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Bitterer Chianti

Bitterer Chianti

Titel: Bitterer Chianti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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dazu, und auch das «rein zufällige» Zusammentreffen mit Strozzi beim Grafen Solcari.
    «Wieso kreuzt der da auf?», fragte Antonia und rührte in ihrer leeren Espressotasse. «Strozzi und der Graf können sich nicht ausstehen. Strozzi will seit Jahren Präsident des Consorzio werden, aber wir sind uns einig, dass wir keinen Politiker als Vorsitzenden wollen. Ihre Motive sind meistens undurchschaubar. Und er macht keinen guten Wein.»
    «Und wie ist der?», fragte Frank.
    «Stromlinienförmig, glatt und ohne Charakter, modern eben, einfach zu trinken.»
    «Sprichst du von Strozzi oder von seinem Wein?», warf Wanda lachend ein.
    «Vom Wein – der Mann ist absolut ungenießbar. Den Villa Strozzi zu beurteilen, überlasse ich lieber Franco», sagte Antonia. «Kauf ihn dir in einer enoteca oder im Supermarkt, dann merkst du es, Massengeschmack, wie seine Parolen im Wahlkampf.»
    «Du wolltest etwas vorschlagen, Franco, wir haben dich unterbrochen», sagte Wanda. «Worum geht‘s?»
    «Als man dir das Angebot gemacht hat, das Weingut zu kaufen, hat man da einen vernünftigen Preis geboten?»
    «Sicher, sonst hätte ich überhaupt nicht mit ihm geredet.»
    «Du hast abgelehnt, und dann kam die Guardia di Finanza und hat den Laden zugemacht, vero? »
    Wanda zögerte nachdenklich, dann blickte sie auf: «Ah, ecco, darauf willst du hinaus.»
    «Wenn man die Maßnahme, dich unter Druck zu setzen, als Erfolg wertet, müsste jetzt ein neues Angebot kommen. Oder du selbst rufst den Makler an, tust zerknirscht und bittest ihn her. Dann ziehst du die Tuccanese hinzu, als Beraterin sozusagen. Ich würde den Vermittler spielen, mich kennt sie. Dann müsste man die beiden miteinander konfrontieren. Ich glaube, die Tuccanese steckt mit drin, denn bei Strozzi hat sie mit jemandem über ein Weingut verhandelt. Ich weiß nur nicht, über welches. Ich glaube mittlerweile, dass Palermo umgebracht wurde, weil er nicht verkaufen wollte.»
    Das Schweigen, das sich nach seinen Worten über die Runde legte, hätte Frank fotografieren können. Er sprach an, was einige ahnten, aber niemand offen zu sagen wagte. Es ließ sich nicht vermeiden, dass beide Winzerinnen seine Worte auf sich bezogen. Die Frauen starrten vor sich hin, suchten sich über kurze Blicke miteinander zu verständigen.
    Wandas Ehemann Cosimo setzte mehrere Male zum Sprechen an, bis er sich einen Ruck gab: «Weshalb, mein lieber Franco, gehen Sie damit nicht zur Polizei?»
    Alle hörten, wie Wanda Luft holte. «Was glaubst du eigentlich, wo du lebst? Wie es scheint, geht es hier um viele Millionen, und du glaubst bei uns an die Polizei? Du glaubst ja nicht einmal an Gott!»
    «So war das nicht gemeint, cara mia. Du verstehst mich nicht, Wanda. Bleib ruhig. Denk an deine Schilddrüse.» Cosimo hob entschuldigend die Arme. «Mich interessieren Francos Beweggründe, ich habe nicht gesagt, er soll die Sache der Polizei überlassen. Schließlich arbeite ich selbst beim Staat», sagte er zu Frank gewandt. «Ich habe einen Lehrstuhl für Geologie, an der Uni von Bologna, müssen Sie wissen.»
    Den Professor nahm Frank ihm ab, aufmerksame Neugier lag auf dem schmalen Gesicht des Intellektuellen, der allerdings den materiellen Seiten des Lebens auch einiges abzugewinnen verstand, wie seine Lust am Essen und der Zuspruch zum Wein gezeigt hatten. In seinem wachen Blick traf er auf eine gewisse Übereinstimmung. Was Frank an ihm besonders gefiel, war die Ruhe, die er dem Wesen seiner Frau entgegensetzte.
    Frank stand auf. «Dann sind Sie genau der Mann, den ich suche! Ich würde Ihnen gern etwas zeigen. Wenn Sie sich einen Moment gedulden, ich hole eben nur eine Karte aus dem Auto.»
    Als Frank aus dem Haus trat, erschrak er. Der Parkplatz, wo sein Wagen stand, lag völlig im Dunkeln. Wenn andere über seine Wege Bescheid wussten, stand er dann auch hier unter Beobachtung? Er blickte in die Nacht und sah nichts außer einzelnen Laternen und grobe Mauern in ihrem Lichtkreis, dafür waren die Schatten umso schwärzer, die Dunkelheit war wie eine undurchdringliche Wand.
    Im weiten Bogen ging Frank um den Volvo, bevor er die Seitentür öffnete und die Karte mit den Weingütern herausnahm. An der Haustür warf er noch einen misstrauischen Blick zurück. Seine innere Unruhe nahm zu.
    Drinnen war man sich einig geworden, zum Schein auf das Angebot von Vignabella einzugehen und Carla Tuccanese zum Gespräch einzuladen. Cosimo fand im Internet ihre Homepage nebst Adresse und

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