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Bittere Pille

Bittere Pille

Titel: Bittere Pille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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angenommen, dass es sich möglicherweise um einen
Raubmord gehandelt hatte. Erschwerend kam hinzu, dass der Tote
keine Brieftasche und keine Geldbörse bei sich gehabt
hatte. Vielleicht hatte er an einem Bankautomaten eine große
Summe Bargeld abgehoben, war dabei beobachtet und schließlich
überfallen worden. Ulbricht zündete sich eine Zigarette
an und beschloss, diese Sache am Montag bei den Banken
überprüfen zu lassen. Doch was wollte er denn
überprüfen? Ein Unbekannter, der möglicherweise
einen großen Betrag abgeholt hatte. Ziemlich
dünn.
    Ihm kam eine andere
Idee in den Sinn: Immer wieder hörte man in letzter Zeit von
obskuren Autohändlern, die in Internetbörsen ihr Unwesen
trieben. Mit Angeboten weit unter dem Marktwert offerierten sie
ihre Gebrauchtwagen, lockten so die Kaufinteressenten auf den Plan
und dann in einen Hinterhalt. Meist wurden Geschäfte mit
Gebrauchtwagen bar abgewickelt.
    Die
Fahrzeugübergabe erfolgte meist an einem einsamen Ort. Doch
anstatt den heiß begehrten Gebrauchtwagen zu erhalten,
bekamen die Käufer einen Schlag auf den Hinterkopf, wurden
ihrer Barbestände beraubt, und Auto und Täter waren
längst über alle Berge, wenn der Geschädigte das
Bewusstsein zurückerlangte. Was, wenn es sich bei der Leiche
im See um ein Opfer dieser Tätergruppe gehandelt
hatte?             
    Der Ort war einsam,
zumindest abends. Und die Tatsache, dass man sich dort verabredet
hatte, würde auch die Frage nach der Anreise des Toten
erklären. Vielleicht hatte man sich zu einer Probefahrt
getroffen und war dann gemeinsam zum See gefahren, wo man das
Geschäft hatte abwickeln wollen. Doch anstatt den Wagen zu
veräußern, hatte man den Kaufinteressenten
kaltschnäuzig erschossen, ihm Geld und Papiere abgenommen und
ihn ins Wasser geworfen.
    Ja, dachte sich
Ulbricht, so muss es gewesen sein.
    Falsch, bremste er
seine Euphorie, so könnte es gewesen sein. Zwar nur eine
Theorie, aber möglicherweise ein Denkansatz, den sie
weiterverfolgen sollten. Montag spätestens würde er der
Staatsanwaltschaft einige unbequeme Fragen beantworten
müssen.
    Und bis dahin wollte
er erste Erfolge vorweisen können, denn sonst konnte er
einpacken, darüber war Ulbricht sich im Klaren. Er stellte die
zusammengepresste Bierdose auf den Sims des Wohnzimmerfensters in
seinem Rücken und zog ein letztes Mal an der Zigarette. Die
Glut glimmte auf wie ein wütendes Glühwürmchen, dann
schnippte er den Stummel über die Balkonbrüstung und trat
ins dunkle Wohnzimmer.
    Die Hitze stand
förmlich im Raum, daran änderte auch die Tatsache nichts,
dass er stundenlang gelüftet hatte. Vielleicht sollte er sich
doch einen Miefquirl unter die Decke hängen. Diese Dinger sah
man immer wieder in alten amerikanischen Filmen, und bislang hatte
er die Deckenventilatoren für Unfug gehalten. Doch der
Klimawandel hatte auch vor Wuppertal nicht haltgemacht.
    Ulbricht durchquerte
den Raum. Ohne zu zögern griff er nach dem Telefon und
wählte Heinrichs’ Nummer. Es tutete ein paar Mal, dann
meldete sich sein Assistent mit verschlafener Stimme.
»Heinrichs?!«
    »Ich glaube, ich
habe eine Idee, wie es gewesen sein könnte«, kam
Ulbricht ohne Umschweife auf den Punkt. Es interessierte ihn nicht,
ob sein Assistent schon geschlafen hatte oder nicht. Sobald sie an
einem Fall arbeiteten, verlangte er Einsatz rund um die Uhr.
Ulbricht berichtete Heinrichs von seiner Idee. »Gibt es eine
Möglichkeit, die Server dieser verdammten Autobörsen zu
durchforsten?«
    Heinrichs lachte
trocken auf. »Sie haben Nerven, Chef. Nein, ich glaube, daran
haben sich schon andere Leute die Zähne
ausgebissen.«
    »Dann lassen Sie
sich bis Montag etwas einfallen, wie wir die Ersten sein
können, denen das gelingt.« Ohne die Antwort von Frank
Heinrichs abzuwarten, unterbrach Ulbricht die Verbindung. Er hatte
alles gesagt, was gesagt werden musste. Jetzt hatte er sich ein
neues kühles Bier verdient.

11
    Wittener
Straße, 23:40 Uhr
    »Hier wohnt
keine Frau Born.«
    »Ich weiß,
dass sie sich hier ein Zimmer übers Wochenende genommen hat,
also lassen Sie mich rein und bringen Sie mich zu ihr.« Er
trommelte nervös auf den Lautsprecher der Gegensprechanlage,
die neben der verschlossenen Eingangstür des Hotels ins
Mauerwerk eingelassen war. »Wir haben vor einer halben Stunde
miteinander telefoniert und sind verabredet.«
    »Tut mir leid,
ich kann nicht …«, scharrte die Stimme aus dem
Lautsprecher. Der Portier saß in seinem Hinterzimmer

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