Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bitteres Blut

Bitteres Blut

Titel: Bitteres Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Voss
Vom Netzwerk:
richtig wütend gemacht. Aber Schwamm drüber. Warum sind Sie eigentlich wieder hier? Ich habe Ihnen doch alles gesagt.«
    Das ist die Frage, sagte sich Lorinser, der Lust verspürte, sich eine Zigarette anzuzünden, aber trotz der rauchenden Melanie darauf verzichtete. »Wir möchten den genauen Zeitpunkt der Abfahrt Böses von Ihrem Haus feststellen.«
    »Das habe ich Ihnen doch klar gesagt! Es war kurz nach Mitternacht.«
    »Zum gleichen Zeitpunkt soll er an anderer Stelle gewesen sein.«
    »Das ist unmöglich!«, rief sie heftig und suchte den Blick ihres Sohnes.
    »Das kann ich nur bestätigen«, sagte Moritz nickend. Er deutete mit dem Zeigefinger an die Decke. »Ich bin nach oben gegangen, als meine Mutter ihn nach draußen brachte. Das war ganz sicher kurz nach Mitternacht.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Im Radio liefen die Null-Uhr-Nachrichten. Ich habe nicht den geringsten Zweifel.«
    »Ich bin mir auch ganz sicher«, sagte Gertraude Simmerau und schlug mit der Kuchengabel gegen ihren Teller. »Es ist höchstens zehn Minuten nach Mitternacht gewesen. Ich habe noch meinen Kaffee getrunken und dabei die Nachrichten gehört. Nicht von Anfang an, aber einen Teil. Wer ist das denn, der behauptet, dass Jamie zu dieser Zeit nicht hier gewesen ist?«
    Schämie .
    »Sein Vater«, sagte Lorinser, »Auch er ist sich seiner Sache sehr sicher.«
    Gertraude Simmerau vollführte mit der Kuchengabel einen energischen Kreis, als könnte sie so den Einwand aus der Welt schneiden. »Ich weiß nicht, warum er das sagt, ich weiß nur, dass er sich irren muss. Bei seinem Alter und seiner Verrücktheit ist das auch kein Wunder.«
    »Wir werden es herausfinden«, sagte Lorinser und erhob sich. »Für uns war’s das schon. Das heißt … hat er sie um Geld gebeten?«
    »Warum hätte er das tun sollen?«
    »Wir wissen, dass er welches gebraucht hat.«
    »Haben Sie ihn gefunden?«
    »Ja«, sagte Lorinser.
    Gertraude Simmeraus Augen weiteten sich. Die Kuchengabel fiel auf den Teller. »Ist er … ich meine, wie geht es ihm denn?«
    Ganz schön absurd die Frage, dachte Lorinser, dem das Bild des am Haken pendelnden Toten ins Gehirn wischte. Er sah dasplötzlich gespannte Gesicht der fülligen Frau, die, das war wenigstens sein Eindruck, den Atem anzuhalten schien, das Zittern ihrer schwarz-violett getünchten Lider und die zur Faust geballte Rechte über der heruntergefallenen Gabel. Äußerte sich in diesem nur mühsam beherrschten Beben die Furcht einer Liebenden? Moritz blickte gelangweilt aus dem Fenster. Melanie zerhackte mit der qualmenden Zigarettenkippe ihren noch nicht gegessenen Kuchen. Die pure Gelassenheit war sie jedenfalls auch nicht.
    »Er ist tot«, sagte Lorinser.
    »Um Himmels willen!«, entfuhr es Melanie, ehe sie mit beiden Händen ihr Gesicht bedeckte. Moritz schüttelte einfach nur den Kopf, als hätte sie etwas Ungehöriges getan. Das Aufstöhnen seiner Mutter veranlasste ihn, spontan nach ihrer Hand zu greifen. Aber sie wehrte sie wie ein lästiges Insekt ab, auch jetzt die souveräne Chefin, die im wahrsten Sinne des Wortes nichts anderen Händen zu überlassen bereit war. Erst recht nicht während dieses Augenblicks fehlender Kontrolle. Sie fasste sich schnell.
    »Wie ist es dazu gekommen? Zu schnell gefahren? Ein Unfall?«
    Sie kann also auch Hochdeutsch, stellte Lorinser fest. »Wir haben noch keine genauen Erkenntnisse«, sagte er. »Tut mir leid.«
    »Aber wenn Sie ihn gefunden haben, müssen Sie doch wissen, wie er zu Tode gekommen ist!«
    »Genau das wird im Augenblick untersucht«, sagte Lorinser, während er sich erhob und damit signalisierte, dass er keine weiteren Fragen hatte. Er nickte Steinbrecher zu. Frau Simmerau seufzte hörbar.
    »Irgendwann stirbt jeder«, murmelte Moritz, den Blick starr auf seine Hände gerichtet. »Dagegen ist leider noch kein Kraut gewachsen.«
    Steinbrecher runzelte die Stirn. »Gegen Totschlag oder Mord schon«, sagte er grimmig, während er die Hände auf den Tisch stemmte und aufstand.

8
    »Also, ich weiß nicht«, sagte Steinbrecher, während er sich den Sicherheitsgurt anlegte. »Wie ’ne Frau, die ihren Heißgeliebten verloren hat, kam sie mir nicht gerade vor. Da würde ich schon eher auf die Tochter tippen. Bei der war’s ein ziemlich heftiger Einschlag. Im Übrigen hätte ich an deiner Stelle nachgehakt, mit wem sie in der Nacht verabredet war.«
    »Du hast dich auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert.«
    »Ich sag das ja nicht, weil ich dich kritisieren

Weitere Kostenlose Bücher