Bitter Lemon - Thriller
Bisher bekommen Sie mein Vertrauen lediglich geliehen. Manthey ging dann wieder zurück an die Front, nicht wahr?«
»Wenn Sie die Leitung der Frankfurter Drogenfahndung so bezeichnen wollen: Ja. Zwei Jahre arbeitete er dort in dieser Funktion. Anfang 2008 wurde seine Kollegin und Ex-Geliebte Astrid Wagner bei einem Einsatz als verdeckte Ermittlerin von einem Killer-Kommando der Drogen-Mafia in einen Hinterhalt gelockt und hingerichtet. Und David Manthey verließ drei Tage später, nach 18 Dienstjahren, die Polizei. Er verzichtete auf Beamtenstatus und Pensionsanspruch, zog nach Formentera und schrieb ein Buch über die internationale Drogen-Mafia.«
»Und über die Rolle der Politik. Vergessen Sie das nicht, Deckert. Das Buch wurde in Deutschland zum Bestseller, zum Medienereignis, zum Politikum. Seitdem sind eine Menge Leute nicht gut auf ihn zu sprechen.«
»Wenn Sie mich fragen: Ich halte ihn für einen Verrräter. Er hat Verrat an seinen ehemaligen Kollegen begangen, indem er den Polizeiapparat als völlig unbrauchbar darstellte.«
»Unbrauchbar ist dieser Polizeiapparat nur, weil er von der Politik nicht mit den notwendigen personellen, technischen und logistischen Ressourcen ausgestattet ist. Das ist ein feiner Unterschied, Deckert. Deshalb ist unsere kleine Task Force ein erster Schritt in die richtige Richtung.«
»Ich bin durch mit meinen Ausführungen.«
»Danke. Saubere Arbeit, Deckert. Echte Fleißarbeit. Astrid Wagner. Ein interessanter Punkt. Nach seiner Mutter die zweite Frau, die er nicht retten konnte, nicht vor dem Tod bewahren konnte. Sie war schwanger, als sie erschossen wurde. Im dritten Monat. Wussten Sie das nicht? Ein dicker Minuspunkt in Ihrer Fleißarbeit. Steht doch alles in den Akten der Gerichtsmedizin. Niemand wusste vor ihrem Tod von der Schwangerschaft, auch David Manthey nicht. Astrid Wagner hatte zwei Wochen vor dem Einsatz die Liebesbeziehung beendet. Fällt Ihnen noch etwas auf, Deckert? Interessant ist doch, dass sich Mantheys und Jerkovs Wege seit den Jugendtagen nie wieder gekreuzt haben. Finden Sie nicht? Ein Wink des Schicksals. Als Manthey seine ersten Karriereschritte bei der Polizei Nordrhein-Westfalens unternahm, war Jerkov als Offizier der kroatischen Armee im jugoslawischen Bürgerkrieg. Als Jerkov in Köln wegen Mordes verhaftet und verurteilt wurde, arbeitete Manthey im fernen Bangkok. Erst nachdem Manthey den Polizeidienst quittiert hatte und als Eremit auf einer kleinen Insel im Mittelmeer hauste, erwies sich Jerkovs Unschuld. Man sollte stets auf die Winke des Schicksals achten, Deckert. Nun aber haben wir dafür gesorgt, dass Manthey sie ignoriert, ebenso wie seine guten Instinkte.«
»Wie meinen Sie das?«
»Ist doch nicht so schwierig, Deckert: Indem wir Manthey aus seinem Einsiedlerdasein rissen und nach Köln bugsierten, kreuzen sich nun die Lebenswege der beiden Jugendfreunde erstmals nach Jahrzehnten wieder … obwohl der göttliche Plan, den wir gemeinhin Schicksal nennen, das gar nicht vorsah. Manthey ist nun emotional extrem aufgeladen. Das wird uns am Ende helfen.«
Deckert legte den Schnellhefter auf dem Couchtisch ab. Wessen Idee war es denn, Manthey von der Insel zu holen? Du schmückst dich mit fremden Federn, Uwe Kern, du aufgeblasenes Arschloch. Aber wenn der Plan schiefgeht, dann wirst du dich sicher wieder besinnen, wessen Idee es in Wahrheit war. Aber all das sagte Lars Deckert nicht, sondern dachte es nur und war dankbar, als das Telefon auf dem Couchtisch klingelte.
»Gehen Sie ran, Deckert!«
Lars Deckert hörte aufmerksam zu und machte sich Notizen. Dann legte er auf und erstattete Bericht.
»Es gab heute einen Zwischenfall am Hauptbahnhof. Am späten Nachmittag. Eine Schlägerei. Ein Taxifahrer wurde schwer verletzt. Mehrere seiner Kollegen prügelten sich daraufhin mit zwei Männern, die mit ihrem Mercedes die Taxiausfahrt versperrt hatten. Zwei Russen. Weil sie sich mit Diplomatenpässen ausweisen und einen Wohnsitz in Köln nachweisen konnten, wurden sie wieder auf freien Fuß gesetzt. Zur Beweisaufnahme des Tatablaufs wurden die Bänder der Überwachungskameras am Bahnhof gesichtet. Und nun wird es interessant: Manthey lief in diesem Moment durchs Bild. Eine unbekannte männliche Person war ihm auf den Fersen.«
»Beschaffen Sie mir das Band.«
»Jetzt?«
»Jetzt!«
Lars Deckert warf einen Blick auf die Uhr an seinem Handgelenk. Es war kurz vor Mitternacht.
Die kalte Dusche tat gut. Erst als Kristina vor Kälte
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