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Bitterer Nachgeschmack - Anthologie

Bitterer Nachgeschmack - Anthologie

Titel: Bitterer Nachgeschmack - Anthologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Senghaas , Iny Lorentz
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ich mir nicht vorstellen, jemals für jemand anderen tätig zu sein.«
    Er lächelte nachsichtig. »Nun, wir werden sehen. Doch jetzt fahren Sie nach Hause. Und wenn Sie jemanden zum Reden brauchen, können Sie mich jederzeit anrufen.«
    »Ich danke Ihnen, Herr Dr. Hermanns.«
    Ein Jahr später...
    Sie hätte nie vermutet, wie viel Arbeit es kostete, umfangreiche Hilfsprojekte ins Leben zu rufen und das Geld einigermaßen gerecht zu verteilen. Inzwischen verfügte sie über acht ehrenamtliche Mitarbeiter, und doch konnte sie der vielen Anfragen und Bitten um Unterstützung einzelner Vorhaben kaum Herr werden. Trotzdem ließ es sich Sabrina Berger nicht nehmen, den Kontakt zu den Empfängern der Organe von Professor Perl aufrechtzuerhalten. Sie war sogar der Einladung zur Erstkommunion des kleinen Mark gefolgt. Aus irgendeinem Grund lag ihr dieser Junge ganz besonders am Herzen. Dass sein Körper ausgesprochen wohlwollend auf die neue Niere reagiert hatte, war für Frau Berger ein Wink des Schicksals. Sah man ihn mit seinem älteren Bruder spielen und herumtollen, schien es fast, als wäre Mark niemals krank gewesen. Als besonders liebevolle Geste hatte Sabrina Berger es empfunden, dass Marks Eltern ihrem Sohn zu Weihnachten eine Labradorhündin geschenkt hatten, die er auf den Namen Perle taufte. Sie werde sein Schutzengel sein, wenn er wieder einmal einen brauche, hatte Mark zu Sabrina gesagt.
    Zufrieden sah sie die Bilder durch, die der Junge ihr in dieser Woche geschickt hatte, und legte sie dann zu den anderen Fotos, die sie in ihrer Schublade aufbewahrte.
    Noch ein Telefonat wollte sie führen, dann wäre ihr Arbeitstag geschafft. Es ging um ein Denkmal für Professor Perl. Man hatte es ihr zugesagt, sollte aus dem Stiftungsvermögen tatsächlich die Schule gebaut werden, die Sabrina Berger einem kleinen Dorf in Aussicht gestellt hatte.
    Die Grundsteinlegung war längst erfolgt. Von dem Denkmal war hingegen keine Rede mehr. Sie griff nach dem Telefonhörer und wählte die Nummer. Nach längerem Klingeln meldete sich ein Anrufbeantworter. Sie verzichtete darauf, eine weitere Nachricht zu hinterlassen, legte auf und lehnte sich in ihrem Bürosessel zurück.
    In diesem Punkt würde sie womöglich scheitern, musste sie sich eingestehen.
    Ihre Assistentin klopfte kurz und betrat dann ihr Büro.
    »Frau Berger, ich habe hier eine Eilanfrage. Ein vierjähriger Junge, der eine Operation braucht, die in Deutschland durchgeführt werden könnte. Er stammt aus Nigeria. Die Eltern können den Eingriff nicht bezahlen.«
    Sabrina Berger bat mit einer Handbewegung um die Akte, die ihre Assistentin ihr sogleich reichte. Hastig blätterte sie durch die Seiten.
    »Genau für solche Kinder wurde diese Stiftung gegründet«, sagte sie und reichte die Mappe zurück. »Leiten Sie alles in die Wege. Natürlich werden wir dem Kind helfen. Ich bin sicher, unser Professor Perl wäre sehr zufrieden mit uns.«

Nora Berger
Ein mysteriöser Fall
    »M EINE T OCHTER !« Der Priester mit dem Sakrament der Letzten Ölung rückt näher an das Prunkbett, in dem die Sterbende, umringt von ihrer Familie, in den weißen Spitzenkissen liegt. »Möchtet Ihr nicht Euer Gewissen erleichtern - beichten, bevor Ihr vor den Thron Gottes tretet?«
    Die Herzogin von Bouillon schlägt die Augen auf, als komme sie von weit her. Sie nickt und der Priester beugt sein Ohr dicht an ihre Lippen.
    »Ich ...«, sie hat Mühe zu sprechen, doch dann fällt ihr Kopf zur Seite und ihre Augen brechen. »Gott vergebe Euch!« Der Priester schlägt das Kreuzzeichen und zieht sich enttäuscht zurück. Er hatte gehofft, den Schleier des dunklen Geheimnisses, der immer noch über dem Tod der Schauspielerin Adrienne Lecouvreur liegt, in dieser Stunde zu lüften. Wer von all den Menschen, die sie damals umgaben, trägt nun wirklich eine Schuld? Er wird den Abend niemals vergessen, an dem er selbst verbotenerweise im Theater der Comé- die Française saß und der Schauspielerin zujubelte. Es war der Tag, an dem sich ihr Schicksal entschied.
    »Schon der fünfte Vorhang!«, ruft die Zofe Marie mit der rosa Schleife im Haar aufgeregt in die Kulissen. »Schnell, Mademoiselle, zeigen Sie sich noch einmal! Das Publikum tobt!«
    Adrienne Lecouvreur tritt hinaus und verbeugt sich ein über das andere Mal graziös nach allen Seiten. Der aufbrandende Applaus des Pariser Publikums, der nicht enden will, braust in ihren Ohren.
    »Sie waren großartig, Mademoiselle Adrienne«, schmeichelt ihr

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