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Bittere Sünde (German Edition)

Bittere Sünde (German Edition)

Titel: Bittere Sünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Roll
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nicht mehr lange dauern, bis Magnus die Sicherung durchknallte. Roger hatte keine Familie, aber eine Ahnung, wie es sich anfühlen musste, wenn alles, was man liebte, bedroht wurde. Unter Magnus’ verantwortungsbewusster und kontrollierter Oberfläche schlugen seine Gefühle ungeahnt heftige Kielwellen, das wusste er. Wer immer sie auslöste, musste mit dem Schlimmsten rechnen, dachte er.
    Arne erhob sich. »Bisher kennt die Presse keine Details, und so soll das auch bleiben. Es gab ein paar kurze Meldungen darüber, dass eine Leiche gefunden worden ist, mehr nicht. Sofie habe ich schon Bescheid gesagt, aber jetzt wisst auch ihr, dass ich äußerste Diskretion verordnet habe. Falls irgendjemand von der Presse anrufen sollte, verweist ihn bitte umgehend an mich.«
    Magnus nickte. »Bekommen wir denn Verstärkung?«
    »Sieht leider nicht so aus, ihr müsst so klarkommen. Wir treffen uns morgen und besprechen die Lage. Ich habe heute Nachmittag einen Zahnarzttermin, aber verständigt mich bitte, sofern etwas Spektakuläres passiert.«
    Arne machte auf dem Absatz kehrt und verschwand aus dem Zimmer. Magnus schnappte sich den nun leeren Stuhl und schob ihn vor den chaotischen Tisch, damit er gegenüber von Roger Platz nehmen konnte.
    »Du kannst dir vorstellen, was ich liebend gerne mit diesem zündelnden Mistkerl anstellen will, wenn ich ihn in die Finger kriege«, sagte er mit leicht bebender Stimme.
    »Kann ich. Das würdest du aber trotzdem nicht machen, oder?«, antwortete Roger mahnend.
    Die Frage blieb im Raum stehen. Dann hob Magnus wie zum Schutz die Schultern.
    »Komm, wir gehen alles noch mal von vorne durch«, brummte er durch zusammengebissene Zähne.

33
    Osvaldo Ortiz fischte nach seiner Dienstmarke. Domenique Estrabou schüttelte jedoch nur den Kopf und lächelte schief.
    »Die brauchen Sie nicht, einen Polizisten erkenne ich auch so. Mit euch hatte ich schon genug zu tun.«
    Ortiz wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte. »Danke«, sagte er dann einfach und wartete ab.
    Domenique war auf der Hut. Mit ihren grünen Augen musterte sie ihn aufmerksam. »Was wollen Sie?«
    »Ich möchte über die Vergewaltigung sprechen.« Ortiz probierte ein mitfühlendes Lächeln.
    Domenique schloss die Augen. Kurz fürchtete Ortiz, dass sie ohnmächtig werden würde. Schnell legte er ihr eine Hand auf den Arm.
    »Alles in Ordnung?«
    »Ich muss mich setzen, würden Sie mir ins Haus helfen?«
    Wenig später hatte Ortiz neben Domenique auf einem rosa geblümten Sofa Platz genommen.
    Sie schaute ihn kummervoll an. »Warum wollen Sie mich mit der alten Geschichte quälen? Das ist schon so lange her. Ich habe damals alles ausgesagt.«
    »Die Akte gibt es leider nicht mehr.«
    Domenique zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich wurde sie weggeworfen. Zu der Zeit hat man Vergewaltigungen noch nicht so ernst genommen. Außerdem habe ich ihn freiwillig geküsst.«
    Eine Augenbraue von Ortiz schnellte überrascht hoch. »Gösta Berggren?«
    »Ja, ich war in ihn verliebt. Wieso wollen Sie das denn ausgerechnet jetzt wissen?«
    »Ich wurde von der schwedischen Polizei kontaktiert. Göstas Sohn wurde ermordet und seine Frau misshandelt.«
    Mit einem Mal sah Domenique sehr alt und zerbrechlich aus. Sie seufzte. »Dazu wäre er sicher fähig …«
    »Nein, also … Er kann es nicht gewesen sein, Gösta ist schon viele Jahre tot. Aber die Schweden sammeln für ihre Ermittlungen jede Informationen über ihn und seine Familie, die sie finden können.«
    Domenique wirkte plötzlich wieder hellwach. Ihre Stimme klang angespannt. »Er ist tot?«
    »Ja, schon sehr lange.«
    Domenique ließ diese Auskunft erst einmal sacken. Dann beugte sie sich vor und verbarg ihr Gesicht in den Händen. Er war tot, ihr Peiniger war tot. Und wieder trug ihre Erinnerung sie in die Vergangenheit, zurück zu der Baracke der Eisenbahnarbeiter. In die Zeit, als sie lachend an seinem Arm hing, als ihre Brust noch mit Verlangen gefüllt war.
    Sie schaute Ortiz an. »Soll ich Ihnen erzählen, was genau damals passiert ist?«
    Er nickte langsam, und schon quollen die Worte geradezu aus ihrem Mund. Zum ersten Mal seit der Vergewaltigung hatte sie das Gefühl, dass ihre Last weniger wurde. So, als hätte sie all die Jahre lang den Atem angehalten und wäre erst jetzt wieder imstande, die Lunge mit Luft zu füllen.
    Tränen liefen ihr über die Wangen. Sie weinte um die vielen Jahre, in denen sie sich schuldig gefühlt hatte, und nicht zuletzt aus Erleichterung

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