Bittere Sünde (German Edition)
hinaus, indem sie eindringlich die schwarzen Schuhe betrachtete, die zur ihrer Uniform gehörten.
Während sie sich die Hände wusch, träumte sie von einem warmen Schaumbad mit Lavendel. Der Gedanke beschäftigte sie noch, als sie schon wieder den Stuhl vor Gunvors Zimmer ansteuerte und sich darauf plumpsen ließ. Sie hielt sich nicht erst damit auf, einen Blick durch die Tür zu werfen, weil sie keine Lust auf eine lange, sinnlose Diskussion mit der verwirrten alten Frau hatte.
Hätte sie sich jedoch dazu aufraffen können, die Tür zu öffnen, wäre ihr aufgefallen, dass sich Gunvor Berggren nicht mehr in ihrem Zimmer befand.
So machte stattdessen eine Krankenschwester erst ein paar Stunden später die Entdeckung, dass das Zimmer leer war. Zu diesem Zeitpunkt hatte Gunvor längst ihren Bestimmungsort erreicht.
66
Arne Norman hatte große Achtung vor Magnus Kalo. Genau aus diesem Grund empfand er das, was sich am Mittwochmorgen ereignete, auch als außerordentlich peinlich.
Die Affäre mit Sofie Eriksson war nicht geplant gewesen. Ein langer Arbeitstag und ein paar Bier hatten zu mehr geführt, als ihm lieb war. An und für sich hatte ihn zumindest der Gedanke immer gereizt, ein Verhältnis auf der Arbeit zu haben, aber obwohl Sofie zwanzig Jahre jünger war als er, zählte sie nicht unbedingt als Fang, wenigstens nicht in seinen Augen.
Arne hatte bereits zwei gescheiterte Ehen hinter sich und war nicht bereit, sich einfach auf irgendwen einzulassen. Und er hätte der ganzen Sache viel eher einen Riegel vorschieben müssen, das wusste er jetzt. Aber er hatte sich viel zu sehr davon geschmeichelt gefühlt, dass sich eine so junge Frau für ihn interessierte. Und als Sofie ganz unerwartet ihre Hand etwas zu lange auf seiner hatte ruhen lassen, hatte er nicht mehr Nein sagen können. Sein Blick war auf ihre feuchten, süßen Lippen gefallen, und ihm war sofort klar gewesen, was als Nächstes passieren würde. Und ungefähr genauso klar, dass er es bereuen würde. Er ahnte nur noch nicht, wie sehr.
An besagtem Morgen schlang Sofie im Konferenzraum die Arme um ihn und lächelte. Arne schluckte. Jetzt gab es keinen Weg zurück, jetzt musste es raus. Dass das Ganze ein Fehler und er nur geil und einsam gewesen war. Aber natürlich musste er diese Botschaft geschickt verpacken. Er schob sie ein Stück von sich weg und stammelte: »Ja, also, Sofie … Ich bin ein alter Mann und war schon zwei Mal verheiratet. Ich habe gerade einfach kein Interesse an einer Beziehung.«
Eisiges Schweigen entstand. Sofies Lächeln war plötzlich ausgelöscht. Langsam öffnete sie den Mund, um etwas zu sagen, doch genau in dem Augenblick ging die Tür auf, und Magnus kam herein. Er schaute die beiden groß an, die sich unmittelbar ein paar Schritte voneinander entfernt hatten. Einen Moment lang spiegelte sich Verwunderung auf seinem Gesicht, dann schüttelte er nur müde den Kopf. Sofie rannte mit hochrotem Gesicht hinaus.
»Ich hoffe, ich störe nicht«, sagte Magnus trocken.
Arne blieb ratlos zurück und massierte sich die Nasenwurzel. Jetzt irgendwas abzustreiten wäre lächerlich gewesen, er schämte sich wie ein Hund.
Kurz blieben beide stumm, dann hatte Arne sich wieder gefasst und fragte mit bewusst kontrolliertem Ton: »Und, was möchtest du?«
»Gunvor Berggren ist verschwunden.«
»Was soll das heißen? Ist sie tot?«
»Nein … Oder vielmehr: Das weiß ich nicht. Es sieht ganz so aus, als hätte sie jemand aus dem Krankenhaus entführt.«
Arne schlug sich die Hand vor den Mund. »Verdammte Scheiße …«, brach es heiser aus ihm heraus.
»Das kannst du wohl laut sagen.«
»Wer hatte Dienst?« Arne schaute Magnus streng an.
»Weiß ich nicht, aber das werde ich prüfen.«
Arne stützte sich auf den Konferenztisch. Ihm war schwindelig, so als wäre er zu schnell aufgestanden und ihm das Blut in die Füße gesackt. Fassungslos setzte er sich auf den Tisch und starrte zu Boden, unfähig, irgendetwas zu sagen. Dann richtete er seinen Blick wieder auf Magnus.
»Wir müssen eine Pressekonferenz anberaumen. Es wird sicher kräftig darüber spekuliert werden, warum wir so verdammt schlampig waren, dass die Frau verschwinden konnte. Da ist es besser, wir geben gleich selbst eine Erklärung ab. Das ist echt eine Katastrophe.«
Magnus nickte.
Arne war wieder auf den Füßen und wanderte nervös im Zimmer auf und ab. Dabei sprach er laut, als müsste er sich so selbst beruhigen. »Wir müssen den Spieß umdrehen, uns an
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