Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bitteres Blut

Bitteres Blut

Titel: Bitteres Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Voss
Vom Netzwerk:
mahlten. Sein Blick, den die Empörung über den Verdacht verdüsterte, irrte an Lorinser vorbei in den klaren Himmel, durch den ein Pulk kreischender Möwen segelte. Lorinser erwartete Protest. Aber der Journalist schwieg, als hätten sich seine Klagen in der Enge seiner Kehle verfangen.
    »Ich habe das Maklerschild neben der Einfahrt gesehen«, sagte Lorinser in das bedrückende Schweigen hinein. »Wenn ich mich richtig erinnere, wollten Sie nicht verkaufen.«
    »Das Leben richtet sich nicht immer nach dem Wollen aus.«
    »Ja, da ist was dran.«
    »Sie tun nur Ihre Pflicht, nicht?«
    »Ich versuche, meine Arbeit so gut wie möglich zu machen. Nicht immer zur Zufriedenheit der Häuptlinge.«
    »Ich vermute, Sie haben sich Ihren Job selbst ausgesucht.«
    »Habe ich. Aber nicht die Fälle. Und erst recht nicht die Menschen, die in ihnen vorkommen.«
    »Richtig: Menschen! Menschen, die sich, ob zufällig oder wegen einer ungünstigen Konstellation, aus heiterem Himmel schwersten Verdächtigungen ausgesetzt sehen, obwohl sie nichts, aber auch gar nichts mit der Geschichte zu tun haben! Die aber Angst haben, im Netz hängenzubleiben, weil der Anschein so wunderbar plausibel ist. Später, wenn es zu spät ist, heißt es dann lapidar Justizirrtum. Wäre ja nicht der erste, nicht wahr?«
    Lorinser ließ den Zigarettenstummel fallen und zertrat ihn. Mit gespielter Gleichgültigkeit betrachtete er das noch immer verkniffene Gesicht seines Gegenübers, sah die schmalen Augenschlitze, die tiefe Falte zwischen den Augenbrauen und das Zucken der Lippen. Ihm war, als wehte ihm der heiße Hauch einer zwar beherrschten, aber auch beherrschenden Angst entgegen.
    »Das ist wohl so«, sagte er leise.
    Halvesleben stöhnte laut auf und schüttelte verständnislos den Kopf. »Mehr fällt Ihnen dazu nicht ein?«
    »O doch. Ich könnte Ihnen einen langen Vortrag über unsere an Beweisen orientierte Ermittlungsarbeit halten. Ich bezweifle aber, ob das hilft, Ihnen Ihre Bedenken und Ängste zu nehmen. Tatsache ist allerdings auch, dass die Gefängnisse voller Leute sind, die trotz eindeutiger Schuld Ihre Unschuld behaupten. Und noch etwas, Herr Halvesleben: Sie spielen in diesem Fall eine Rolle. Es ist nun mal unsere Aufgabe, herauszufinden, welche das ist.«
    Halvesleben blickte über den Polizisten hinweg in den wolkenlosen Flugraum der Möwen, als könnte er dort die heilende Medizin gegen sein mit Angst munitioniertes Misstrauen finden. Fand er aber nicht, wie sein spöttisches Lachen bewies. »Als Sie vorhin das Verkaufsschild erwähnten«, stieß er heftig hervor, »war mir Ihre Absicht sofort klar. Wieso macht er das? Wieso ausgerechnet jetzt? Hat er doch Dreck am Stecken? Bereitet er seine Flucht vor? Ich habe mich in diesem Augenblick mit Ihren Augen betrachtet. So gesehen, haben Sie ja nicht mal Unrecht. Die Nähe zum Deich, die Ohrfeige, ein fragwürdiges Alibi …Und Ehefrauen werden doch nicht ihren Mann in die Bredouille reiten, nicht wahr? Und dann der scheinbar plötzliche Sinneswandel hinsichtlich des Verkaufs … Perfekt, einfach perfekt!« Er griff sich an die Stirn. »Diese Logik! Und Sie stehen da, Sie wissen, dass Sie nichts, aber auch gar nichts mit dem Tode des Burschen zu tun haben, aber dennoch Gefahr laufen, dafür an den Kanthaken genommen zu werden.«
    »In welcher Welt leben Sie eigentlich?«
    »Wie wäre es mit einer, in der die Häuser unbequemer Leute in Flammen aufgehen?«
    »Das ist nicht Ihr Ernst, oder?«
    Halvesleben biss sich auf die Lippen. Er suchte den Blick des Beamten, als wollte er dessen Vertrauenswürdigkeit prüfen. Er hob die rechte Hand, ließ sie wieder sinken. Seine Stimme war wie ein hoffnungsloses Seufzen. »Fällt schwer, so was zu glauben, nicht?«
    »Nicht, wenn es sich beweisen ließe.«
    »Mit den nötigen Summen im Rücken ist es ein Leichtes, Spuren zu manipulieren oder zu unterdrücken.«
    »Ich bitte Sie!«
    »Auch, wenn achthundert Millionen im Spiel sind?«
    »Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?«
    »Das liegt mir fern«, sagte Halvesleben. »Ursprünglich waren es sogar zwei Milliarden, mit denen unsere Seite des Sees zubetoniert werden sollte.«
    »Das Projekt ist, wie ich hörte, verhindert worden.«
    »Ja, dank des Mannes, dem es zu verdanken ist, dass die Bevölkerung aufwachte und sich gegen die drohende Katastrophe wehrte. Und der, als ihm sein Haus über dem Kopf angezündet wurde, schmählichst im Stich gelassen wurde. Ein Trauerspiel«, fügte Halvesleben bitter

Weitere Kostenlose Bücher