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Bitterer Nachgeschmack - Anthologie

Bitterer Nachgeschmack - Anthologie

Titel: Bitterer Nachgeschmack - Anthologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Senghaas , Iny Lorentz
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vor einem Mörder beschützen!«
    Zu Maruhns Glück entdeckte sie noch im gleichen Moment, dass im zweiten Stock des Hauses noch Licht brannte. »Das Dienstmädchen hat wohl wieder einmal vergessen, das Gaslicht abzudrehen. Na, der werde ich etwas flüstern!«
    Mit dieser Drohung stieg sie die Stufen zur Haustür empor und holte ihren Schlüssel aus der Handtasche. Bevor sie jedoch aufschloss, drehte sie sich zu Maruhn um.
    »Sie werden, wie es sich für einen Hausdiener geziemt, den Dienstboteneingang nehmen!«
    »Hören Sie ...!«, rief der Detektiv empört, doch da kramte sie bereits einen weiteren Schlüssel aus der Tasche und warf ihm den vor die Füße.
    »Sie müssen durch den Durchgang dort gehen. Dann ist es die erste Tür links«, sagte sie noch, schloss auf und trat ein.
    Maruhn hatte sich instinktiv gebückt, um den Schlüssel des Hintereingangs aufzuheben, wollte ihr aber dennoch durch die Vordertür folgen. Als er die Treppe hochkam, hatte sie ihm jedoch die Tür schon vor der Nase zugeschlagen.
    »So eine dumme Kuh!«, sagte er wütend und streckte schon die Hand zum Klingelzug aus. Er begriff jedoch, dass Hedda Rebenstock ihm niemals öffnen würde. Dabei schwebte die Frau in höchster Gefahr. Wenn nicht das Dienstmädchen es versäumt hatte, das Licht zu löschen, sondern sich Friedrich Rebenstocks Mörder in dem Haus aufhielt, konnte dies fatale Folgen haben.
    Dieser Gedanke trieb Maruhn vorwärts. Trotz seines schmerzenden Beins lief er zu dem Durchgang und tastete sich durch die Schwärze bis zum Innenhof. Die Tür, die Hedda Rebenstock ihm genannt hatte, lag ebenfalls im Dunkeln, und es dauerte ein wenig, bis er sie fand und den Schlüssel ins Schloss brachte. Als er öffnete, horchte er mit angespannten Sinnen und trat möglichst lautlos ein. Noch während er die Tür hinter sich schloss, hallte Hedda Rebenstocks durchdringendes Organ durch das Haus.
    »Was hast du hier verloren, Waldemar? Das ist immer noch meine Villa!«
    Waldemar Rebenstock war einer der Neffen des ermordeten Ehemannes, so viel hatte Maruhn vom Staatsanwalt von Bucher erfahren. Die Tatsache, dass er sich zu dieser nächtlichen Stunde im Haus befand, machte den Mann zum Hauptverdächtigen. So rasch er konnte, hastete Maruhn durch den rückwärtigen Korridor zum Treppenhaus und sah nach oben. Durch die offene Tür eines Zimmers im zweiten Stock fiel Licht auf zwei Personen. Eine davon war die Hausherrin, die eben zornig schimpfend ihren Gehstock hob, die andere ein Mann um die 30 in einem karierten Anzug. Gerade packte dieser Hedda Rebenstock, riss sie herum und hielt ihr den Mund zu.
    »Jetzt wirst du meinem verehrten Onkel in die Hölle folgen, du Teufelin!«, rief er höhnisch, wuchtete die Frau hoch und kippte sie über das Treppengeländer.
    Maruhn sah die Frau fallen und streckte unwillkürlich die Arme aus, um sie aufzufangen. Ihr Gewicht traf ihn wie ein Dampfhammer. Zwar gelang es ihm, ihren Sturz abzubremsen, aber er konnte sich nicht auf den Beinen halten und stürzte mit ihr zusammen zu Boden. Ein Schmerzensschrei erscholl, dann schlug sie ihm hart gegen die Brust.
    »Was sind Sie für ein Tölpel!«
    »Der Kerl ist gleich ein toter Tölpel!«, höhnte der Neffe ihres Mannes, lief die Treppen hinab und musterte Maruhn auf dem letzten Treppenabsatz mit einem verächtlichen Blick.
    »Das ist wohl dein neuer Hausdiener, liebste Tante. Ich bedauere, dass er dir auf deinem Weg in die Unendlichkeit folgen wird.«
    Da Maruhn noch immer halb betäubt auf dem Boden kniete, glaubte Waldemar Rebenstock, leichtes Spiel mit ihm zu haben. Auf dem Weg nach unten nahm er eines der Ritterschwerter von der Wand, mit denen sein Onkel das Treppenhaus geschmückt hatte, und trat auf den Detektiv zu.
    Dieser schüttelte sich und raffte sich auf. Vor ihm lag noch immer die Frau, die sich anscheinend bei dem Sturz verletzt hatte. Zwar hatte er starke Schmerzen in den Schultern und in seinem verkrüppelten Bein, aber wenn er diese Situation überleben wollte, durfte er dieser Schwäche nicht nachgeben. Mit äußerster Willensanstrengung zog er seinen Revolver und richtete ihn auf den Mörder.
    »Lassen Sie das Schwert fallen und heben Sie die Hände, sonst schieße ich Sie nieder!«
    Einen Augenblick sah der Mann ihn verblüfft an, machte dann aber eine verächtliche Geste. »Glaubst du, ich hätte Angst vor dir Klappergestell?«
    Da zog Dirk Maruhn den Stecher durch. Der Knall des Schusses hallte im Treppenhaus wider und Waldemar

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