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Bitterer Chianti

Bitterer Chianti

Titel: Bitterer Chianti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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zwei Monate Unterhalt für Christine wären gesichert. Und trotzdem war er gereizt – weil ihm dieser Strozzi zuwider war? Egal, er konnte sich die Auftraggeber momentan nicht aussuchen.
    «Wir machen einen Vertrag, schriftlich, va bene ?», fügte Frank hinzu.
    «Muss das sein?»
    800 Euro netto waren nicht zu verachten, aber Strozzi hätte ihn in der Hand, wenn er das Geld schwarz nahm. «Ja. Così dev’essere , Avvocato! Das muss sein!»
    «Einverstanden. Alles weitere morgen. Es könnte durchaus sein, dass wir für Sie noch mehr zu tun haben ...»
    Nicht schlecht, dachte Frank und blickte über den Platz. Ein qualmendes Wohnmobil nach dem andern schlich vorbei, es schien sich um ein europäisches Campertreffen auf der Chiantigiana zu handeln. Die Schlange der Touristen vor dem La Curva , die nach Eis anstanden, reichte bereits bis auf die Straße.
    Frank verzichtete lieber erst einmal auf sein Eis, setzte sich in den heißen Wagen, startete den Motor, schaltete die Klimaanlage ein und betrachtete die Landkarte. Wie würde er weiterfahren? Die Namen der Kellereien, die dem Consorzio angeschlossen waren, waren rot gedruckt, schwarz die der Nichtmitglieder. Mit einem orangefarbenen Markierstift hatte Frank alle Betriebe gekennzeichnet, die er zu fotografieren hatte, und sie mit Grün übermalt, wenn der Job beendet war. Jetzt kringelte er die Namen der Weingüter ein, bei denen es Vorkommnisse gegeben hatte, allen voran die Azienda Palermo. Danach war Josti di Chiarli an der Reihe, Rondine von Renato Benevole, Giacomo Paese war das mit den Strommasten gewesen, Malatesta natürlich und die aufgedrehte Wanda, Antonias Freundin. Wenn er nicht irrte, dann waren Le Quattro Rocce und die Fattoria Stagione auch von der Finanzpolizei «befallen». Wie hieß der vierte Betrieb? Als Frank sich noch zu erinnern versuchte, entdeckte er etwas, das ihn stutzen ließ: Nahezu alle markierten Winzer befanden sich nördlich von Radda oder nur geringfügig darüber. Malatesta war der einzige Ausreißer. Im Süden und im Westen war nichts geschehen, auch nicht nördlich von Siena.
    Gab es da einen Zusammenhang? Er müsste Stefano fragen. Er rief auf seinem Handy an, aber das war abgeschaltet.
    Er beschloss, endgültig auf das Eis zu verzichten, legte den Gang ein und fuhr los.
    In Greve war Markttag und so gut wie kein Durchkommen. Handtaschen, Grünpflanzen, billigste Klamotten, Terrakottalöwen, Gemüse und jede Menge Menschen. Die riesige Plastik (die Hüftansicht von Michelangelos David in rostigem Stahl?) vor dem Palazzo Comunale war verdeckt von bunten T-Shirts und immer gleichen Baseballmützen. Dieses touristische Ensemble verdarb jede Aufnahme.
    Da waren die Marktstände fotogener. An einem für Eisenwaren, Elektroartikel und Gartengeräte kaufte Frank einen Stiel für ein Beil.
    «Wenn Sie ihn auswechseln wollen, dann ...»
    Frank winkte ab. Er brauchte einen handfesten Knüppel für den Fall, dass sie wiederkämen. Und sie würden kommen, vielleicht waren sie sogar schon hier, auf dem Markt? Oder litt er jetzt an Paranoia? Jeder Zweite in der Menge trug eine Sonnenbrille. Mindestens zwanzig Leute in seiner Umgebung hatten diese klassischen Ray-Bans auf der Nase. Da fiel ihm plötzlich ein, wie er sich Gewissheit verschaffen konnte.
    Rücksichtslos drängelte er sich zu dem Kiosk vorn an der Hauptstraße durch und ließ sich das Lokalblatt geben. Auf Seite fünf fand er die Meldung.
    «Incidente grave nella superstrada.» Die Unterzeile erläuterte die Schlagzeile: «In Baustelle überschlagen. Ein Schwerverletzter. Wann handeln die Behörden?»
    Ein Foto gab es auch, das eines zertrümmerten schwarzen Geländewagens, eines Landrover mit Bullfänger.
    Der Beifahrer war schwer verletzt in die Klinik gebracht worden, berichtete das Blatt, dem Fahrer war bis auf eine leichte Kopfwunde und einige Prellungen nichts weiter passiert. Frank merkte, dass seine Hände wieder zitterten. Von einem zweiten Fahrzeug war nirgends die Rede. Er konnte aufatmen, zumindest was das anging. Die Zeitung gab den Behörden die Schuld an dem Unfall, da sie Geschwindigkeitsbegrenzungen nicht durchsetzte und mangelhaft beleuchtete Baustellen zu Todesfällen wurden. Und in einem Nebensatz entdeckte Frank, was hinsichtlich der Prediger keinen Zweifel übrig ließ: Beide Unfallopfer wurden als US-amerikanische Touristen bezeichnet.
    Die Mörder von Niccolò Palermo und seinem Sohn. Kaltblütig, ohne jeden Skrupel. Einer von beiden war außer Gefecht

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