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Bitter Lemon - Thriller

Titel: Bitter Lemon - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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grinste er breit und schüttelte frohgemut den Kopf.
    »Übrigens: Ich heiße Günther Oschatz. Wollen Sie nicht reinkommen? Möchten Sie vielleicht einen Espresso?«
    Am Bahnhof Ehrenfeld verließ David Manthey die S-Bahn und nahm die U-Bahn in Richtung Neuehrenfeld. Müde Gesichter, hängende Schultern, gebeugte Rücken. Keine Gefahr.
    Zwei Haltestellen später stieg er aus, lehnte sich an einen Pfeiler und wartete. Aber niemand folgte ihm, niemand wartete auf ihn. Schließlich lief er die Treppe hinauf zur Nussbaumerstraße. Inzwischen war es dunkel geworden. Gut so.
    Vier Halbwüchsige mit Baseballkappen statt Baseballknüppeln schlenderten auf ihn zu, beanspruchten wortlos die gesamte Breite des Bürgersteigs, musterten den Fremden mit spöttischen Augen. David hielt unbeirrt Kurs, bis sich die menschliche Mauer in der Mitte teilte und hinter ihm wieder schloss wie das Rote Meer in der Bibel. Die Baseballkappen ertränkten ihre Niederlage in halblautem Gelächter.
    David wechselte die Straßenseite und bog nach links ab. An einem Laternenpfahl lehnte ein junges Pärchen und vergaß den Rest der Welt. Ihre Körper, ihre Münder verschmolzen zu einer amorphen Masse. Sie knetete hingebungsvoll seinen Hintern. Der grelle Schein der Straßenlaterne erleuchtete ihre winzige Bühne, doch niemand schaute zu.
    Das Tor stand offen. Der gepflasterte Weg über den Hof war unbeleuchtet, die Videokamera mit dem Infrarotverstärker hellwach. Nur aus den beiden Dachluken des Hinterhauses drang Licht. Als hätte der Backsteinbau Augen.
    Das nächste Tor. David Manthey klopfte. Ein Summen, und das Tor sprang auf. David tauchte ein in die Dunkelheit, die alles verschlang, und wartete schweigend.
    Nicht lange. David spürte den kalten Stahl in seinem Nacken. Sie verbanden ihm die Augen. Der grobe Stoff der Augenbinde roch nach dem Angstschweiß früherer Benutzer. Tastende Hände auf seinem Körper. Unter seinem Hemd, zwischen seinen Beinen. Schließlich gaben sich die Hände zufrieden.
    »Was also?«
    »David Manthey. Ich will mit Ingvar reden.«
    Stille. Nur ein Flüstern. Sie hielten per Funk Rücksprache, warteten auf neue Befehle.
    »Setzen!«
    Hände wie Schraubstöcke packten seine Oberarme und dirigierten ihn zu einer Bank.
    »Wir müssen wissen, ob du alleine bist.«
    »Niemand ist mir gefolgt. Niemand weiß, wo ich bin.«
    »Setzen!«
    Manthey setzte sich. Schritte entfernten sich. Nur der Stahl in seinem Nacken blieb. Sie würden nun eine halbe Stunde lang den kompletten Block kontrollieren, um sicherzugehen. Ingvar vertraute niemandem. Manthey konzentrierte sich auf seine Atmung und versuchte, die Muskulatur zu entspannen, während sein Gehirn auf Hochtouren lief. Allmählich wurde der Stahl in seinem Nacken warm. Die Schritte kehrten zurück.
    »Mitkommen!«
    Sie nahmen ihm die Augenbinde ab und führten ihn eine steile Betontreppe hinauf. Ingvars Kommandobrücke. Dutzende Monitore im Saal gaben zumindest so viel Licht ab, dass David sah, wohin er trat. Und er wusste sehr genau, wohin er auf keinen Fall treten wollte: auf die Pfoten der dänischen Dogge, die hier irgendwo herumliegen musste.
    Sie dirigierten ihn zu einem plüschigen Ohrensessel. Jetzt erst, als er Platz genommen hatte, registrierte er die Dogge, die ihm gegenüber, keine drei Meter entfernt, neben einem zweiten Sessel auf einer Decke lag, den gewaltigen Kopf gehoben, die scheinbar ausdruckslosen Augen auf den Besucher geheftet, während eine kräftige, sehnige Hand das samtiggraue Fell kraulte. Außer der Hand und den abgeschabten Cowboystiefeln und der mit Nieten und Schnüren verzierten schwarzen Lederhose war nichts zu sehen von Ingvar. Nur zu hören.
    »Schön, dich zu sehen, Manthey. Siehst gut aus. Ich dachte, du bist längst raus aus dem Geschäft.«
    »Bin ich auch, Ingvar.«
    »Dann hilf mir doch auf die Sprünge, Manthey. Was willst du von mir? Oder soll ich raten?«
    »Du schuldest mir einen Gefallen, Ingvar.«
    »Bingo. Hab’s mir gleich gedacht. Du bist also den weiten Weg hierhergekommen, um den Schuldschein einzulösen. Eine kostbare Handelsware, so ein Schuldschein. Ist Jerkov das wert, Manthey? Hat er deine Hilfe tatsächlich verdient?«
    Dass Ingvar den überraschenden Besuch automatisch mit Zoran in Verbindung brachte, wunderte David nicht. In dieser Stadt passierte nichts, ohne dass Ingvar davon erfuhr. Informationen waren Ingvars Geschäft. Und er verdiente gut damit, jede erdenkliche Information beschaffen zu können. Der Mann,

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