Bitterer Jasmin
versprechen, daß Sie hingehen.«
Sie warteten in der Abflughalle. Der Flug war schon aufgerufen worden, sie sollten eben durch die Passkontrolle gehen. Zwei iranische Polizisten kontrollierten alle Passagiere und das Handgepäck mit einem Detektor. Vor ihr war gerade ein großer Blonder dran, der wie ein junger, amerikanischer Professor aussah.
»Bestimmt, ich verspreche es«, versicherte Eileen. »Ich weiß gar nicht, was ich ohne Sie getan hätte, James.«
Er lächelte, sein dunkles Haar fiel ihm über die Stirn, als er sich zu ihr beugte. »Sie hätten es trotzdem gutgemacht«, sagte er, »Sie haben die Stärke aller Iren. Leben Sie wohl, Eileen, ich rufe Sie bald einmal an. Passen Sie gut auf sich auf, und machen Sie sich nicht zu viele Sorgen. Wenn Sie mich brauchen – ein Telegramm genügt, und ich bin schon unterwegs.«
Eileen zog seinen Kopf herab und küßte ihn; sie fühlte, wie seine Hand ihre Schulter umfasste. Dann wandte sie sich um und ging. Der Flug wurde eben zum letztenmal aufgerufen. Nach der Detektorprüfung gab man ihr die Handtasche zurück, und sie folgte dem Blonden zum Tor sieben.
Eine Iranerin im traditionellen Gewand mit verdecktem Gesicht, aus dem die Augen hervorlugten, trippelte ein paar Schritte vor ihnen. Sie trug einen kleinen Jungen mit aufmerksamen dunklen Augen, der gierig an seiner Faust lutschte. Obwohl das Kind gar nicht dem ihren ähnelte, mußte Eileen sofort an Lucie denken. Seit sie aus dem Entbindungsheim zurück war, hatte das Kind eine eigene Pflegerin gehabt. Sie war damals zu krank gewesen, um gegen die Annektion ihres Kindes zu protestieren. Erst jetzt, als sie das Flugzeug bestieg, wurde ihr plötzlich klar, daß Lucie seit ihrer Geburt nun zum erstenmal zu ihr gehören würde. Und daß sie mit Logan um jeden Schrittbreit kämpfen mußte, das Kind so zu erziehen, wie es ihr für richtig erschien.
Eileen nahm ihren Platz ein, befestigte den Sicherheitsgurt und öffnete das Buch, das sie schon am Tage zuvor hatte lesen wollen. Den Amerikaner neben sich bemerkte sie gar nicht. Beide würden sich später einmal unter ganz anderen Umständen daran erinnern, daß ihre vielen gemeinsamen Erlebnisse mit dieser ersten Reise begonnen hatten.
3
Während Jean Resnais in Orly auf Peters und Madeleine wartete, beobachtete er die Mädchen ringsum. Die hübsche Blonde gefiel ihm. Ein schmales Mädchen mit langen Haaren und winzigen Brüsten, die durch die Hemdbluse hervorstachen. Er hätte sie leicht erobern können, aber leider hatte er dazu jetzt keine Zeit.
Jean Resnais war klein und dunkelhaarig, mit blassem, intelligentem Gesicht, und konservativ gekleidet. Er trug eine Aktenmappe und sah aus wie ein wohlhabender Geschäftsmann von etwa dreißig Jahren. In Wirklichkeit war er fast fünfunddreißig und ein erfahrener Revolver- und Gewehrschütze. Sein Flug nach London sollte in einer Stunde abgehen. Als er zur Ankunftstafel ging, blickten ihm einige Frauen nach. Das Flugzeug aus Teheran war schon gelandet. Madeleine mußte jede Minute in der Abflughalle zu ihm stoßen. Soviel er wußte, nahm Peters den nächsten Flug nach London.
Und dann sah er sie schon durch die Kontrolle gehen. Sie trug nur einen leichten Koffer. Ohne sie zu begrüßen, folgte er ihr. Beim Sicherheitsposten wurde er gestoppt. Madeleine hatte man durchgelassen. Der Flug wurde bereits aufgerufen. Der Polizist tastete ihn von oben bis unten ab. Grinsend, als sei das Ganze ein Riesenspaß, stand Resnais mit erhobenen Händen da. Der Detektor wanderte über seine Aktenmappe und klingelte plötzlich laut. Resnais zuckte mit den Achseln, öffnete die Tasche und zeigte eine Metallflasche vor. Sie war voll mit Brandy. Sie winkten ihn weiter, er konnte das Flugzeug besteigen. Er setzte sich nicht in Madeleines Nähe und sah auch keine anderen Passagiere an. Sobald die Maschine abgehoben hatte, kippte er seine Lehne nach hinten und schlief ein. Eileen Field bemerkte er nicht, sie war vorne im Erste-Klasse-Abteil.
Auf dem Flughafen in London stellte sich Resnais bei der Taxischlange vor dem Gebäude Nummer eins an; Madeleine stand neben ihm, er grinste sie an. Sie hatten gemeinsam einen Trainingskurs in Syrien besucht, und sie mochte ihn nicht. Sein Lächeln erinnerte sie an einen Hund, der beißen wollte.
»Wo fährst du hin?« fragte er.
»Victoria Station.«
»Ich auch«, sagte er. »Da könnten wir doch zusammen fahren, die Taxis sind hier ohnehin so teuer.«
»Warum bist du nicht mit dem Bus
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