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Bittere Sünde (German Edition)

Bittere Sünde (German Edition)

Titel: Bittere Sünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Roll
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ihn an das Dezernat für Kriegsverbrecher übergeben können, aber wenn Gunvor noch lebt, wäre es ja geradezu dumm, ihn hier festzuhalten.«
    Roger sah ernst aus. »Wer beschattet ihn?«
    »Im Moment dieser Orling. Sofie wollte ihn nach dieser Besprechung unterstützen.«
    Arne nickte Sofie zu, die daraufhin aufstand und den Konferenzraum verließ.
    Magnus massierte sich nachdenklich den Nasenrücken. »Das SKL durchleuchtet Pedros Computer. Wenn dort irgendein Hinweis versteckt ist, werden die ihn finden. Bleibt nur zu hoffen, dass Pedro nicht großartig technisch versiert ist und alles Belastende gelöscht hat.«
    Arne schob die Hände in die Hosentaschen. »Wenn wir schon hoffen, dann lieber, dass er überhaupt weiß, wie man Computer benutzt. Ich werde mich mal beim SKL melden und den Kollegen ein bisschen Druck machen. Mit etwas Glück hat Pedro ja Daten über die Berggrens gesucht oder sogar ganz nach Josef Lidhman gegoogelt. Das wäre ja gar nicht so schlecht.«
    »Du weißt schon, wie viele Untersuchungen auf Eis liegen oder sich erübrigt haben, weil wir noch auf die Ergebnisse der Kriminaltechniker warten?«, fragte Magnus.
    »Natürlich«, sagte Arne. »Darüber musst du dir aber gerade ausnahmsweise mal nicht den Kopf zerbrechen. Dieser Fall hat oberste Priorität, auch beim SKL .«

97
    Pedro Estrabou war nach dem Verhör geradewegs nach Hause gefahren. Als die Haustür hinter ihm ins Schloss fiel, sank er dagegen und rutschte zu Boden. Wieso ließen sie ihn denn nicht in Frieden? Warum wurde er immer wieder zur Flucht gezwungen? Hier, in Argentinien, überall! Wütende Tränen rollten über sein faltiges Gesicht wie kleine Rinnsale über ein ausgetrocknetes Flussbett.
    Er kauerte auf dem Boden im Flur, nur noch ein Schatten seines früheren Selbst, weit entfernt von seinen Kindern und Enkelkindern. Sein Körper schmerzte vor Erschöpfung.
Das Leben spielt mit mir
, dachte er, und die Gedanken drehten sich so lange in seinem Kopf, bis er davon überzeugt war, dass die ganze Welt gegen ihn war.
    Er stützte sich auf den Oberschenkeln ab, wo seine verschwitzten Hände große, dunkle Flecken auf der grauen Jogginghose hinterließen. Dann brach er in Schluchzen aus, stolperte in die kalte Küche und zog die Besteckschublade heraus.
    Die Klinge des Brotmessers war geriffelt und stumpf, der Schaft aus abgegriffenem Holz. Langsam schob er den Ärmel seiner Kapuzenjacke hoch und legte die Klinge an die Innenseite seines Arms. Er wusste genau, wo er den Schnitt ansetzen musste, schließlich hatte er seine Mutter viel zu oft in ähnlicher Pose gesehen. Nun stand er also selbst da und ließ die Klinge an der dünnen Haut ruhen. Er drückte vorsichtig immer fester zu, bis das Blut in winzigen Perlen hervorquoll, aber richtig tief schnitt er nicht.
    Er starrte auf das Rot und ließ dann das Messer auf den Boden fallen. Es klirrte schrill, als das Metall auf die Steinfließen traf.
    Pedro lehnte sich über die Spüle, die Arme über dem Kopf verschränkt. Sein Gesicht war aschfahl. Die dünnen Lippen zitterten durch die trostlosen Schluchzer, die aus seiner Kehle kamen. Weil er es nicht gewohnt war zu weinen, machte er kehlige und pressende Geräusche, fast so, als würde er ein Kind zur Welt bringen. Doch das Einzige, was das Licht der Welt erblickte, war ein neuer Plan. Eine Idee von Freiheit.

TEIL ACHT

Dienstag, 18. November

98
    In dem Sommer, in dem sie Gösta eines Samstags beim Kirchenkaffee kennenlernte, war Gunvor gerade fünfundzwanzig geworden. Er war ein paar Jahre jünger als sie und sehr attraktiv. Doch sie brauchte sich mit ihren langen, blonden Haaren und ihrer seidenweichen Haut auch nicht verstecken, im Gegenteil. Ihr Vater nannte sie immer den schönsten Engel des Himmels, dabei war Gunvor alles andere als ein Engel. Sie war eine leidenschaftliche Egoistin, zumindest bis zu dem Tag, an dem Gösta in ihr Leben trat. Danach dachte sie nicht mehr nur an sich selbst, sondern auch noch an ihn. Ihr nacktes Herz ruhte in seinen Händen, doch da ahnte sie noch nicht, mit welcher Kraft er auch zudrücken würde. Manchmal hatte sie das Gefühl, ihr würden mit spitzen Krallen die Eingeweide zerrissen. Er brach sie, kontrollierte sie, dabei ging nicht mal jeder Impuls von ihm aus. Zeitweise hatte sie das Gefühl, sie würden sich bis zum bitteren Ende bekämpfen. Als würden sie einander langsam gegenseitig vernichten.
    Anfangs fand sie es durchaus schmeichelhaft, dass sie so starke Gefühle bei ihm

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