Bittere Sünde (German Edition)
sagte sie: »Du bist dir aber schon im Klaren darüber, in was du uns da reingezogen hast, oder? Wir könnten sterben, alle vier.«
Natürlich hatte sie recht, und diese Erkenntnis traf Magnus hart. Das schlechte Gewissen plagte ihn so sehr, dass ihm ganz übel wurde. Denn ganz egal, ob es wirklich Eriks Mörder war, der es auf sie abgesehen hatte, eines stand fest: Er war über seine Arbeit in Kontakt mit demjenigen gekommen, der sein Zuhause in Brand gesteckt hatte. Magnus löste sich so weit von Linn, bis er in ihr aufgewühltes Gesicht sehen konnte.
»Uns wird nichts passieren, ich werde diese Person kriegen«, versuchte er, sie zu beruhigen.
»Woher willst du das denn wissen? So was kannst du doch gar nicht behaupten!«, brüllte sie und riss sich ganz von ihm los.
»Entschuldige.« Magnus wusste nicht, was er sonst sagen sollte. Es stimmte ja, in Wahrheit tappten sie noch ziemlich im Dunkeln.
Linn war auf die Bank gesunken. Verlegen setzte er sich neben sie und nahm ihre Hand.
»Ich tue, was ich kann, und das weißt du.«
Linn wischte sich mit dem Handrücken die Tränen ab. »Das weiß ich, ja. Also, es tut mir leid, aber ich kann hier nicht einfach tatenlos rumsitzen. Ich möchte mir die Akten und Berichte ansehen, damit ich mithelfen kann. Es geht ja schließlich mittlerweile auch um Moa, Elin und mich.«
Linns tränenfeuchtes Gesicht war entschlossen, Magnus jedoch zeigte sich unsicher.
»Du weißt doch, dass ich dir keine Unterlagen von einer laufenden Ermittlung geben darf.«
»Aber du machst es doch trotzdem, oder?«
Magnus seufzte. Wenn Linn sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, konnte er meist gar nichts mehr ausrichten. Er verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen. »Also gut, aber du musst mir versprechen, dass niemand etwas davon erfährt, sonst bin ich meinen Job los.«
Linn sah ihn fast zärtlich an und lächelte schwach. »Als wäre das das Schlimmste, was passieren kann.«
35
Als Magnus am Nachmittag wieder sein Büro in der Kungsholmsgatan betrat, erwartete ihn eine Notiz auf seinem übervollen Schreibtisch.
Melde dich sofort bei dem argentinischen Polizeichef Ortiz.
Magnus blätterte in seinem Kalender nach der Telefonnummer.
Eine Viertelstunde später knallte er schwungvoll den Hörer auf die Gabel. Endlich mal etwas, das einem Durchbruch gleichkam.
Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Hände im Nacken. Die Telefonverbindung war nicht die beste gewesen, deswegen war bei Magnus nur ungefähr jedes zweite Wort angekommen, aber wenn er Ortiz richtig verstanden hatte, war Domenique nach der Vergewaltigung auf die gleiche Weise mit kochendem Wasser misshandelt worden wie Erik, Gunvor und der Familienhund. Insofern lag der Schluss nah, dass die mittlerweile verjährten Ereignisse in Argentinien mit den aktuellen in Schweden zusammenhingen. Das Ganze hatte etwas Unwirkliches.
Der wohl überraschendste Hinweis, mit dem Ortiz hatte aufwarten können, war jedoch, dass zwei Männer an der Vergewaltigung beteiligt gewesen waren. Gösta Berggren hatte einen Komplizen gehabt, einen Ingenieur, der Josef Lidhman hieß.
Diese Neuigkeit brachte Magnus richtig in Schwung. Es gab also noch einen weiteren Täter.
Kurz sammelte er seine Gedanken, bevor er zu seinem MacBook griff. Es dauerte nicht lange, bis er herausgefunden hatte, dass Josef Lidhman um die fünfundsiebzig und offensichtlich sehr wohlhabend war, denn er besaß eine Wohnung in der Tysta Gatan am Karlaplan. Er war nie verheiratet gewesen und hatte keine Kinder.
Magnus machte sich auf den Weg zu Roger, und kurz darauf saßen die beiden in einem Dienstwagen. Es nieselte, und die Scheibenwischer gaben ein regelmäßiges Quietschen von sich.
Roger schielte zu Magnus. »Meinst du nicht, wir sollten ihn besser auf dem Präsidium verhören? Mit ein bisschen mehr Vorbereitungszeit? Er ist ja höchstwahrscheinlich nicht der Mörder. Mal ganz im Ernst, Magnus, wie viele Rentner kennst du, die einen so großen Kerl wie Erik an einen Tisch fesseln können?«
Magnus schaute starr geradeaus, während er den Wagen auf die Fahrbahn lenkte, und stieß fast unhörbar hervor: »Erik war total betrunken, vielleicht sogar besinnungslos, als er auf dem Tisch landete. Davon mal ganz abgesehen will ich einfach mit Lidhman sprechen, wir haben schließlich keine Zeit zu verlieren.«
»Mir ist auch klar, dass er jemanden engagiert haben könnte, aber sollen wir ihn wirklich einfach so überfallen, ohne uns
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