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Bitterer Chianti

Bitterer Chianti

Titel: Bitterer Chianti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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Capitano – wenn ich das Lametta auf Ihren Achseln richtig interpretiere?»
    Verblüfft zog der Capitano die Augenbrauen hoch. Mit einem derart frechen Empfang schien er nicht gerechnet zu haben. Frank schmunzelte. Die Frau gefiel ihm, respektlos, wie sie war, auch von drei Wagenladungen Polizisten ließ sie sich nicht einschüchtern.
    «Wir haben ... äh, ich soll... also, hier, der Bescheid!» Damit entnahm er der Mappe ein Schriftstück und reichte es der Winzerin. Wanda las, während sich die Uniformierten um ihren Vorgesetzten scharten, der leise seine Anweisungen gab und seine Männer an die Türen der Kellerei schickte. Frank hatte den Eindruck, als würde die Reiterei des Königs eine Burg besetzen und die Burgherrin festnehmen. Doch die protestierte lautstark:
    «So eine Bande. Misera gentaglia. Sie wollen mir den Betrieb stilllegen? Ich soll Überkapazitäten verarbeiten? Wo haben Sie denn das her, Capitano? Nur weil ich ein paar Trauben von Malatesta angenommen habe? Das haben andere auch. Vielleicht haben Sie gehört, dass seine Kellerei abgebrannt ist.»
    «Das interessiert mich nicht, Signora. Wir werden das nachprüfen. Rufen Sie Ihre Mitarbeiter her, die Arbeiten werden sofort eingestellt! Das ist eine Anordnung. Sie können ja Beschwerde einlegen ...»
    «Col cazzo! Col cazzo che lo faccio! Einen Scheiß werde ich tun! Sollen mir die Trauben an den Rebstöcken verfaulen oder eintrocknen? Wie soll ich meine Ernte einbringen?»
    «Das geht mich nichts an, Signora, und das hätten Sie sich vorher überlegen sollen. Ich tue hier nur meine Pflicht.»
    Frank zog die kleine Autofocuskamera aus der Tasche und fotografierte aus der Hüfte. Er hatte es in Situationen gelernt, in denen ihm sein Presseausweis lediglich Prügel eingebracht hätte.
    Wanda schnaubte inzwischen vor Wut. «Ihre Pflicht, Capitano? Damit redet ihr euch immer raus. Aber, caro mio , jeder sucht sich seine Pflicht selbst aus. Den Job hier machst du freiwillig. Niemand hat dich dazu gezwungen. Da kannst du sagen, was du willst, Freundchen. Wer hat diesen Zettel unterschrieben?»
    «Dottor Salentino, Leiter der ...»
    «Den knöpf ich mir vor», fauchte Wanda. «Das ist doch dieser Freund von Strozzi, alle in derselben Partei, alles Halunken, stecken alle unter einer Decke ...»
    «Signora, das ist Beleidigung ...»
    Wanda Livonardi drehte sich zu Frank um. «Wie findest du das? Da ist man hilfsbereit, unterstützt einen Kollegen, und der Staat fällt einem in den Rücken und will einem die Existenz zerstören. Bella Italia! Nun sag du doch auch mal was, Franco!»
    «Was soll ich sagen? Ich weiß doch gar nicht, worum es geht.»
    «Du weißt es nicht?» Wanda ging mit der Verfügung der Finanzpolizei in der Hand auf ihn zu. «Hat Antonia dir nichts gesagt? Dass man auch ihr das Weingut wegnehmen will? Aber du bist ja nur der Fotograf, Hofberichterstatter, es geht dich ja alles gar nichts an.»
    «Signora!» Der Ruf des Capitano schallte über den Hof, die Uniformierten machten sich daran, die befüllten Gärtanks zu plombieren, aber der Kellermeister und zwei Arbeiter stellten sich ihnen in den Weg. «Rufen Sie Ihre Männer zurück. Bitte, machen Sie uns keinen Ärger, Signora.»
    «Einen Dreck werde ich», sagte Wanda und zerriss die Verfügung. Ungläubig sah der Capitano die Schnipsel zu Boden flattern. Frank hoffte, dass er den richtigen Winkel gefunden hätte und die Aufnahme gelingen würde.
    «Unter diesen Umständen muss ich Sie leider festnehmen, Signora Livonardi», sagte der Capitano mit aufgesetzter Strenge; den Verfall seiner Autorität durfte er nicht zulassen, zumal die Augen seiner Untergebenen auf ihm ruhten.
    «Geht aus dem Weg, tut, was die Beamten sagen», rief Wanda ihren Arbeitern zu. «Bringt das, was wir heute lesen, in den alten Stollen und in die Kühlkammern, möglich, dass wir noch was retten.»
    Der Capitano fasste sie am Arm, um sie zu einem der Wagen zu führen.
    «Fass mich nicht an», zischte Wanda und riss sich los, in dem Augenblick machte Frank die letzte Aufnahme. Wenn sie gelungen war, dann gab sie ein sehr dramatisches Bild: Es sah aus, als wolle der Capitano die Winzerin schlagen und sie sich vor ihm schützen; dieses Bild konnte man der Presse Zuspielen und Stimmung machen. Frank musste schmunzeln. Wanda warf ihm einen fragenden Seitenblick zu, er senkte die Lider, und als sie lächelte, wusste er, dass sie begriffen hatte. Er näherte sich ihr, als sie sich in den Wagen setzte.
    «Wie hieß der

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