Bittere Sünde (German Edition)
vorher eine Taktik überlegt zu haben?« In Rogers Stimme lag eine Spur Strenge.
»Ich weiß, was ich wissen will.«
Roger wurde wütend. »Was wird das denn hier? Ein Alleingang oder was? Warum hast du so eine Scheißlaune?«
Magnus starrte nach wie vor stur geradeaus. Ihm war klar, dass er nicht wie ein wild gewordenes Nashorn bei Josef Lidhman einfallen konnte, aber innerlich tobte er wie ein wütendes Tier.
Roger fuhr im gleichen Ton fort: »Willst du die ganze Ermittlung sabotieren? Und wie genau würde das dann deiner Familie nutzen?«
In dem Moment, als das Wort Familie über seine Lippen kam, sah er ein, dass er zu weit gegangen war. Magnus wandte ihm das Gesicht zu, er kochte förmlich vor Wut.
»Halt die Klappe!«, knurrte er nur.
Roger ruderte widerwillig zurück. »Du hast recht, das geht mich nichts an. Aber du verstehst doch, was ich meine.«
Magnus biss die Zähne zusammen und schaute wieder auf die Straße vor ihnen. Dann bog er abrupt in eine Parklücke ein, stellte den Motor ab und fixierte Roger. Er war zwar noch immer wütend, hatte sich aber zumindest genug unter Kontrolle, dass er einen gemäßigteren Ton anschlagen konnte.
»Also gut, ich glaube, dass Lidhman mit dem Mord zu tun hat, und ich glaube außerdem, dass meine Familie bedroht wird, weil ich an diesem verdammten Fall arbeite.«
Roger betrachtete ihn mit Skepsis. »Wieso bist du dir so sicher, dass Eriks Mörder hinter euch her ist?«
»Weil ich jeden einzelnen meiner früheren Fälle durchgegangen bin. Und dann auch noch die durchgeknallteren Patienten von Linn überprüft habe. Keiner von ihnen, kein einziger von ihnen wäre dazu fähig. Das ist einfach so verdammt barbarisch, Roger, so verdammt krank.«
»Aber warum ausgerechnet du? Warum nicht ich, ich bin doch genauso am Fall beteiligt wie du?«
»Keine Ahnung. Vielleicht hat der Täter oder die Täterin mich ja bei Gunvor gesehen und will mich deshalb jetzt aus dem Weg schaffen.«
Roger sah immer noch ungläubig aus, weshalb Magnus fortfuhr: »Das ist aber auch nur ein Verdacht, und den musst du gefälligst für dich behalten. Ich will nicht von den Ermittlungen ausgeschlossen werden, weil auch ich zu den Opfern gehöre.«
Roger winkte ab. »Ich sage sicher nichts. Außerdem ist das ja auch nur eine Ahnung. Nichts deutet darauf hin, dass der Brand bei dir zu Hause überhaupt etwas mit dem Fall zu tun hat. … Auch wenn ich dir glaube«, fügte er noch hinzu.
»Gut«, sagte Magnus, und seine verhärteten Gesichtszüge entspannten sich. »Wie sollen wir diesem Lidhman denn gegenübertreten, was meinst du?«
»Mit Samthandschuhen. Wir befragen ihn einfach, weil er ein Kollege von Gösta Berggren war, dann schauen wir weiter. Wir haben schließlich nichts gegen ihn in der Hand, und die Vergewaltigung von Domenique Estrabou ist schon ewig verjährt.«
Magnus stieß ein frustriertes Seufzen aus. »Aber wenn wir ihn knacken können, machen wir das.«
Roger grinste schief. »Selbstverständlich.«
36
Die Spannung vor dem bevorstehenden Treffen war so groß, dass Magnus und Roger in nervöses Schweigen verfielen. Der eine versuchte, seine Wut zu zügeln, der andere überlegte sich, wie er sich verhalten würde, wenn das dem ersten nicht gelang.
Durch die Windschutzscheibe sahen sie die imposanten, mehrstöckigen Wohnblöcke der Tysta Gatan weit über die kahlen Pappeln hinausragen. Fast bekam man das Gefühl, die Häuser stählten sich gegen die einsetzende Winterkälte.
Die Tysta Gatan war eine Allee und gehörte zu einer der feinsten Gegenden Stockholms. Vor den Häusern reihten sich gepflegte Bäume auf, und zur Sommerzeit säumten prächtige Blumenrabatten die Straße. Die U-Bahnstation Karlaplan befand sich nur ein paar Meter entfernt. Magnus versuchte, sich vorzustellen, was man hier wohl für eine Wohnung hinblättern musste. Vermutlich so viel wie für zwei komplette Häuser in einem der Vororte. Hier wohnte niemand aus einer der unteren Einkommensschichten, möglicherweise nicht mal jemand seiner Gehaltsklasse.
Roger deutete auf eines der Häuser. »Da wohnt er also, der Vergewaltiger.« Er zog die Lederjacke enger zusammen. »Wahrscheinlich stirbt er bald, ohne auch nur ein bisschen für das gebüßt zu haben, was er in Argentinien verbrochen hat.«
Magnus biss sich auf die Unterlippe. »Das werden wir ja noch sehen. Jetzt gehen wir erst mal hinein.«
Hinter der massiven Eingangstür aus nachgedunkelter Eiche verbarg sich eine Marmortreppe, die von einem
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