Bitterer Jasmin
Entscheidung war ihm aufgezwungen worden. Es war ihre Schuld, und er lastete sie ihr voll an, um selber schuldlos dazustehen. Wenn sie weiter Fragen stellte, gut – sie sollte ihre Antworten bekommen.
»Es ist Janet«, sagte er. »Ich möchte sie heiraten.«
»Ach so. Und mit ihr Kinder kriegen.«
»Nicht unbedingt.« Er begab sich auf den Rückzug. Dieser Wahrheit konnte er nicht ins Auge blicken. Der nagenden Enttäuschung, daß seine Frau nach Lucies Geburt weitere Kinder versagt blieben. Ein Mädchen, ein süßes kleines Mädchen, das alles erben sollte, was er geschaffen hatte. Er konnte nicht zugeben, daß er wieder heiraten wollte, um einen Sohn als Nachfolger zu bekommen – das klang so lächerlich und paradox. Aber seit drei Jahren war er deswegen frustriert und voller Schuldkomplexe, weil es wirklich stimmte. Er sah, wie Eileen am Reißverschluss im Nacken nestelte.
»Komm, ich mach' dir's auf.«
Sie wich ihm aus. »Danke, nein, ich schaff's schon selbst.«
Mit beiden Händen griff sie jetzt zum Hals und riß den Verschluss auseinander. Das Kleid glitt zu Boden, sie stieg heraus. Sie hatte eine gute Figur, schmale Hüften, zu schmal, kleine Brüste und eine sehr blasse Haut. Er hatte sie begehrt und geliebt, und in den ersten vier Jahren hatten sie beide höchstes Glück erlebt, trotz ihrer Fehlgeburten und Krankheiten. Er war stolz auf sie gewesen, stolz auf ihren Charme und ihre gute Erziehung, hatte sie vorgezeigt wie einen Schatz, war zärtlich gewesen, wenn ihm danach zumute war. Hatte gewußt, daß sie ihn liebte. Und sie gab ihm das Kind, das er mehr als alles in der Welt liebte. Ihr Anblick weckte keinen sexuellen Wunsch in ihm. Nur sein Gewissen veranlaßte ihn, auf sie zuzugehen.
»Eileen …«
»Diese gräßliche Frau!« schnaubte sie verächtlich. »Ich fliege morgen heim. Das ist für alle die beste Lösung. Im Nebenzimmer steht ein Sofa; ich hoffe, du schläfst heute nacht dort.«
Sie ging ins Bad und sperrte von innen zu.
2
Als der Anruf aus Teheran durchkam, schlief Janet Armstrong bereits. Ihre kleine Wohnung in einer teuren Ecke Chelseas lag in einem umgebauten alten Haus. Das supermoderne italienische Innendekor war ein Spiegelbild ihrer Persönlichkeit; knapp, klar, brillant und positiv. Das kreisförmige Bett war Logan zuerst komisch vorgekommen, und beim ersten Besuch hatte er sich geweigert, darin zu schlafen. Bald mußte er jedoch zugeben, daß es bequemer war als das Bett in jenem Hotelzimmer in Dallas, wo sie ihre ersten gemeinsamen Stunden verbracht hatten. Es war ganz zufällig passiert. Keiner von beiden hatte vorausgesehen, daß die langhingezogene Konferenz in seiner Hotelsuite enden würde, wo er sie um drei Uhr morgens entkleidete. Es begann mit einer zufälligen Berührung und endete mit einem Sturm der Liebe, der sie beide in Erstaunen versetzte.
Als sie aufwachte und nach dem Telefonhörer griff, sah sie auf die Uhr. Fünf Uhr dreißig, dazu die Stunden, die der Iran voraus hatte – das mußte Logan sein. Sie holte sich den Apparat aufs Bett. Ihr blondes Haar war kurz geschnitten und mit Silberstreifen aufgehellt. Er hatte sie gebeten, es länger wachsen zu lassen, weil er gerne im Bett mit Frauenhaaren spielte, aber sie hatte sich geweigert. Lange Haare waren immer unordentlich und lästig. Außerdem standen sie ihr nicht.
Sie hatte keinerlei feminine Tricks angewandt, um ihn einzufangen. Niemand hätte ihr nachsagen können, daß sie sich genau nach dem Witzblatt-Klischee benommen und ihren Chef geangelt hätte. Nie hatte sie an eine engere Bindung mit ihm gedacht, als ihre Arbeit sie schon mit sich brachte, bis sie damals in Dallas buchstäblich vom Moment überrollt wurden. Zu dem Interesse, das sie beide an der Firma hatten, und der angenehmen Arbeit kam nun noch die perfekte Übereinstimmung in sexueller Hinsicht.
»Logan?«
Seine Stimme kam ganz klar über den Draht. Endlich einmal keine atmosphärischen Störungen.
»Janet? Ich bin's. Wie geht's dir?«
»Mir geht's gut. Du hast mich aufgeweckt. Wie geht's drüben mit den Geschäften?«
Typisch für sie, daß sie zuerst daran dachte.
»Bisher gut«, sagte er. »Heute Vormittag sehe ich den Minister. Danach hoffentlich den Schah. Ich weiß nicht, wie lange ich auf eine Audienz warten muß. Sollten es Wochen werden, fliege ich zwischendurch heim. Es sieht aber alles wirklich gut aus. Wir haben eine große Party für Khorvan gegeben. Er war sehr freundlich. Kelly meinte vorher, er würde
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