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Bittere Pille

Bittere Pille

Titel: Bittere Pille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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daran
haben, Frau Born zu erschießen? Sie kommt nicht von hier und
kannte hier auch niemanden. Ihr Mann war in einer ganz anderen
Mission hier im Bergischen Land.«
    »Dieser Fall ist
das reinste Schattenboxen«, nickte Ulbricht mit grimmiger
Miene und zündete sich eine Zigarette an. »Tun Sie mir
bloß einen Gefallen, und halten Sie sich mit dem Radio
zurück.«
    »Ehrenwort«, nickte
Heike. »Keine Beiträge ohne Ihre Zustimmung. Wir wollen
doch unseren erst heute Morgen geschlossenen Pakt nicht
gefährden.« Sie lächelte matt, obwohl ihr gar nicht
zum Lächeln zumute war. Etwas war in Wuppertal
geschehen, und
seitdem räumte jemand jeden Zeugen aus dem Weg. »Der
Mörder hat keine Skrupel, jeden umzulegen, der auf irgendeine
Weise in eine Sache, die wir noch nicht kennen, involviert war,
richtig?«
    »Richtig«,
brummte Ulbricht und zog an seiner Zigarette.
    »Dann sind wir
die Nächsten.«
    »Wie
bitte?« Ulbricht hatte sich am Rauch verschluckt und hustete.
Einmal mehr verfluchte er seine verdammte Nikotinsucht. Irgendwann
würde er sich das Rauchen ganz bestimmt abgewöhnen.
»Wir sind die Nächsten«, wiederholte Heike.
»Frau Born hat uns mit Informationen versorgt. Scheinbar ist
sie damit einen Schritt zu weit gegangen. So wie der Taxifahrer,
der Peter Born zum See gefahren hat. Offenbar hat unser Täter
befürchtet, dass Born dem Taxifahrer etwas erzählt haben
könnte. Daraus folgere ich, dass wir, da wir jetzt wissen, was
Born hier im Bergischen Land getrieben hat, als Nächste auf
der Liste des Killers stehen.«
    Ulbricht paffte
scheinbar gedankenverloren an seinem Glimmstängel. Er wiegte
den Kopf und hatte keine Einwände. Bei Norbert Ulbricht war
betroffenes Schweigen kein gutes Zeichen.

25
    Montag
    Schwebebahnstation
Alter Markt, 8:10 Uhr
    Schwebebahnfahrer
musste ein verdammt langweiliger Beruf sein, dachte sie
verächtlich, als sie auf dem gegenüberliegenden Gleis
eine Bahn einfahren sah, deren Fahrer lethargisch dreinblickte. Die
Bahn stoppte, die Türen öffneten sich, und der
orange-blaue Zug spuckte Menschenmassen aus, die sich, ohne sich
noch einmal umzusehen, mehr oder weniger eilig nach unten
entfernten. Neue Fahrgäste stiegen ein. Der Fahrer hockte in
seinem Führerstand und beobachtete den Fahrgastwechsel
gähnend über den kleinen Monitor zu seiner
Rechten.    
    Nein, dachte sie,
Schwebebahnfahrerin wollte sie ganz gewiss nicht sein. Den ganzen
Tag, am Gerüst der Bahn pendelnd, zwischen Oberbarmen im Osten und Vohwinkel
im Westen der Stadt umherzugondeln und das Leben von oben passiv zu
betrachten musste auf Dauer stinklangweilig sein. Dann dachte sie
an ihren eigenen Beruf und spürte den Kloß, der sich in
ihrer Kehle bildete. Lange hielt sie es nicht mehr aus. Es musste
etwas geschehen, man musste der Welt endlich die Augen öffnen.
Mit Peter Born hatte das nicht geklappt. Er war nicht zum
verabredeten Treffen erschienen. Vermutlich hatte er es sich im
letzten Moment anders überlegt. Entweder hatte er ihr nicht
geglaubt, oder die Geschichte war ihm doch nicht mehr spannend
genug gewesen. Sie hatte ihn nicht noch einmal angerufen, sollte er
doch bleiben, wo der Pfeffer wuchs.
    Doch es gab sicherlich
andere Journalisten, die ihre Geschichte für interessant genug
hielten, um daraus eine heiße Story zu machen. Als sie von
einer alten, rundlichen Frau, die sich schnaufend mit einem
altmodischen Trolley die Treppen zum Bahnsteig heraufgekämpft
hatte, angerempelt wurde, vergaß Daniela George die
düsteren Gedanken abrupt. Die alte Dame blickte zu ihr auf,
wischte sich mit einem Taschentuch über die schweißnasse
Stirn und murmelte atemlos eine Entschuldigung. »Die
verdammte Hitze«, stöhnte die Alte. Daniela nickte
lächelnd. Auf Konversation mit einer fremden Frau hatte sie
keine Lust heute Morgen, und so entfernte sie sich ein paar
Schritte von der schnaufenden
Frau.         
    Sie teilte sich den
Bahnsteig mit anderen wartenden Fahrgästen. Es war eine
angenehme Zeit, das Wuppertaler Wahrzeichen zu nutzen, denn die
lärmenden Schüler waren bereits in ihren
Klassenräumen angekommen, und entsprechend genießbar war
der Geräuschpegel auf dem Bahnhof.
    Obwohl es noch
früh war, lag bereits eine Hitzeglocke über dem Tal der
Wupper, und sie hatte sich für eine leichte Baumwollhose und
ein modisches Top entschieden. Sommer in Wuppertal, dachte sie gut
gelaunt, während sie den Fluss unterhalb der Station beobachtete. Das
Sonnenlicht brach sich im Wasser und

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