg bis zum Ufer eines Sees. Kein Mensch weit und breit, nur Zoran und ich. Es gab eine kleine Sandbucht, und Zoran fragte: Wollen wir schwimmen gehen? Ich antwortete: Ich habe kein Badezeug dabei. Zoran entgegnete: Ich auch nicht. Braucht man hier auch nicht. Er zog sich in Sekundenschnelle aus, ließ die Sachen einfach fallen, und mein Herz schlug wie wild, während ich ihm dabei zusah. Ja, ich habe ihm zugesehen, wie gebannt, ich konnte den Blick gar nicht von ihm abwenden. Er stürzte sich ins Wasser und ließ mich zurück, was sollte ich tun, etwa wie eine dumme Gans vom Land einfach so herumstehen?«
    Alenka sah Kristina an, als erwarte sie tatsächlich eine Antwort auf ihre Frage. Aber dann redete sie weiter:
    »Also zog ich mich ebenfalls aus, wenn auch viel langsamer als er. Weil ich mich so schämte. Für meine Nacktheit und für meine Ängstlichkeit. Wir schwammen eine Weile, es war wunderschön, das Wasser glitzerte in der Sonne. Er war als Erster wieder raus, holte ein riesiges Handtuch aus dem Kofferraum und legte es auf den Sand. Fuhr er etwa immer ein Handtuch im Kofferraum spazieren? Aber er konnte doch unmöglich geahnt haben, mich zufällig auf der Straße zu treffen. Zoran, für wen war das Handtuch ursprünglich bestimmt? Vor mir, nach mir. Zoran: Ich war verrückt nach dir. Süchtig nach dir.«
    Sie hielt tatsächlich Zwiesprache mit ihm. Jetzt schloss sie die Augen, ihre Lippen bewegten sich stumm. Kristina schwieg, bis Alenka von alleine zurückkehrte.
    »Wir lagen lange Zeit nebeneinander, mit geschlossenen Augen, und ließen uns von der Sonne trocknen und wärmen. Und dann … dann ist es passiert, einfach so passiert. Wollte ich es? Wollte ich es nicht? Ich weiß es nicht mehr, es war so … unaufhaltsam. Der erste Mann in meinem Leben. Er hätte es natürlich nicht tun dürfen, weil er schon 20 und damit volljährig und ich erst 16 und minderjährig war. Aber er war so zärtlich, so behutsam. Was kann sich eine Frau fürs erste Mal mehr wünschen? Für das erste und das letzte Mal …«
    Alenka schloss die Augen. Sie reiste zurück, zu Zoran, in die Vergangenheit, zurück an den See.
    Kristina hielt den Mund und wartete und betete derweil zu einem Gott, an den sie nicht glaubte, dass Branko jetzt nicht vorzeitig zurückkehrte. Inzwischen verging eine Ewigkeit.
    Schließlich riss sich Alenka gewaltsam aus der Erinnerung, öffnete die Augen und fixierte Kristina.
    »Der Rest ist schnell erzählt. Als sich die Schwangerschaft nicht mehr verheimlichen ließ, machte sich Zoran über Nacht aus dem Staub und meldete sich als Freiwilliger bei der kroatischen Armee, um Vukovar und das Vaterland gegen die Serben zu verteidigen. Er verschwand aus meinem Leben. Einfach so. Als hätte er nie existiert. Also entschied Milan, dass Branko die schwangere, dämliche Kuh auf der Stelle zu heiraten hatte, um keine Schande über die eigene Familie und über die arme Familie des fernen Freundes zu bringen, die schließlich schon genug unter dem Bürgerkrieg zu leiden hatte. Die Hochzeitsfeier wurde ein Fiasko, weil Branko sich fürchterlich betrank. So wie am Hochzeitstag ist er zum Glück nie wieder

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