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Bittere Mandeln

Bittere Mandeln

Titel: Bittere Mandeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata
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finden. Und hier war ein junger Mann, der ihre kühnsten Träume von wirtschaftlicher Sicherheit noch übertraf und sich obendrein fürs Gärtnern interessierte.
    Doch Takeo war an Norie interessiert, nicht an mir, wahrscheinlich, weil er sie verdächtigte. Einen anderen Grund konnte ich mir nicht vorstellen.
    Nun, vielleicht konnte ich ihn ja durch besonders langweilige Schilderungen von Nories Alltagsleben – die allmorgendliche Wäsche; die mehrgängigen Menüs, die stundenlang kochen mußten; die Gespräche mit den Nachbarn über die Vernichtung von Rosenschädlingen – von seinem Verdacht abbringen.
    Möglicherweise gelang es mir sogar, ihn zu Kaffee und Kuchen, Nories berühmtem gâteau au chocolat, bei meiner Tante einzuladen. – Diesen süßen Angeboten würde er einfach nicht widerstehen können.
    Mit solchen und ähnlichen Plänen stieg ich an der Nezu Station aus und machte mich auf den Weg nach Hause.

8
    Richard Randall rief mich am Samstagnachmittag an, als ich gerade mitten in Verhandlungen mit einem Händler steckte, der von Kyoto eigens in meine Wohnung gekommen war.
    »Enrique und ich haben dich in der Bar aus den Augen verloren und später gehört, daß es ein Problem mit dem Türsteher gegeben hat. Mea culpa, Baby«, sagte Richard. »Weißt du was, als kleine Entschädigung lade ich dich heute abend zu einem Kirschblütenfest ein. Jeder bringt seine Getränke selber mit; es ist an der Straße, die durch den Friedhof von Yanaka führt …«
    »Aber sicher. Kann ich Sie später zurückrufen?« sagte ich so höflich wie möglich. Ich wollte nicht, daß Mr. Noe den Eindruck bekam, ich verabrede mich während einer geschäftlichen Besprechung zu einer Sauftour.
    »Sag mal, hat die Lambada-Strategie eigentlich funktioniert? Meine Spione haben mir erzählt, daß ein steinreicher Erbe dir aus der Bar gefolgt ist.«
    »Ja, ich weiß, daß Sie sich für den Wandschirm mit den Kranichen interessieren, aber ich habe im Augenblick gerade einen anderen Kunden hier. Schade, irgendwann werde ich sicher wieder ein ähnliches Stück finden. Auf Wiederhören, Mr. Randall. Meine besten Wünsche an Ihre Familie in Toronto.« Dann legte ich auf und wandte mich mit einem Lächeln wieder Mr. Noe zu.
    »Ihr Kunde aus Toronto ruft Sie um … Mitternacht … an? Ausländische Kunden sind wirklich merkwürdig.«
    Ich hätte sagen sollen, der Anruf komme aus Los Angeles. Hastig erklärte ich: »Mr. Randall richtet sich zeitlich immer nach mir. Er ist ein sehr zuvorkommender Kunde.«
    »Nun, ich habe kein Interesse an den neun Tellern, die Sie verkaufen wollen. Wenn es nur ein vollständiges Set mit zehn Tellern wäre, neh? Allerdings würde ich mir gern den Wandschirm mit den Kranichen genauer ansehen. Ich glaube natürlich nicht, daß er aus der Edo-Zeit stammt. Dagegen spricht die Goldverzierung an der Ecke«, sagte Mr. Noe.
    »Ich habe nie eine genaue Datierung vorgenommen. Allerdings war er jahrzehntelang sorgfältig in der kura meines Kunden gelagert. Deshalb ist die Goldverzierung so gut erhalten«, sagte ich, und das stimmte. Wenn Antiquitäten geschützt vor Licht und Zugluft in den traditionellen Lagerhäusern aufbewahrt wurden, die unter der Bezeichnung kura bekannt sind, blieben sie oft in hervorragendem Zustand.
    »Ich könnte Ihnen aber lediglich zweihunderttausend Yen für den Wandschirm geben. Es wäre nur zu verständlich, wenn Sie ihn Ihrem Kunden in Kanada überlassen.«
    Ich hatte nicht vorgehabt so zu tun, als habe ich einen zweiten Interessenten für den Wandschirm, denn das widersprach meinem Berufsethos. Zweihunderttausend Yen, also ein bißchen weniger als vierzehnhundert Dollar, hielt ich für einen angemessenen Preis. Aber es lohnte sich immer, noch ein wenig zu feilschen.
    »Wenn Sie in Betracht ziehen, welche Preise vergleichbare Stücke bei Sotheby’s erzielen, werden Sie zweihundertvierzigtausend Yen für einen angemessenen Preis halten.«
    Mr. Noe musterte mich, und ich versuchte, seinem Blick nicht auszuweichen »Wie sehen Ihre Bedingungen aus?«
    »Zahlung innerhalb von dreißig Tagen. Wenn Sie mir das Geld gleich heute geben, könnte ich Ihnen allerdings einen Nachlaß von fünf Prozent geben.«
    Mr. Noe kratzte sich am Kinn. »Ich zahle gerne bar. Gut, abgemacht, Miss Shimura.«
    Wir feierten den Abschluß unseres Geschäfts mit ein paar Tassen grünem Tee und den sakuramochi, die ich in Mr. Wakas Family Mart erworben hatte. Ich servierte die Süßigkeiten nicht auf meinen

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