Bitter Süsse Tode
zum Arzt gehen.«
»Im Club werden sie sich um mich kümmern.«
»Ganz sicher?«
Er nickte und zuckte zusammen, dann drehte er sich zu mir. »Sie wollten wissen, wer mir die Befehle gibt. Es war Nikolaos. Sie hatten Recht. Am ersten Tag. Sie wollte, dass ich Sie verführe.« Er lächelte. Mit dem Blut sah es daneben aus. »Ich war dem Auftrag wohl nicht gewachsen.«
»Philip... «
»Nein, ist schon gut. Sie haben mich richtig gesehen. Ich bin Ekel erregend. Kein Wunder, dass Sie mich nicht wollten.«
Ich warf einen Blick auf Willie. Er konzentrierte sich aufs Fahren, als hinge sein Leben davon ab. Verdammt, tot hatte er wirklich mehr Schneid.
Ich atmete tief ein und versuchte mich durchzuringen. »Philip... Der Kuss, bevor Sie... mich gebissen haben.« Gott, wie sagt man so was? »Er war schön.«
Er sah mich kurz an, dann wieder weg. »Wirklich?«
»Ja.«
Eine peinliche Stille breitete sich im Wagen aus. Es gab keinen Laut außer dem Rauschen der Räder auf dem Asphalt. Und das nächtliche Lichtergefunkel und einsam machende Dunkelheit.
»Nikolaos in dieser Lage entgegenzutreten ist das Mutigste, was ich je einen habe tun sehen. Und das Dümmste«, sagte ich.
Er lachte, unvermittelt und überrascht.
»Tun Sie das nie wieder. Ich will nicht an Ihrem Tod schuld sein.«
»Es war meine Entscheidung«, sagte er.
»Keine weiteren Heldentaten, einverstanden?«
Er sah mich von der Seite an. »Hätte es Ihnen Leid getan, wenn ich gestorben wäre?«
»Ja.«
»Na, das ist doch schon mal was.«
Was wollte er mir sagen? Mir seine unsterbliche Liebe gestehen oder so was Albernes? Wie wär's mit unsterblicher Lust? Beides wäre gelogen. Was wollte er von mir? Fast hätte ich ihn gefragt, aber ich tat es nicht.
So mutig war ich dann doch nicht.
31. Kapitel
Es war fast drei Uhr, als ich die Treppe zu meinem Apartment hinaufstieg. Sämtliche Blutergüsse schmerzten um die Wette. Die hohen Schuhe hatten meine Knie, meine Füße und meinen Rücken in ein knirschendes, brennendes Etwas verwandelt. Ich wollte eine lange, heiße Dusche und mein Bett. Mit etwas Glück könnte ich vielleicht acht Stunden ununterbrochen schlafen. Aber ich wollte nicht drauf wetten.
Ich nahm die Schlüssel in die eine Hand und die Pistole in die andere. Die Pistole hielt ich an der Seite, nur für den Fall, dass ein Nachbar unerwartet seine Tür öffnen sollte. Nichts zu befürchten, Leute, nur euer freundlicher Animator aus der Nachbarschaft. Klar doch.
Zum ersten Mal seit langem war meine Tür einfach so, wie ich sie verlassen hatte: verschlossen. Danke, Gott. Ich war nicht in Stimmung, so früh am Morgen Räuber und Gendarm zu spielen.
Noch in der Tür trat ich mir die Schuhe von den Füßen, dann wankte ich ins Schlafzimmer. Der Anrufbeantworter blinkte. Ich legte die Pistole aufs Bett, drückte den Abspielknopf und fing an, mich auszuziehen.
»Hallo, Anita, hier Ronnie. Ich habe für morgen ein Treffen eingerichtet mit dem Typen vom HAV. In meinem Büro, elf Uhr. Wenn's dir nicht passt, sprich mir aufs Band, und ich melde mich wieder. Pass auf dich auf.«
Klick, sirrr, und Edwards Stimme kam aus dem Gerät. »Die Zeit läuft, Anita.« Klick.
Zum Teufel. »Du magst deine kleinen Spielchen, nicht, du Hurensohn?« Langsam wurde ich grantig, und ich wusste noch nicht, was ich wegen Edward unternehmen sollte. Oder wegen Nikolaos oder Zachary oder Valentine oder Aubrey. Ich wusste, dass ich eine Dusche wollte. Das war ein Anfang. Vielleicht käme mir eine blendende Idee, während ich mir das Ziegenblut von der Haut schrubbte.
Ich schloss die Badezimmertür ab und legte die Pistole auf den Toilettendeckel. Nach und nach wurde ich paranoid. Oder vielleicht war realistisch der bessere Ausdruck.
Ich drehte das Wasser auf, bis es dampfte, dann stieg ich hinein. Ich war der Lösung des Falles nicht näher als vor vierundzwanzig Stunden.
Selbst wenn ich den Fall löste, hätte ich immer noch Probleme. Aubrey und Valentine hatten vor, mich umzubringen, sobald Nikolaos ihre schützende Hand von mir abzog. Prima. Ich war nicht einmal sicher, ob nicht Nikolaos' Gedanken in dieselbe Richtung gingen. Und Zachary, er tötete Leute, um sein Voodoo-Amulett zu füttern. Ich hatte von Amuletten gehört, die Menschenopfer verlangten. Und die viel weniger hergaben als Unsterblichkeit. Reichtum, Macht, Sex - die uralten Wünsche. Sie wollten sehr spezielles Blut - von Kindern oder Jungfrauen oder halbwüchsigenjungen oder kleinen alten Damen mit
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