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Bitteres Blut

Bitteres Blut

Titel: Bitteres Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Voss
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sich auf Lorinser, als könnte er dort die Bestätigung seiner Zweifel finden. »Dass Böse sich die schwere Kopfverletzung nicht selbst beigebracht hat, setzen Sie aber auch nicht voraus, nicht wahr? Oder wollen Sie den Tatbestand, wie man so schön sagt, aus ermittlungstechnischen Gründen in der Schwebe halten?«
    »Weder noch«, sagte Steinbrecher. »Ich frage mich aber, woher Sie Ihre detaillierten Informationen haben.«
    »Von Dischen, unserem Subunternehmer, der die Leiche entdeckt und mit seinen fantasievollen Erzählungen den Dorffunk bereits zu wilden Spekulationen aufgeheizt hat. Fragen Sie mal im Polizeirevier nach, was sich hier abspielt! Die Gerüchteküche läuft prächtig und … auch wenn alle Menschen Brüder sind, heißt das noch lange nicht, dass sie brüderlich miteinander umgehen. Das ist Hochwasser auf Böses Mühle … Unsere lang anhaltenden Auseinandersetzungen … Der Bursche wird auf meinem Land gefunden, der geradezu reflexhafte Hass des Alten … Ich habe gar keine andere Wahl, als mich wieder einmal juristisch zu wehren! Was soll ich sonst machen?«
    »Uns helfen, den Fall zu klären«, sagte Lorinser, entschlossen, die Befragung nicht zu einem Plauderstündchen verkommen zu lassen.
    Kröger hob hilflos die Hände und schüttelte den Kopf. »Würde ich ja von Herzen gerne, aber was kann ich tun? Den Finger in denWind halten und raten, wer es gewesen ist?« Er lachte bitter auf. »Sie können in aller Gelassenheit Ihre Arbeit machen, aber ich bin hilflos. Ich werde verleumdet und von diesem Irren beschuldigt, ein fürchterliches Verbrechen begangen zu haben. Wissen Sie, wie es ist, wenn Sie einen Laden betreten und die Gespräche verstummen?« Seine Hände sanken auf die Tischplatte. »Meine Frau kam vorhin heulend aus der Apotheke. Begreifen Sie eigentlich, in welche Lage wir gebracht worden sind?«
    »Klingt, als vermuteten Sie eine Verschwörung.«
    Kröger seufzte, als litte er an heftigen Schmerzen. Seine Mundwinkel zuckten. »Ich weiß nicht, ob es eine Verschwörung ist, aber ich weiß, dass Böse zu allem fähig ist.«
    »Auch, dass er seinen Sohn umbringt, den er sozusagen als Waffe gegen Sie eingesetzt hat?«
    »Erstens ist das nicht sein Sohn und zweitens …« Er winkte ab. Sein Gesicht schien zu zerfallen. Die Augen wirkten leer und müde.
    »Und zweitens?«, fragte Lorinser, bemüht, das aufkeimende Mitgefühl zu unterdrücken. Emotionales Engagement kannst du dir bei deiner Freundin, deiner Frau und deinen Kindern erlauben, hatten seine Ausbilder ihm schon im ersten Seminar vermittelt, nicht bei der Aufklärung. Verlierst du die Distanz zur Sache, gehen zuerst deine Fälle, später du selbst auf Krücken.
    »Zweitens«, stieß Kröger mit ermatteter, dumpfer Stimme hervor, »weiß er, dass er nicht mehr viel Zeit hat. Er geht auf die neunzig zu. Ich kann mir vorstellen, dass er jeden Preis zu zahlen bereit ist, um doch noch an sein Ziel zu gelangen. Es wäre nicht seine erste Schweinerei.«
    »Eine davon war die Adoption. Sie hat Ihnen einigen Schaden zugefügt.«
    »Schaden?« Kröger lachte trocken auf. »Er hat mich um den Lohn Jahrzehnte langer Arbeit gebracht.«
    »Um einige Millionen, heißt es.«
    »Ja. Um Millionen, um Land, um Gebäude. Er hat mich in eine äußerst peinliche Situation manövriert, mich der Lächerlichkeit preisgegeben und mich meiner Ehre beraubt. Das Gewieher der Neider klingt noch immer in meinen Ohren. Ja, er hat mir unermesslichen Schaden zugefügt.« Er blickte Lorinser herausfordernd an. »Sie fragen sich natürlich, ob mit dem Tod des Jungen der ursprüngliche Vertragsstand wieder hergestellt ist?«
    »Ist er?«
    Kröger zögerte. Lorinser hatte den Eindruck, einen Pokerspieler vor sich zu haben, der das Blatt seines Gegenübers abzuschätzen versucht. Der Brisanz der Frage war er sich jedenfalls bewusst. »Wenn es in dieser Welt gerecht zuginge, müsste es eigentlich so sein«, sagte er verhalten. »Meiner Einschätzung nach bin ich im Recht. Ob meine Einschätzung vor Gericht Bestand hat, wird sich erweisen.«
    »Sie wollen also klagen?«
    »Selbstverständlich werde ich meinen Rechtsanwalt bitten, die Aussichten einer Klage zu prüfen. Als Betrogener habe ich nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, eine Klärung herbeizuführen. Dabei geht es mir letztlich nicht unbedingt um den materiellen Aspekt der Sache, es geht mir insbesondere um Genugtuung, um Wiedergutmachung und, so altmodisch es Ihnen auch erscheinen mag, um die

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