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Bitter Lemon - Thriller

Titel: Bitter Lemon - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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gesegneten Tristán, und fiel nicht weiter auf, weil kaum eine der Yachten, die dicht gedrängt an den acht Piers von Puerto Portals lagen, unter 30 Meter maß. Artur hielt großen Abstand, um der Crew an Bord mit seiner Neugierde nicht aufzufallen, und spazierte am späten Abend erstmals über die Promenade, entlang der von Cafés, Bars, Restaurants und Boutiquen gesäumten Wasserlinie, im steten Strom der Reichen und Schönen. Artur studierte die Menschen, die ihre sorgsam einstudierten Rollen spielten, die Männer wie die Frauen. Er besah sich die Auslagen in den Schaufenstern und Vitrinen, studierte eine Herrenarmbanduhr, die auf einem Samtkissen ruhte, Corum Admirals Cup hieß, 27 000 Euro kostete und versprach, bis zu einer Tiefe von 50 Metern wasserdicht zu sein.
    Als er sich ein erstes Bild von dieser neuen, fremden Welt gemacht hatte, schlenderte er zurück zur Calle de Japo, einer Gasse in der vierten Reihe, wo er ein winziges Zimmer über einer Metzgerei gemietet hatte, mit Blick auf den trostlosen Hinterhof und auf die mageren, verwilderten Katzen, die sich um die Küchenabfälle des angrenzenden Restaurants balgten. Artur schloss das Fenster, zog die Schuhe aus, legte sich aufs Bett, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und hielt Zwiesprache mit seinem polnisch-katholischen Herrgott, der ihm schon seit dem Besuch der Kathedrale von Palma zürnte.
    Am nächsten Morgen nahm er sein bestes Hemd und das Zeugnis der Tauchschule aus seiner Reisetasche und suchte die Calle de Vella auf. Dort hatte ein Wassertaxi-Unternehmen seinen Sitz, das einzige am Ort, das auch Tauchflaschen befüllte. Die nächste anständige Tauchbasis, ein Fünf-Sterne-Dive-Center mit 24-stündiger Druckkammer-Bereitschaft und allem Schnick und Schnack, lag gut zwanzig Kilometer Luftlinie entfernt. Das bedeutete ein lästiges Kurven durch die Berge bis nach Port d’Andratx. Artur hatte sich informiert. Und er wusste auch, dass er einen anderen, einen neuen Plan brauchte, wenn er die jetzt anstehende erste Hürde nicht schaffte.
    Allerdings hatte Artur keinen anderen Plan.
    Denn die Finca im Landesinneren unweit von Artá glich einem Hochsicherheitstrakt. Das Schiff war die Chance. Das Schiff, der Tauchsport und die Jagdleidenschaft. Rechnen Jäger mit der Möglichkeit, plötzlich selbst Gejagter zu sein?
    Noch war Hochsaison, und Don Miguel, Unternehmer und zugleich der einzige Mitarbeiter seines Unternehmens, hing hoffnungslos mit der Büroarbeit hinterher, seit seine Frau krank geworden war. Don Miguel machte Artur ein unverschämtes Angebot: zwölf Stunden pro Tag, von acht bis acht, Siebentagewoche, 24 Stunden Kündigungsfrist, fünf Euro pro Stunde.
    Artur sagte: »Okay.«
    Warten. Und arbeiten. Artur schuftete von morgens bis abends. Das machte das Warten auf die Chance leichter. Artur reparierte Motoren, ölte Getriebe, räumte die Werkstatt auf, die zuvor offenbar noch nie aufgeräumt worden war, und fuhr etwa jeden dritten Tag, immer wenn Don Miguel nicht konnte oder nicht wollte, Tauchtouristen hinaus aufs Meer. Abends fiel er todmüde auf seine Matratze. Er gewöhnte sich sogar an das Geschrei der Katzen im Hinterhof.
    Wenn Don Miguel außer Haus war, schlich sich Artur in dessen Büro, studierte Seekarten und surfte im Internet, um sich mit der Insel vertraut zu machen. Nicht mit Flora und Fauna, nicht mit Sitten und Gebräuchen der Einheimischen. All das Zeug, das gewöhnlich in den virtuellen Reiseführern stand, interessierte ihn nicht. Vielmehr las er alles, was er über Wirtschaft und Politik Mallorcas in deutscher Sprache finden konnte.
    So las er im Internet, dass Europol vor wenigen Jahren insgesamt 600 wahllos herausgegriffene Exemplare der Fünfhunderter aus der gesamten EU in Labors hatte analysieren lassen. Ergebnis: Die Scheine aus Spanien waren durchschnittlich mit 335 Mikrogramm Kokain kontaminiert. Bei den italienischen Scheinen wurden im Schnitt 71 Mikrogramm gemessen; die Scheine aus Deutschland brachten es gerade mal auf 6,6 Mikrogramm.
    Artur war nicht geübt im Recherchieren. Er hätte viel darum gegeben, wenn er Kristina hätte um Hilfe bitten können. Aber Kristina war in Peking, und in diese Sache wollte er ohnehin niemanden mit hineinziehen. Niemand sollte mehr zu Schaden kommen. Diese Sache würde er alleine durchziehen. Bis Mitte Oktober gab er sich Zeit. Er hatte keine große Eile. Vielleicht würde er im kommenden Frühjahr einen zweiten Anlauf unternehmen. Vielleicht würde ihm über den

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