Bitterer Jasmin
einfach wegwischte. Sie rauchte die Zigarette zu Ende und zog ihr Kleid aus, legte sich im Unterrock auf das Bett. Es war zu heiß um zu schlafen. Um den Alptraum dieses stickigen Raumes zu verdrängen, rief sie die Erinnerung an ihre erste Begegnung mit Logan hervor.
Der Sohn der Besitzer von Clonagh Castle hatte sie heiraten wollen. Die Familien waren Nachbarn und Freunde. Besitz und Titel der Louth' gingen noch auf die Normannenzeit zurück – was ihren Bankier in Dublin aber nicht über die hohe Verschuldung trösten konnte. So mußte das Schloß zum Verkauf ausgeschrieben werden. Man lud Nachbarn ein, den reichen Engländer kennen zu lernen, der es – hoffentlich – kaufen würde. Eileen war zwanzig – trotz des unmodernen, hausgeschneiderten Kleides sah sie schön aus, schöner, als sie ahnen konnte. Für sie dominierte nur Logan, nachdem er den Raum betreten hatte. Ihr Vater, Lord Louth, der durchaus eine Persönlichkeit war, und schon gar sein Sohn, ihr Verehrer, verblassten neben Field wie Schemen – ihre ewig gleichen Witze, ihre endlosen Gespräche über Nachbarn und Pferde langweilten sie. Der Engländer hatte tausendmal mehr Wissen und Interessen und Autorität. Bei Tisch merkte sie, wie er öfter zu ihr herüberblickte.
Logan hatte das Schloß dann doch nicht gekauft. Irland und die Iren gefielen ihm nicht – das entdeckte sie aber erst nach ihrer Heirat. Als er sie traf, war sein Entschluß gefaßt – binnen eines Monats fand die Verlobung statt, ein Vierteljahr später befanden sie sich schon auf Hochzeitsreise.
Sie wachte aus ihrem Tagtraum auf, sah wieder die hässliche Nachttischlampe, hörte eine Mücke sirren. Wie verliebt sie beide waren. Sie scheu und unbeholfen – er geduldig und zart, bis sie die Leidenschaft begreifen und erwidern konnte. Das konnte doch nicht alles umsonst gewesen sein – die Liebe mochte sterben, aber es blieben doch Spuren zurück! Wenn er in Gefahr wäre, hätte sie alles gegeben, alles getan, um ihn zu retten. Er war ein starker Mann, voller Kraft; Widerstände forderten ihn heraus. Sie war ein Teil seines Lebens gewesen, wenn auch nicht der wichtigste. Rücksichtslos und ehrgeizig war er, aber auf seine Weise hatte er sie doch sehr gern gehabt. Wenn sie nicht darauf bestanden hätte, die Sache ans Licht zu zerren, ruhig geblieben wäre, hätte es keine Krise gegeben. Nein, er würde sie befreien – daran zweifelte sie keinen Augenblick.
Sie schlief ein, fing zu träumen an – ein langer, unzusammenhängender Traum, in dem sie an einem Seil ohne Ende aus dem Fenster kletterte und das Meer niemals näher kam. Und plötzlich war das Seil doch zu Ende, und sie fiel. Und wachte auf von dem Alp, sich in Peters Armen zu wehren und auf die Felsen zuzufliegen.
***
»Das glaube ich Ihnen nicht«, sagte Logan Field und trat drohend auf den Syrer zu, der aber nicht zurückwich. Er zuckte nur mit den Achseln und drehte beide Handflächen bedauernd nach oben.
»Ich bin nur Bote«, beteuerte er. »Ein Mittelsmann. Ich kann Ihnen versichern, daß diese Leute Ihre Frau vor drei Tagen verschleppt haben und daß sie ihre Drohungen wahrmachen werden.« Er schüttelte den Kopf. »Natürlich ist das ein Riesenschock für Sie. Ich kann das gut verstehen.«
»Ich glaube es einfach nicht«, wiederholte Logan. »Meine Frau ist in England. Wenn irgend etwas passiert wäre, hätte man es mir sofort mitgeteilt.«
»Anscheinend wurde es so gemacht, daß keiner von ihrem Verschwinden weiß«, sagte der Syrer. »Die Terroristen wollen ihre Aktion völlig geheim halten, das ist eine ihrer Bedingungen. Sie dürfen es niemandem sagen, und ich rate Ihnen auch, sich daran zu halten. Es ist eine sehr gefährliche Extremistengruppe.«
»Ich werde sie finden«, schäumte Logan, »ich werde die Polizei der ganzen Welt auf die Entführer hetzen.«
»Sowie Sie zur Polizei gehen oder irgend jemand etwas sagen, wird sie getötet«, entgegnete Saud Homsi ganz ruhig. »Erkundigungen können Sie natürlich einziehen, Mr. Field, aber wenn Sie Ihre Frau lebendig zurückhaben wollen, müssen Sie sehr, sehr diskret vorgehen.«
Field war ganz blaß geworden, er ballte die Hände zu Fäusten und öffnete sie wieder, ohne daß es ihm bewußt wurde. Als er die Nachricht hörte, schien es einen Moment lang, als wolle er sich auf den Boten stürzen und ihn niederschlagen.
»Sie sind also mit denen im Bunde! Syrien unterstützt solche Schweine ja noch, das wissen wir alle. Sie sind nicht so
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