Bittere Sünde (German Edition)
auf einer blühenden Sommerwiese.
Doch später in der Nacht richteten sich seine Träume gegen ihn, und er erwachte schweißgebadet mit dem Gefühl, dass er etwas Giftiges und Brechreizauslösendes eingeatmet hatte. Da draußen lauerte etwas abgrundtief Böses und wartete bloß auf den richtigen Moment, erneut zuzuschlagen.
Montag, 17. November
95
Nicht alle hatten Schlafprobleme. Jonas Orling schlief sehr gut, das war schon immer so gewesen. Trostlose Gedanken kamen ihm selten. Manche beneideten ihn um seine ruhige, selbstsichere Art, andere fanden, sie machte ihn langweilig. Doch davon ganz abgesehen konnte wirklich niemand an ihm irgendetwas aussetzen.
Er war ganz wie sein Vater, zuverlässig und verantwortungsbewusst. Eines nicht mehr fernen Tages würde sich eine Frau von diesen Charakterzügen angezogen fühlen, davon war seine Mutter überzeugt. Sie betrachtete ihn über den Tisch des Restaurants, in dem sie zusammen zu Mittag aßen. Natürlich würde sie ihren Sohn dann mit einer Schwiegertochter teilen müssen, aber letzten Endes sorgte diese eben auch für die Enkelkinder, von denen sie so sehr träumte. Das war das Opfer wert.
»Läuft es gut auf der Arbeit?«, fragte sie und schob ihre Brille hoch.
»Ich glaube schon. Wir haben einen Mann festgenommen. Er wurde über Nacht verhört, aber ich weiß noch nicht, was dabei herausgekommen ist.«
»Etwa diesen Massenmörder?«
Jonas verdrehte die Augen. »Also, das ist ja nicht direkt ein Massenmörder. Noch dazu steht er nur unter dringendem Tatverdacht. Wenn wir ihm nichts beweisen können, kommt er sofort wieder auf freien Fuß.«
Seine Mutter schaute ihn beunruhigt an. »Aber das könnt ihr doch wohl, oder, Jonas? Du bist aber bitte vorsichtig?«
»Mama, ich bin doch erst Anwärter. Ich gehe Zeugenaussagen durch und Hinweisen nach, und dabei begleitet mich immer ein Ausbilder. Du hast gar keinen Grund, dir Sorgen zu machen.«
Jonas stopfte sich einen Bissen in den Mund und kaute energisch darauf herum, während er sie irritiert anstarrte. Manchmal ging sie ihm mit ihrer unendlichen Fürsorge extrem auf die Nerven.
Als er sich kurz darauf von ihr verabschieden und zum Präsidium zurückkehren konnte, war er erleichtert. Ihre Bemutterung empfand er mitunter als erdrückend. Vermutlich hätte er deutlicher darauf hinweisen sollen, dass er nun erwachsen war, aber er stritt sich so ungern und wollte sie zudem nicht verletzen. Es war leichter, sich zurückzuziehen, wenn es zu viel wurde. So hatte sein Vater das auch immer gemacht, und das hatte bestens funktioniert, soweit er das beurteilen konnte. Deshalb würde es sicher noch eine Weile dauern, bis er seinen Eltern den nächsten Besuch abstattete, dachte er.
96
Die Untersuchung von Pedros’ DNA ergab, genau wie die Überprüfung seiner Fingerabdrücke, nichts. Auch die Hausdurchsuchung lieferte keine Hinweise. Das Einzige, was noch ausstand, war die Auswertung seines Computers, doch die konnte dauern. Das SKL , das Staatliche Kriminaltechnische Labor, war nicht gerade bekannt für seine Schnelligkeit.
Magnus und seine Kollegen saßen am Konferenztisch und gingen die neuen Fakten durch. Ernüchterung lag in der Luft.
»Zumindest können wir immer noch darauf hoffen, dass er uns zu Gunvor führt«, sagte Magnus.
Roger schnaufte: »Die ist doch sicher längst tot. Wieso sollte er ausgerecht sie verschonen?«
Magnus lächelte schwach. »Roger Ekman, der notorische Optimist.«
»Das meine ich ganz im Ernst. Zum jetzigen Zeitpunkt ist sie doch nichts weiter als eine extreme Belastung.«
Sofie schaute in die Runde: »Roger hat recht. Und wenn Pedro schuldig ist, wird er Gunvor spätestens jetzt loswerden wollen. Inklusive sonstiger belastender Hinweise.«
Magnus nickte. »Dabei bin ich mir nicht mal mehr sicher, dass er wirklich unser Täter ist.«
»Wieso denn das?« Arne sah perplex aus.
»Ich habe ihn nicht wiedererkannt … und er mich auch nicht.«
»Aber du hast den Mörder doch gar nicht richtig gesehen. Noch dazu hat Pedro Estrabou sowohl ein Motiv als auch die Gelegenheit«, warf Arne ein.
Magnus zuckte mit den Schultern. »Ich habe nur gesagt, ich bin mir nicht sicher, dass er es war.«
»Mal ganz davon abgesehen wäre es besser gewesen, ihn richtig in die Mangel zu nehmen, als wir ihn schon mal hier hatten«, sagte Arne.
Magnus schüttelte den Kopf. »Wir haben doch nichts gegen ihn in der Hand. Es blieb uns nichts anderes übrig, als ihn gehen zu lassen. Natürlich hätten wir
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