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Bitteres Blut

Bitteres Blut

Titel: Bitteres Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Voss
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will. Ich frag mich nur, ob das nicht vielleicht Böse gewesen sein kann. Im Sinne von Verbotene Liebe , verstehst du?«
    »Der sie im Zelt angemacht und dann sitzengelassen hat?«
    »Dem der Zeitplan durcheinandergeraten ist. Das würde erklären, wieso er Frau Mutter hat abblitzen lassen.«
    »Ihre Verabredung war um zwölf.«
    »Ja und?«
    »Selbst wenn er betrunken war, kann er nicht damit gerechnet haben, dass Melanie so lange auf ihn wartet.«
    »Hat sie aber. Wenigstens annähernd. Sie hat gesagt, Böse und ihre Mutter wären schon nicht mehr im Festzelt gewesen, als sie dort wieder aufkreuzte. Wenn die beiden kurz vor Mitternacht im Haus eingetroffen sind, muss sie so lange gewartet haben. Sie hat dort gegessen. Erinnerst du dich?«
    »Gulaschsuppe, ja.«
    »Richtig. Wenn es ein Muto-Verhältnis gewesen ist, könnte sich daraus ein geradezu klassisches Motiv entwickelt haben.«
    »Muto?
    »Mutter und Tochter, Mensch! Es kann doch sein, dass er es mit beiden gleichzeitig getrieben hat, so wie es mit seinem Spermahaushalt stand!«
    »Ich weiß nicht …«
    »Dass die Kleine ziemlich aggressiv sein kann, haben wir gerade eben erlebt. Nehmen wir an, sie ist den beiden auf die Schliche gekommen. Vielleicht ist sie total frustriert nicht zum Festzelt, sondern nach Hause gefahren und hat dort mitgekriegt, was zwischen den beiden läuft. Sie steht sowieso unter Dampf. Dann der Schock der Erkenntnis. Für so ein Mädchen bricht die Welt zusammen. Sie glüht vor Zorn, sie fährt ihm nach, stellt ihn, pfeift ihn an. Er spielt vielleicht noch den Macho. Sie verliert die Kontrolle und … bumm, knallt sie ihm irgendwas an den Schädel.«
    »Hast du deshalb den Text in Richtung Mord vom Stapel gelassen?«
    »Ich wollte wissen, wie sie darauf reagiert. Und sie war ja auch die Einzige, die Wirkung gezeigt hat. Ihr Bruder … Eiskalt, sage ich dir. Das ist so einer, der nur losheult, wenn ihm jemand an den Opel fährt. Und Frau Mutter …« Steinbrecher winkte ab. »Es gibt Schauspieler, die immer einen Tick neben der Rolle liegen, falsche Gestik, falsche Stimme. Das Mädchen ist echt. Sie weiß, was Schmerz ist. Sind dir die vielen Narben aufgefallen?«
    Lorinser nickte. Und ob sie ihm aufgefallen waren. Sie erinnerten ihn an Babs, die eigentlich Barbara hieß, den Star seiner Klasse. Steile Karriere, reiche Heirat und nach wenigen Monaten der Sturz in die Hölle der Selbstverletzungen. Zuerst hatte sie sich nur die Haare herausgerissen, später mit allen möglichen Instrumenten ihren Körper verwundet, bis sie schließlich in der Psychiatrie gelandet war.
    »Könnte mit Borderline zu tun haben«, sagte er, während er das Auto in Richtung Dümmerdeich lenkte. »So wie sie drauf ist.«
    »Oder sie ist mal fürchterlich misshandelt worden. Wir hatten mal so einen Fall. Vier Jugendliche haben ein junges Ding vergewaltigt und sie anschließend mit ihren glühenden Kippen gequält. Die ist fertig für’s ganze Leben. Wenn Melanie was Ähnliches erlebt hat … wenn sie dann so was mitmacht …das ist … sie hat ja eingestanden, dass sie erst um drei oder noch später nach Hause gekommen ist.«
    Die Sonne stach Lorinser in die Augen. Er klappte die Blende herunter und versuchte die Bilder zu sortieren, die Steinbrecher heraufbeschworen hatte. Es widerstrebte ihm, Melanie in der Rolle einer Leichen schleppenden Totschlägerin zu sehen. Es konnte natürlich sein, dass sie Böse da draußen an der Güllegrube getroffen hatte. Möglich, dass sie schon in Hüde zu ihm in den Porsche gestiegen war. Dass sie zusammen getankt und danach nach Lembruch gefahren waren. Um das Problem zu bereden, das dann irgendwann in heftigen Streit und dem blutigen Drama endete. Über die Kraft, den Toten in die Güllegrube zu zerren, verfügte sie sicherlich. Was ihn an dem Bild störte, war die um Böses Kopf verschnürte Plastiktüte. Warum hätte sie ihm die überstülpen und so sorgsam verschnüren sollen?
    »Ja«, sagte Steinbrecher, »den Grund, warum sie ihm die Tüte übergestülpt hat, kann ich leider auch nicht nennen. Aber in solchen Situationen passieren die verrücktesten Sachen.«
    »Um null Uhr achtundfünfzig, das belegt die Kartenzahlung, hat Böse noch gelebt.«
    »Ja und?«
    »Wenn Melanie, wie sie behauptet, irgendwann gegen drei nach Hause gekommen ist, hätte sie lediglich zwei Stunden Zeit gehabt, den Kerl umzubringen, ihn an die Stele zu hängen, ihn wieder abzunehmen und ihn in der Güllegrube zu versenken. Und, vergiss

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