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Bitterer Jasmin

Bitterer Jasmin

Titel: Bitterer Jasmin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyny Anthony
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vor dem Hinunterfallen zu sichern. Auf Eileen wirkte es aber immer wie ein Gitter, das sie aussperren sollte. Sie ging ins Kinderzimmer, einen rosa-weißen Raum mit viel zu vielen Bildern und Krimskrams und von peinlicher Sauberkeit. Die Spielzeuge standen alle an einer Wand aufgereiht, rosa und weiße Feen tanzten auf dem Fries rund ums Zimmer. Das Kindermädchen saß bei einer Näharbeit. Als sie Eileen erkannte, erhob sie sich lächelnd und doch irgendwie Distanz wahrend, als hieße sie eine Besucherin willkommen.
    »Ah, guten Abend, Mrs. Field. Hatten Sie eine gute Reise? So bald haben wir Sie noch gar nicht zurückerwartet.«
    »Es hatte keinen Sinn, länger zu bleiben. Wo ist Lucie?«
    »Sie schläft schon.«
    Ohne die Pflegerin anzusehen oder etwas zu sagen, ging Eileen zum Kinderzimmer und öffnete die Tür. Als sie eintrat, hörte sie hinter sich deren Stimme: »Bitte wecken Sie das Kind nicht, Mrs. Field, Sie können doch morgen früh …«
    »Sie schläft ja gar nicht«, sagte Eileen nur. »Machen Sie bitte die Tür zu.«
    Sie schaltete das Licht ein. Das kleine Mädchen saß mit ausgestreckten Armen in dem rosa-weißen Bett.
    Eileen war gerade dabei, ihren Koffer auszupacken, als es an der Tür klopfte.
    »Madame! Da sind Sie ja wieder! Tut mir leid, daß ich gerade weg war.«
    Bridget Hagans Familie hatte schon seit Generationen auf Meath gearbeitet. Ihr Vater war Eileens Reitlehrer in ihrer Kinderzeit. Das kräftige, fröhliche Mädchen arbeitete jetzt bereits fünf Jahre bei Eileen.
    »Sie sehen aber müde aus!« äußerte sie besorgt. »War die Reise so schlimm? Lassen Sie mich das nur machen, ich packe schon alles weg.«
    »Es war ermüdend, außerdem fliege ich nicht gerne. Heute ist dein freier Tag, nicht wahr?«
    »Ja, und der Prince of Wales wartet schon darauf, mich auszuführen. Ich kann ja später weggehen. Soll ich Ihnen Tee bringen?«
    »Nein, danke, Biddie, ich werde deine Hilfe brauchen. Ich kündige morgen der Kinderpflegerin.«
    Bridgets Gesicht verzog sich zu einem breiten Grinsen. »Gott sei Dank! Die alte Hexe wird sich aber ärgern!«
    »Wirst du mir bei Lucie helfen? Ich will keine solche Person mehr haben. Ich möchte die Kleine von nun an selbst erziehen.«
    »War auch höchste Zeit«, stimmte das Mädchen zu.
    »Und was sagt Mr. Field dazu?«
    Sie zögerte. »Er hat schrecklich viel zu tun im Iran. Ich habe ihn damit nicht belästigt.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen«, sagte Bridget. »Ich tue alles für Lucie. Ich wollte mich immer schon um sie kümmern, aber die Alte hatte mich ja nicht mal ins Kinderzimmer gelassen.« Sie lächelte Eileen zu und begann die Sachen auszupacken und aufzuhängen.
    Eileen hatte keinen Hunger, aber Bridget ließ es sich nicht nehmen, ihr eine kleine Stärkung in die Bibliothek zu bringen. Auch dieser kleine, gemütliche Raum war mit einer Eleganz eingerichtet, deren Unauffälligkeit viel Geld gekostet hatte. Fotografien von ihr selbst und Lucie hingen an der Wand und eine große Porträtstudie Logans, die oft in der Zeitung erschien. Sieben Jahre Ehe mit einem Mann, der ihr zum Fremden geworden war. Der eine andere Frau hatte – eine Frau, die seine Passion für geschäftliche Dinge teilte und auf gleicher Stufe mit ihm stand. Eileen war nie seine Partnerin gewesen, hatte sich nie auf gleicher Ebene befunden. Auf seiner Prioritätenliste rangierte sie ganz unten, und sie akzeptierte das. Nicht einmal Lucies Einstufung auf dieser Liste kannte sie – sofern es bei ihm um die Firma ging. Er hätte nie wie James gesagt: »Wenn ich gebraucht werde, bin ich sofort da.«
    Es wäre leicht gewesen, ihm ein Telegramm zu schicken, den heimlichen Liebhaber herbeizurufen. Leicht auch, der Gewohnheit der letzten sieben Jahre zu folgen und die Initiative dem Mann zu überlassen. Aber gerade das wollte sie diesmal nicht tun. Nichts beschämte sie mehr als die Erkenntnis dessen, was sie Logan mit ihrem Kind zu tun erlaubt hatte. Die nervöse, ältliche Pseudomutter mit ihrer strengen Routine, das klinisch saubere Kinderzimmer und die pedantisch aufgereihten Spielsachen. Die Mutter ausgesperrt, gehindert an jedem engeren Kontakt mit ihrem Kind.
    Das alles war jetzt vorbei. James hatte behauptet, daß sie Mut habe, und sie entdeckte zu ihrer Freude, daß er recht hatte. Daß sie Mut besaß, das Leben selbständig zu meistern und mit Logan um das Sorgerecht für ihr Kind zu kämpfen.
    Eileen trank den Kaffee aus und ging in ihr Schlafzimmer im zweiten Stock.

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