Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bitter Lemon - Thriller

Titel: Bitter Lemon - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
Vom Netzwerk:
Gleisberg wieder an den mächtigen Medienwirbel vor zwei Jahren. Sie hatte sich aus diesem Grund, nach der Lektüre der Titelgeschichte im Spiegel, sogar das Buch gekauft, aber dann doch nicht gelesen. Piet hatte die Geschichte im Auftrag von Frank Koch für InfoEvent hochgejazzt. Dies und ihr berufseigener Skeptizismus, es könne sich womöglich um einen inszenierten Skandal handeln, hatten sie am Ende doch davon abgehalten, das Buch zu lesen. Auch daran erinnerte sie sich nun, ebenso wie an das Foto über der Vita auf der vorletzten Umschlagseite.
    David Manthey.
    Vielleicht lohnte sich ein Besuch im Stavenhof.
    1974 hatte ein anatolischer Gastarbeiter den ersten türkischen Gemüseladen Kölns in der Weidengasse eröffnet. Solange sich David erinnern konnte, wurde die Straße Klein-Istanbul genannt. Dabei war die türkische Gemeinde am Eigelstein wesentlich kleiner als etwa jene östlich des Rheins in Köln-Mülheim, rund um die Keupstraße, dort, wo im Sommer 2004 die ferngezündete Nagelbombe hochgegangen war. 22 Verletzte, Täter und Motiv bis heute unbekannt. Doch die Stadtteile jenseits des Rheins lagen für die Bewohner des Eigelstein-Viertels etwa so weit entfernt wie der Bosporus – und so weit entfernt wie die Vorstellung, so etwas könnte auch hier passieren.
    Vielleicht lag es an Klein-Istanbul, vielleicht auch an seinem in 18 Jahren Polizeiarbeit trainierten Instinkt, dass David Manthey, kaum dass er Brankos Restaurant durch die Vordertür verlassen hatte, der blonde Riese auffiel, der angestrengt in das Schaufenster des türkischen Import-Export-Ladens starrte und die preisreduzierten Schnellkochtöpfe begutachtete.
    Zu groß, zu blass, zu unauffällig für Klein-Istanbul. Der Mann gehörte nicht in die Weidengasse. Außerdem war der hellgraue Sommeranzug zu teuer und zu schlicht. Die Anzüge, die gewöhnlich in Klein-Istanbul getragen wurden, waren entweder teuer oder schlicht, aber niemals beides zugleich.
    David Manthey gesellte sich zu ihm, ließ nur knapp einen halben Meter Abstand, weniger jedenfalls, als Fremde gewöhnlich ertragen, betrachtete zunächst ebenfalls die Auslage und dann ungeniert den Mann, der sich unübersehbar bemühte, dies zu ignorieren. David spürte deutlich, wie Stromschläge auf seiner Haut, die mit Testosteron geladene aggressive Anspannung im Körper des Riesen.
    Der Mann war um die zwei Meter groß. Mächtige Schultern, kräftiges, kantiges Kinn, eine Nase, die im Lauf ihres Daseins mindestens einmal gebrochen worden war. Die Haut blass und seltsam teigig, die Augen verborgen hinter einer schwarzen Sonnenbrille. Vermutlich erhielt das dichte, zurückgekämmte Haar erst durch die Errungenschaften der kosmetischen Industrie seinen strohblonden Schimmer. Denn die Augenbrauen, so viel konnte David mit einem Seitenblick erkennen, waren schneeweiß. Vermutlich auch die hinter der Sonnenbrille versteckten Wimpern. Der muskulöse Körper des Mannes, der sich immer noch für Schnellkochtöpfe interessierte, produzierte offenbar keine Farbpigmente. Der Riese litt unter Albinismus. Nicht nur deshalb war der Mann denkbar ungeeignet, einen Menschen unauffällig zu observieren. Aber vielleicht war das gar nicht …
    Das Quietschen von Reifen riss David aus seinen Gedanken. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite sprangen drei junge Menschen aus einem nagelneuen Audi Avant. Mitte zwanzig, zwei Männer und eine Frau. Sie entluden den Kofferraum des Kombis. David lief zurück zum Restaurant.
    »Branko, vielleicht verschließt du besser die Tür. Da ist das erste Fernsehteam im Anmarsch. Wird nicht das letzte sein.«
    Als David wenige Sekunden später wieder auf den Bürgersteig trat, war das Kamerateam für den Überfall gerüstet. Und der Riese hatte bereits das Ende der Weidengasse erreicht, bog nach links ab und verschwand aus dem Blickfeld. David legte einen Sprint ein. An der Einmündung spähte er in Rich tung Torburg. Doch der Riese war wie vom Erdboden ver schluckt.
    David bog nach rechts ab, in die entgegengesetzte Richtung, in Richtung Hauptbahnhof, verlangsamte das Tempo, studierte sorgfältig die Menschen, die ihm unterwegs begegneten.
    In Höhe der Gaffel-Brauerei registrierte er eine Frau, die ihm auf dem Bürgersteig entgegenkam, schnellen, entschlossenen Schrittes in Richtung Torburg eilte, aber mit ihren Gedanken offensichtlich woanders war. Groß, schlank, attraktiv, um die dreißig. Teure Schuhe, teures Kostüm. Woher kannte er die Frau?
    Ihre Blicke begegneten

Weitere Kostenlose Bücher