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Bittere Mandeln

Bittere Mandeln

Titel: Bittere Mandeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata
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vergraulen wir Lieferanten, Händler und Schüler gleichermaßen. Nach einer ziemlich schlimmen Auseinandersetzung letztes Jahr habe ich aufgehört, mit ihm darüber zu reden. Er weiß nicht einmal von meinem kleinen Garten auf dem Land.«
    »Und wieso erzählen Sie mir davon?« fragte ich ihn. Wieder verriet sein Blick keinerlei Anzeichen von Unsicherheit.
    »Ich tausche Informationen mit Ihnen aus. Ich habe Ihnen etwas Interessantes mitgeteilt, weil ich hoffe, daß Sie mir einen ähnlichen Gefallen tun werden.«
    »Sie wollen, daß ich Ihnen den Tatort beschreibe? Ich fürchte, ich kann nichts tun, was die Ermittlungen … äh … behindern könnte. Wenn Ihnen Sakura wirklich so wichtig war, liegt Ihnen sicher daran, daß der Mörder gefunden wird.«
    »Das ist es gar nicht, was ich von Ihnen will. Ich brauche vielmehr Informationen über eine bestimmte Frau. Über ihr Familienleben, ihre Interessen, ihr Vermögen.«
    »Eine Frau, die Ihnen gefällt?« Irgendwie war ich enttäuscht. »Heuern Sie lieber einen Privatdetektiv an. Da gibt es genügend.«
    »Sie wären aber besser geeignet. Sie stehen der Person, für die ich mich interessiere, viel näher, und außerdem haben Sie Erfahrung bei der Aufklärung von Verbrechen. Das habe ich der heutigen Zeitung entnommen.«
    »Wer ist diese Frau?« fragte ich und ging dabei gedanklich eine Liste attraktiver, sowohl japanischer als auch ausländischer Frauen durch.
    »Norie Shimura.«
    Vor Schreck fiel mir die Sojabohnenschote aus der Hand, die ich gerade hatte schälen wollen. »Meine Tante?«
    »Ja, die Frau, die Sie dazu überredet hat, unsere Schule zu besuchen. Keine Sorge – ich glaube nicht, daß sie Sakura umgebracht hat. Die Ermittlungen in dem Mordfall überlasse ich ganz Ihrem Lieutenant Hata.«
    »Ich werde meiner Tante nicht nachspionieren.« Obwohl mein Seidenkleid ziemlich dünn war, begann ich zu schwitzen.
    »Hey, ich will doch nur etwas erfahren, was Sie ohnehin schon wissen. Ein bißchen Familiengeschichte sozusagen.«
    »Nun, ich wohne nicht bei ihr, und ich bin erst seit ein paar Jahren in Japan. Sie sollten Ihren Vater fragen. Mit dem war sie schon vor Ihrer Geburt befreundet!«
    »Ich habe Ihnen doch schon erklärt, daß mein Vater und ich praktisch nicht miteinander reden.« Takeo nahm die Rechnung, die zusammen mit unserem Essen an den Tisch gebracht worden war.
    »Teilen wir«, sagte ich, obwohl ich das eigentlich nicht vorgehabt hatte. Aber nun hatte ich keine Lust, ihm irgend etwas schuldig zu bleiben.
    »Tut mir leid, das ist unmöglich«, sagte er.
    Ich rappelte mich hoch. Mein Fuß war eingeschlafen, und so mußte ich einen Moment warten, bevor ich Takeo hinterherhumpeln konnte, der bereits an der Kasse bezahlt hatte.
    »Nächsten Dienstag hole ich Sie ab, dann fahren wir zusammen nach Izu. Ich möchte Ihnen meinen Garten zeigen, und dann können wir uns auch ausführlicher über Ihre Tante unterhalten.«
    Erst jetzt wurde mir bewußt, daß Takeo meine Einwilligung zu all seinen Plänen voraussetzte. Mir gefiel das gar nicht, also erwiderte ich: »Nein, danke. An dem Tag muß ich arbeiten.«
    »Sie sind doch Freiberuflerin; das heißt, daß Sie sich die Zeit selbst einteilen können, neh? Ich komme morgen um zehn Uhr vormittags mit dem Wagen zu Ihnen. Ich gehe davon aus, daß man in Ihrer Gegend keinen Parkplatz findet, also halten Sie sich bitte bereit.«
    »Nein«, sagte ich, doch er hörte mir überhaupt nicht zu.
    Takeo bestand darauf, mich zur U-Bahn zu begleiten, damit mir nichts passierte. Ich war schon oft nach Mitternacht auf den Straßen von Tokio unterwegs gewesen, und so empfand ich seine Ritterlichkeit als lächerlich. Der einzige unangenehme Teil des Weges führte an einem Club vorbei, vor dem russische Frauen mit kurzen Pelzmänteln und hohen Stöckelschuhen sich an Takeo schmiegten und ihm von den Freuden vorschwärmten, die ihn drinnen erwarteten. Als er versuchte, ihnen ihre Getränkegutscheine zurückzugeben, nutzte ich das Durcheinander, um über die Straße zu laufen und in der Nogizaka Station zu verschwinden. Ich wollte nicht, daß er mir bis ganz nach Hause folgte.
    Sobald ich meine Verärgerung über sein egoistisches Vorgehen überwunden hatte, wurde mir die Ironie der Situation bewußt. Hätte Tante Norie gewußt, daß Takeo Kayama mich in sein Haus auf dem Land eingeladen hatte, wäre sie vor Entzücken außer sich gewesen, denn sie versuchte ja schon seit Jahren, einen passenden japanischen Freund für mich zu

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