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Bitterer Chianti

Bitterer Chianti

Titel: Bitterer Chianti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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Telefonnummer.
    Derweil breitete Frank seine Karte auf dem Esstisch aus, und alle steckten die Köpfe zusammen. So kam er endlich in Antonias Nähe, und sie nahm seine Hand. Er fasste zusammen, was sich auf den von ihm markierten Weingütern abgespielt hatte, worauf Cosimo aus seinem Arbeitszimmer eine geologische Karte des südöstlichen Chianti holte.
    «Ohne Bodenproben ist eine genaue Aussage nicht möglich. Aber nach allem, was ich weiß, sind die Böden dieser Weingüter ziemlich ähnlich, wir nennen diesen Bodentyp Alberese. Hier ist der Skelettanteil hoch, das heißt viel Kies und Steine. Dazu kommt die Höhenlage, die ist bei den betreffenden Gütern ähnlich, 350 bis 500 Meter, also Parallelen im Mikroklima. Das sind zwei wichtige Komponenten, die sich auf die Trauben auswirken.» Cosimo richtete sich auf. «Wir liegen auch in der Zone, hörst du, Wanda, wir gehören also dazu. Und jetzt?»
    Es war Frank unangenehm, in diesem Kreis als Laie seine Vermutungen vorzubringen, doch er wagte es: «Wenn man eine Firma kauft, verspricht man sich Gewinn, Macht, Kontrolle oder will die Konkurrenz ausschalten. Ich glaube, das ist bei Weingütern genauso wie bei anderen Firmen. Es gibt Gemeinsamkeiten zwischen den Weingütern, nicht nur in technischer Hinsicht, sondern auch in der Wahl der Methoden. Keiner will verkaufen. Also wird Druck ausgeübt. Nur die Frage ist, von wem? Wurde die Brücke nach Rondine absichtlich zum Einsturz gebracht, und wer hat den Baggerführer losgeschickt? Wer hat die Prediger auf mich angesetzt, wer bezahlt sie? Wer hat genug Kenntnisse über die Weinberge, die technische Ausstattung der Kellereien, die Maschinen, Gebäude und so weiter, um geeignete Weingüter auszusuchen?
    Nach welchen Vorgaben? Und wer steckt hinter den Maklern? Und ... ja, wozu das Ganze?»
    «Haben überhaupt welche verkauft?», fragte Antonia.
    «Drei oder vier ... das müsste rauszukriegen sein.»
    «Dann gibt es jemanden, der sie alle haben will, dann ist das kein einzelner Winzer, sondern eine Gesellschaft.»
    «Muss nicht sein», wandte Frank ein. «Es können auch mehrere Einzelkäufe gleichzeitig stattfinden.»
    Wanda winkte ab. «Das wäre ein unwahrscheinlicher Zufall, daran glaube ich nicht. Nein. Da könnte jemand einen Großbetrieb aufbauen. Dazu braucht man Rohstoff, Trauben, möglichst homogen, um sich nicht in vielen Weinen zu verzetteln. Auf das Ausgangsmaterial kommt es an, man kann es im Keller verderben, aber man kann es nicht verbessern, höchstens Marmelade daraus machen.» Damit spielte sie auf die dicken, schweren und beinahe öligen Weine an, so genannte Fruchtbomben, aber die kamen bereits wieder aus der Mode.
    «Natürlich finden wir auf allen Weinbergen unterschiedliche Klone, das heißt verschiedenes Erbgut in den Weinstöcken. Aber da wir im nächsten Jahrzehnt sowieso die Hälfte aller Weinberge wegen der Überalterung neu anlegen werden, sehe ich kein Problem ... Ich mache nur drei verschiedene Weine, Antonia vier, es gibt Leute hier, die machen zehn verschiedene. Das ist am unrentabelsten.»
    Ihr Mann war derselben Ansicht. «Mir leuchtet das durchaus ein, meine Liebe. Aber wer kauft die Güter und die Weinberge?»
    «Die Maklerfirmen», sagte Frank. «Morgen kann ich euch wahrscheinlich mehr sagen.»
    «Ich denke, die gibt es gar nicht», warf Cosimo ein, ohne von der Karte aufzublicken.
    Wanda schüttelte heftig den Kopf. «Alles hinterlässt Spuren. Bei der Höhe der Kaufpreise kann nur ein solventer Käufer dahinter stecken, eine Kapitalgesellschaft, ein Großinvestor ... außer natürlich ...»
    «... außer was?», fragte Antonia.
    «... außer man ruiniert uns vorher, das senkt den Preis. Wenn sie uns den Betrieb vierzehn Tage lang zugemacht hätten, wäre die gesamte Ernte futsch gewesen. Wir hätten Land verkaufen müssen, um weitermachen zu können, gutes Land, verstehst du, nicht den Wald. Und du, Franco, du schwebst auch in Gefahr?»
    «Allerdings. Wenn ich die ganze Zeit aufpassen muss, ob einer hinter mir her ist, kann ich mich kaum konzentrieren. Je schneller wir wissen, wer dahinter steckt, desto besser für mich. Der Commissario in Castellina ...»
    «Dieser Trottel, ein Idiot ist das», ereiferte sich Wanda. «Will Bürgermeister werden. Vielleicht schafft er es tatsächlich. Strozzi unterstützt ihn, Parteigenossen, Neofaschisten!» Sie machte eine Geste, als würde sie sich übergeben.
    «Deine Schilddrüse, Wanda, deine Schilddrüse», murmelte Cosimo, noch immer

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