Bittere Sünde (German Edition)
holte eine Tüte Kardamomgebäck heraus. Magnus’ Blick folgte ihr.
»Was sollen wir denn deiner Meinung nach tun?«
»Keine Ahnung … Habt ihr mal geprüft, ob es noch mehr Opfer mit solchen Verbrennungen im Genitalbereich gab? Die könnten ja auch irgendwo ambulant behandelt worden sein.«
Magnus sah einen Moment lang verdutzt aus. »Noch mehr als Gunvor, Erik, Josef und Domenique?«
»Es könnte doch noch mehr Opfer geben? Du weißt schon,
Auge um Auge, Zahn um Zahn
.«
»Sofie hat unsere Akten danach durchforstet, aber nur die Anzeige mit dem misshandelten und getöteten Hund gefunden.«
»Merkwürdig«, kommentierte sie und schaute aus dem Fenster.
Es hatte angefangen zu schneien. Der erste Schnee fiel in schweren, feuchten Flocken durch den Lichtkegel der Straßenbeleuchtung und landete auf dem nassen Bürgersteig. Für gewöhnlich liebte Linn es, die ersten Schneeflocken zu beobachten. Normalerweise lösten sie in ihr ein Glücksgefühl aus, weil sie etwas Neues ankündigten. Doch heute war das nicht so. Sie war eher irritiert von dem fast romantischen Bild, das sich auf der anderen Seite des Fensters zeigte. Noch dazu war es viel zu früh für Schnee, dachte sie. Es fühlte sich an, als würde sich selbst das Wetter über sie lustig machen.
»Magnus, ihr müsst ihn finden, und zwar so schnell wie möglich. Damit das alles hier ein Ende hat …«, sagte sie leise.
Freitag, 31. Oktober
69
Magnus schaltete mit Bedauern das Wasser ab und schob den Duschvorhang beiseite. Es blieb gerade wirklich keine Zeit für ausgedehnte Duschgänge. Gunvor Berggren lebte vielleicht schon nicht mehr, aber wenn doch, ging es ihr sicher nicht gut, ihr Ausgangszustand war ja schon nicht gerade blendend gewesen. Welche Qualen sie durchleiden musste, bevor der Mörder sie dann endgültig tötete, wollte Magnus sich gar nicht ausmalen.
Linn klopfte an die Badezimmertür. »Du musst dich beeilen, du bist spät dran.«
»Gut.« Er reckte sich nach dem Handtuch.
»Geh bitte heute nirgendwohin, Linn«, sagte er mit Nachdruck.
»Nein, nein, keine Sorge. Die Kinder und ich werden hier den ganzen Tag artig sitzen wie die Tiere im Käfig, das verspreche ich dir«, konterte sie sarkastisch.
Als Magnus eine knappe Stunde später ins Präsidium kam, stand Arne ein Stück den Gang hinunter mit hochrotem Kopf vor Sofie und Roger. Kurz sah er so aus, als würde er einfach davonstürmen, aber dann brach seine Wut doch noch an Ort und Stelle aus ihm heraus.
»Was zum Teufel macht ihr denn den lieben langen Tag?«, schrie er. »Ihr habt bisher einen Scheißdreck herausgefunden. Wo steckt Gunvor und wo dieser Pedro, verdammt noch mal? Die Staatsanwaltschaft verlangt fortlaufende Informationen von mir, und ich schaffe es zwischendurch nicht mal aufs Klo!«
Die beiden Beamten blieben stumm. Diese unberechtigte Standpauke wirkte ähnlich provozierend wie Schläge mit dem Rohrstock.
Magnus ahnte, was als Nächstes kommen würde, und verschwand lieber schnell in seinem Büro. Das Telefon klingelte in dem Moment, in dem er die Tür hinter sich schloss. Nur wenige Minuten später trat er wieder hinaus zu den Streithähnen, die mittlerweile vor seiner Bürotür standen und sich unüberlegte Beschimpfungen an den Kopf warfen.
Kurz stand er mitten im Wortgefecht und blickte nur ungläubig von einem zum anderen, dann hob er an: »Wenn ich euch mal unterbrechen darf …«
Arne, Sofie und Roger starrten ihn an.
»Mehrere Zeugen haben Pedro Estrabou im vergangenen Jahr in Deutschland gesehen, und es gibt keinen Grund, die Echtheit der Aussagen anzuzweifeln. Ein paar der Zeugen sind vor Jahren sogar selbst von ihm gefoltert worden.«
Mit einem Schlag waren die Kollegen verstummt, als hätten sie vergessen, dass sie überhaupt gestritten hatten.
Magnus fuhr fort: »Aber es kommt sogar noch besser. Eine Schwedin hat ihn an zwei unterschiedlichen Tagen in Schweden gesehen.«
Roger fand als Erster die Fassung wieder. »Wo und wann?«
»Beide Male in einem Einkaufszentrum in Mörby, beide Male im September dieses Jahres. Die Zeugin arbeitet beim Sicherheitsdienst, ist also in höchstem Maße vertrauenswürdig.«
Arne holte tief Luft. »Findet ihn und nehmt ihn fest. Selbst wenn er sich in Deutschland aufhält, kriegen wir das hin.«
»Wenn er in Deutschland ist, kann er wohl kaum der Täter sein«, sagte Roger. »Gunvor ist doch gestern erst verschwunden.«
»Quatsch nicht, mach deinen Job, verdammt noch mal!«
Der Hauptkommissar machte
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