Bittere Sünde (German Edition)
hervorrufen konnte, mit der Zeit jedoch wurde sein eifersüchtiges Gebaren immer extremer. Vielleicht hätte sie ihn verlassen sollen, aber wäre es ihr wirklich gelungen? Denn Gösta hatte so etwas wie einen sechsten Sinn. Wenn sie auch nur das kleinste bisschen an ihrer Beziehung zweifelte, machte er ihr sofort so lange und intensive Liebeserklärungen, bis sie wieder vollkommen von ihm eingenommen war.
Wenn Gunvor sich unter Menschen bewegte, war sie immer angemessen gekleidet, damit sie bei anderen Männern keine Lust weckte, zu Hause trug sie dagegen oft Aufreizendes oder auch gar nichts. Ganz so, wie er es wollte. Sie erfüllte ihm jeden Wunsch, und er verlangte viel.
Sie waren noch nicht lange zusammen gewesen, als er schon verwegenere Experimente wagen wollte. Am liebsten war es ihm, wenn sich eine Prostituierte an ihren Liebesspielen beteiligte. Deshalb holte er Frauen aus Stockholm, während Gunvor in Åkersberga wartete. Göstas Einfallsreichtum war schier grenzenlos, und er überzeugte sie davon, dass das, was sie mit den Mädchen machten, sie beide verband, sie vereinigte, weil sie sich zusammen gegen jemand anderen richteten.
Dabei drehten sich ihre Träume in der kalten Hütte gar nicht um diese Dinge. Ihre Träume galten ihrem Sohn und waren geprägt von Kummer und Gewissensqualen. Im Schlaf hatten ihre Gedanken eine schmerzhafte Klarheit, obwohl sie dement war. Unruhig wimmerte sie auf dem Feldbett. Bald würde sie die Augen öffnen, wo eine Wirklichkeit wartete, die bedeutend schlimmer war als ihre Albträume.
99
Die Kälte umfing Pedro Estrabou, als er aus seinem Haus eilte. Da die Auffahrt von Müllsäcken überfüllt war, stand sein Wagen auf der anderen Straßenseite geparkt. Etwas Gehetztes lag in seinem Blick, und er schaute nervös über die Schulter. Sofie und Jonas beobachteten ihn. Es war dunkel, und das Licht der Straßenlaternen verlieh dem Schnee etwas Märchenhaftes. Pedro trug nur ein dünnes, blaues Sweatshirt, woraus die beiden Polizisten schlossen, dass er entweder nur etwas aus dem Auto holen oder sich hineinsetzen und schnell wegfahren wollte.
Doch sie lagen falsch. Pedro stellte sich hinter seinen Wagen, beugte sich vor, als würde er den Kofferraum aufschließen und verschwand. Später würde Sofie sich daran erinnern, wie ein Auto langsam an ihnen vorbeigefahren war, während sie darauf warteten, dass Pedros Kopf wieder hinter seinem Wagen auftauchte, doch da war es bereits zu spät. Sie hatten ihren Hauptverdächtigen verloren.
100
Der Plastikbecher mit dem noch dampfenden Tee schlug wie ein Projektil gegen die Wand, und schon lief die gelbe Flüssigkeit an der Glasfasertapete hinunter.
»Verdammte Scheiße!«, schrie Magnus und schlug mit der Faust auf den Tisch. Er ließ sich auf den Stuhl fallen, stand aber sofort wieder auf, um zur Wand zu gehen und den Becher aufzuheben. Wütend knallte er ihn in den schon übervollen Mülleimer, was nur dazu führte, dass er erneut auf dem Teppich landete.
»Scheiße!« Er trat mit dem Fuß danach. Dann setzte er sich erneut und versuchte angestrengt, sich zu beruhigen.
Es machte auch keinen Sinn, Sofie und Jonas anzubrüllen. Was geschehen war, war geschehen. Doch wem gehörte der Wagen?
Sofies Beschreibung des Fahrzeugs war trotz allem gut. Ein grüner Ford Fiesta war an ihnen vorbeigefahren, aber das Kennzeichen hatte sie in der Dunkelheit leider nicht erkennen können.
Er würde Jonas alle in der Gegend gemeldeten grünen Ford Fiestas überprüfen lassen, was sich aber als schwierige oder womöglich unlösbare Aufgabe herausstellen konnte. Vermutlich gab es Tausende solcher Fahrzeuge allein im Stadtgebiet Stockholms.
Er beugte sich vor und ließ das Gesicht in seine Hände sinken. Pedros Komplize musste einen wirklich guten Grund haben, um ihm bei der Flucht vor der Polizei zu helfen. Doch wieso floh er überhaupt? Sie hatten doch nichts gegen ihn in der Hand. Oder fürchtete er, noch einmal festgenommen zu werden? Magnus fuhr sich entmutigt mit den Händen durch die Haare. Sein Gesicht war kalkweiß. Plötzlich fühlte er sich mit nur einem Wachposten vor der Tür nicht mehr ausreichend sicher.
101
Gunvor Berggren fror. Als sie die Augen aufschlug, wusste sie auch warum. Draußen vor dem Fenster schneite es, und sie war vollkommen nackt. Noch immer war sie viel zu erschöpft, um zu sprechen. Also lag sie einfach da und blickte sich um. Staunte über die Plastikfolie, die Wände und Boden bedeckte. Über die
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