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Bitterer Jasmin

Bitterer Jasmin

Titel: Bitterer Jasmin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyny Anthony
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eingeschaltet. Draußen war es dunkel, die Luft im Zimmer stickig heiß.
    »Vielen Dank«, sagte sie, »nun kann ich mich wenigstens richtig waschen.«
    Er nahm noch etwas aus seiner Tasche und ließ es auf den Handtuchhaufen fallen. Ein Männertaschenkamm.
    »Den können Sie auch haben«, brummte er.
    Eileen fühlte sich völlig erschöpft. »Mir ist so schrecklich heiß«, seufzte sie. Peters hatte eigentlich gleich wieder gehen wollen. Jetzt blieb er doch noch stehen.
    »Muß das Gitter vor dem Fenster eigentlich sein? Das Zimmer scheint doch ziemlich hoch zu liegen, und ich springe bestimmt nicht raus, das verspreche ich. Durch das Gitter kommt noch weniger Luft herein als normal. Ich fühle mich ganz erstickt hier drinnen.«
    »Es wurde für das Kind angebracht«, sagte Peters, »damit es nicht hinausfällt.«
    »Hätten Sie Lucie denn wirklich hier drinnen festgehalten?«
    »Nein, sie hätte hier geschlafen; Madeleine würde sich um sie gekümmert haben.« Er fingerte eine Zigarette hervor und steckte sie an. »Sie hätte tagsüber im Garten spielen können – es wäre ihr nichts abgegangen.«
    Wie schrecklich logisch und unmenschlich zugleich. Eileen stritt nicht mit ihm darüber, und ihren momentanen Impuls, ihm ihre Verachtung ins Gesicht zu schleudern, beherrschte sie rasch. Immer, wenn sie mit ihm sprach, schien es ihr, als tappe sie in völliger Dunkelheit. Es waren keine Dialoge, eher Erforschung einer ihr unbekannten Gattung von Wesen. Und im Gegensatz zu dieser Frau zeigte er keine persönliche Feindseligkeit.
    »Könnte ich auch eine haben?«
    Er blickte sie überrascht an, dann stand er auf und bot ihr die Schachtel, gab ihr Feuer.
    »Eines möchte ich gern wissen«, fragte sie nach einer Weile. »Warum haben Sie mich entführt?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen. Es ist jedenfalls nicht gegen Sie persönlich gerichtet.«
    »Es muß mit meinem Mann zu tun haben. Warum können Sie es mir nicht sagen?«
    Er sah sie nur an und blies den Rauch aus.
    Madeleine hatte sie arrogant genannt, lange mit ihm auf der Terrasse darüber gestritten, daß sie in den Keller gehöre und der Typ sei, der einem zu schaffen mache. Peters hatte ihr nicht zugestimmt und war auch jetzt noch nicht ihrer Meinung. Nichts an Eileen Field ärgerte ihn persönlich. Sie hatte auf eigene Gefahr ihr Kind gerettet und war offensichtlich mutig. Und sie benahm sich ihm gegenüber keineswegs aufsässig.
    »Ja, es hat mit Ihrem Mann zu tun. Mehr kann ich Ihnen nicht verraten.«
    Sie fuhr sich mit dem Kamm durch die Haare. Ein Zahn war schon ausgebrochen – es war sein eigener Kamm. Was für hübsche Haare sie hatte – sie wellten sich von Natur um ihr Gesicht. »Und wenn er das Lösegeld nicht zahlt – was immer man da von ihm verlangt?«
    »Doch, das tut er bestimmt. Allerdings wäre das Kind eine bessere Geisel gewesen.«
    »Wie gemein Sie sind! Haben Sie denn überhaupt kein Gefühl? Ist Ihnen nicht klar, daß es nichts Schändlicheres gibt, als ein kleines Kind für solche Zwecke zu missbrauchen? Ich will mich nicht mit Ihnen darüber streiten; zum Glück habt ihr sie ja nicht gekriegt. Aber wie man so was überhaupt sagen kann!«
    »Unsere Vorstellungen sind eben verschieden«, sagte er nur. Ob er ihr seinen Standpunkt wohl klarmachen konnte? In der Befreiungsarmee hatte jeder die Pflicht, alle Gelegenheiten zu nutzen, um die Kampfziele zu erklären. Manche Gefangene waren schon bekehrt worden und hatten gebeten, mitkämpfen zu dürfen. Sie war mutig und klug – keine dieser hirnlosen, reichen Frauen in den Staaten. Nicht von jener Sorte, die bloß heulte und klagte. Und das Zimmer war wirklich zu heiß. Auch ihm klebten bereits die Sachen am Leib.
    »Sie sehen nur Ihr Kind«, sagte er, »ich sehe ein ganzes Volk. Tausende Kinder, nicht nur eines. Kinder ohne Essen und schützendes Dach, ohne Hoffnung und Zukunft. Sehe ihre Familien, krank, zerlumpt, in elenden Hütten aus Packkisten. Um dagegen etwas zu unternehmen, hätte ich Ihr Kind entführt, Mrs. Field, und ich sehe nichts Schlechtes daran, solange dem Kind nichts passiert.«
    »Und wenn ihm was passiert – wenn es krank wird oder einen Unfall hat –, würden Sie es dann auch noch rechtfertigen?«
    »Das Ziel würde es rechtfertigen.«
    »Die alte Jesuitenlüge – Entschuldigung für alle Verbrechen auf dieser Erde. Und was passiert, wenn mein Mann nicht auf die Bedingungen eingeht? Das Geld nicht 'rausrückt – was passiert dann mit mir?«
    Er stand auf.

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