Bitter Lemon - Thriller
er die Küche, trat hinter Alenka, legte seine Hand auf ihre kalte, knochige Schulter. Alenka ließ die Hände auf die noch ungefalteten Servietten sinken. Der Moderator verabschiedete sich von ihr. Alenka wartete, bis er endgültig vom Fernsehschirm verschwunden war. Dann wandte sie den Kopf, sah zu David auf und lächelte.
»David. Wie schön, dass du wieder da bist. Das wird Zoran aber freuen. Bleibst du diesmal länger? Für immer? Zoran braucht dich, David. Du bist nämlich sein einziger Freund.«
Eine Spur von Hoffnung lag in ihrem Blick. David wusste nicht, was er ihr antworten sollte.
»Diese Sendung tut mir so gut, David. Sie gibt mir Trost. Deshalb schaue ich sie jeden Tag. Leider kommt sie nicht am Wochenende. Aber dann freue ich mich schon auf …«
Sie schwieg. David folgte ihrem Blick. Branko stand in der Tür zur Küche. Zorn in den Augen.
»Ärger?«
»Nur diese Journalistin.«
»Welche Journalistin?«
»Diese … verflucht, lasst uns doch alle in Ruhe. Verschwinde endlich, David. Und komm bitte nie wieder.«
Maja Jerkov war einfach nicht zu übersehen. Während Kristina Gleisberg in ihrem Milchkaffee rührte, beobachtete sie amüsiert, wie sich Männer sämtlicher Alterklassen die Köpfe verrenkten, als die schätzungsweise 1,60 Meter kleine Frau mit dem raspelkurz geschnittenen, pechschwarzen Haar quer über den Wallrafplatz dem einzigen freien Stuhl vor dem Café Campi im Erdgeschoss des WDR-Funkhauses zustrebte. Zorans Schwester trug knallrote Pumps mit zehn Zentimeter hohen Absätzen, eine knallenge Blue Jeans, die ihre stämmigen Oberschenkel und ihre breiten Hüften betonte statt kaschierte, und ein in der schmalen Taille geknotetes weißes Herrenoberhemd.
Von ihren großen Rehaugen bis hinab zu dem geflochtenen Ledergürtel mit der wuchtigen Schnalle wirkte Maja Jerkov wie ein junges, zierliches Mädchen, das den ersten BH-Kauf noch vor sich hatte. Natürlich weckte nicht vorrangig ihr ungewöhnlich proportionierter Körper das ungenierte Interesse auch jener Männer, die gewöhnlich nur diesen verdorrten Magerfrettchen nachstarrten. Dies vermochte vielmehr die selbstbewusste Art, mit der Maja ihren Körper akzeptierte: Ihr graziler Gang signalisierte Sinnlichkeit, und ihren diätresistenten, mächtigen Hintern versetzte die Eigentümerin mit jedem Schritt in betörende Schwingungen. Maja Jerkov hatte die Ausstrahlung einer Königin, stellte Kristina Gleisberg jedes Mal aufs Neue fest, wenn sie Zorans 37-jähriger Schwester begegnete.
Maja nickte stumm und ließ sich auf den freien Stuhl vor Kristinas Tisch fallen, kramte eine Weile in ihrer Umhängetasche, die groß genug war, um darin mühelos sämtliche notwendigen Utensilien für einen Urlaubstag am Strand zu verstauen, und zündete sich schließlich eine Zigarette an. Sie lehnte sich entspannt zurück, schloss die Augen und zog den Rauch so genussvoll ein, als sei dies die letzte Zigarette ihres Lebens. Dann erst beugte sie sich vor und konzentrierte sich auf ihre Tischnachbarin.
»Rate mal, wieso ich zu spät komme!«
»Keine Ahnung.«
»Wegen Zoran.«
»Was? Hast du ihn getroffen?«
»Nein. Aber meine Haustür wird belagert von Pressefotografen und Kamerateams, die von mir wissen wollen, wo Zoran steckt. Ich habe ihnen gesagt, dass ich es nicht weiß und dass mich mein Bruder mal kreuzweise kann. Trotzdem habe ich fast zwanzig Minuten von der Haustür bis zu meinem Auto gebraucht. Die durchwühlen sogar die Mülltonnen, vermutlich in der Hoffnung, einen Fetzen Papier zu finden, auf den ich seine Adresse notiert haben könnte. Diese Idioten. Meine Spießernachbarn sind schon völlig mit den Nerven runter und giften mich an. Würde mich nicht wundern, wenn sie eine Resolution an die Hausverwaltung verfassen und meinen sofortigen Auszug fordern.«
»Das tut mir leid.«
»Der Einzige, dem nichts leid tut, weil er immer nur an sich selber denkt, ist Zoran. Stimmt das, was man sich erzählt?«
»Was meinst du?«
»Dass Frank Koch dich rausgeworfen hat wegen Zoran?«
»Ja …«
»Zoran! Wer auf meinen Bruder setzt, geht unter.«
»Hast du wirklich keine Ahnung, wo er stecken könnte?«
»Nein.«
Weder die großen, dunklen Augen noch der schöne Mund ließen erkennen, ob sie die Wahrheit sagte oder log.
»Das heißt …«
»Das heißt, Zoran hat sich weder bei mir gemeldet noch bei Branko. Und bei dir ja offensichtlich auch nicht. Was machst du denn jetzt, ohne den Job? Schon Pläne?«
»Ich weiß noch nicht. Also
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