Bittere Delikatessen
unwohl. Es roch nach Zwiebeln und abgestandenem Zigarettenrauch.
»Mein Beichtvater sagt immer: Scheiß auf die Weiber. In dem Punkt übertreibt er natürlich, er kann ja nicht anders. Mein Leitsatz ist: Du kannst dich auf die Frauen verlassen, vor allem darauf, dass sie dich betrügen.«
Es musste raus: »Ich glaube, sie war's.«
»Die Fabian?«
»Ja.«
»Wer glaubt das nicht. Aber dass du es sagst, freut mich. Das zeigt mir, dass du auf dem besten Weg zur Besserung bist. Trotzdem, du nimmst dir deine hormonelle Dysfunktion. Es sieht besser aus, wenn du dich aus den Ermittlungen raushältst und Sonntag erst mal nicht über den Weg läufst.«
Der Kellner brachte eine Platte mit gemischten Vorspeisen, eine Flasche Ouzo und drei Gläser. Ben bestellte Wasser.
Als der Kellner gegangen war, sagte Ben: »Ich sorge mich um die Autos. Vielleicht hätten wir sie verschwinden lassen sollen. Und was ist, wenn die Leichen doch an die Oberfläche kommen?«
Brauning sah ihn scharf an. »Vergiss es, mach dir nicht in die Hosen! Die bleiben unten, ich bin doch kein Anfänger. Wenn ich gesagt habe, wir treffen uns zur Nachbesprechung, dann meine ich nicht, dass wir das Ganze noch mal durchkauen und Bedenken wälzen. Nein. Wir planen den krönenden Abschluss!«
Eine kalte Klammer legte sich um Bens Herz. »Noch ein Mord? Da mache ich nicht mit!«
»Seit wann so empfindsam? Das war kein Mord, sondern Schädlingsbekämpfung. Und außerdem kann ich dir garantieren, dass es keine weiteren Leichen gibt. Nur ein paar schöne lange Gesichter. Und Ruhm und Ehre für uns beide!« Brauning rieb sich die Hände. »Das kannst du im Moment genauso gut gebrauchen wie ich, schätze ich.«
Sie schwiegen eine Weile. Brauning trommelte mit den Fingern auf den Tisch, dann sah er auf die Uhr. Er schnalzte mit der Zunge und schüttelte den Kopf.
Ben zeigte auf das dritte Glas. »Für wen ist das?«
»Müsste eigentlich schon da sein. – Da kommt sie ja!« Die Tür hatte sich geöffnet, und der Kellner ließ eine junge Frau mit Kopftuch ein.
»Ihr verdankst du deinen Reichtum!«
Sie nahm das Tuch ab und enthüllte einen kahlen Schädel und reichlich Ringe an den Ohren. Ben erkannte Sinead-Jeanny, Thomas Swobodas Freundin, Noras Maskenbildnerin.
»Setz dich, Jeannette«, bellte der Rottweiler freudig erregt, als sich die Tür wieder geschlossen hatte. »Schieß los! Wie willst du den Stoff anlegen?«
»Es gibt da einen jungen Mann, ehrgeizig und genusssüchtig zugleich. Morgen Mittag will er das nötige Geld zusammengekratzt haben. Es bleibt dabei, dass die Kohle mir gehört?«
»Natürlich! Weiter!«
»Er nimmt zwei Kilo. Das reicht doch?«
»Super! Weiter!«
»Ich bring's ihm ins Haus. Gleich danach hat er ein Treffen mit Leuten, mit denen er ins Geschäft kommen will. Ich denke, da wird er das Pulver als Muntermacher unter die Leute bringen. Als Schmiermittel fürs Geschäft.«
»Was für Leute?«
»Mein Abnehmer ist ein Medienmensch. Er verspricht sich einen dicken Vertrag als Berater bei Pro-Sat. Damit das klappt, will er sich als Schneelieferant unentbehrlich machen. Leute von Film und Fernsehen werden da sein.«
»Und wir nehmen sie hoch. Das wird ein Fest! Ich sehe schon die Schlagzeile: Nach Kinderärztin Dr. Gundlach jetzt der zweite Teil, noch größer, noch deftiger! Das wird ein Fest, nicht wahr, Benedikt? – Ach, verzeiht, ich habe euch noch gar nicht bekannt gemacht.«
Jeannette ließ nicht erkennen, ob sie Ben wiedererkannte, deshalb verhielt sich Ben genauso. Er erfuhr, dass Jeannette als V-Frau die Drogenszene ausspionierte. Das LKA hatte sie angeworben.
»Wir kennen uns schon lang, nicht wahr, Jeannette?«, sagte Brauning. »Die besten Tipps gibt sie mir, nicht den Landeskriminalern. Über das LKA oder über das K2 können die Dealer doch nur lachen. Der Einzige, der in dieser Stadt wirklich aufräumt, ist Frank Brauning. Jeannette weiß das. Wir haben schon so manchen Hit gelandet, von dem Fröhlich oder die Schnarchnasen vom LKA nur träumen können. Jeannette hat überall ihre Verbindungen. Sie ist großartig.«
»Aus dem K2 erfuhr ich, dass ein Deal bevorstand. Dass er im Hafen abgewickelt werden sollte, erfuhr ich vom BND«, erklärte Jeannette.
K2 – damit meinte sie wahrscheinlich den kleinen Swoboda. »BND? Was hat der Nachrichtendienst mit der Drogenbekämpfung zu tun?«, fragte Ben.
»Alle wollen sich profilieren«, sagte Brauning. »Fröhlich und sein K2, das LKA, das BKA und jetzt auch der BND.
Weitere Kostenlose Bücher