Bitteres Blut
nach Aussage des Platzwartes in großer Eile das Gelände verlassen undist auf dem Parkplatz in einen dort auf ihn wartenden gelben Sportwagen gestiegen. In einen gelben Sportwagen , begreifst du?«
»Und der hatte schwarze Streifen an den Seiten?«
»Das ist die Frage«, dämpfte Steinbrecher seinen Enthusiasmus. »Ich habe den Platzwart selbstverständlich danach gefragt, aber darauf wollte er sich nicht festlegen. Angeblich hatte er wegen einer Hecke oder einigen Sträuchern keine freie Sicht. Aber dass es ein gelber Sportwagen war, da war er sich sicher. Und auch, dass Kröger auf dem Beifahrersitz Platz genommen hat. Es kann also durchaus sein, dass Böse am Steuer saß.«
»Nicht, wenn Böse um acht Uhr auf dem Schützenfest war.«
»Mann, Kristian, dafür gibt es keinen eindeutigen Beweis. Nichts spricht dagegen, dass er zwischendurch mal eben nach Damme gefahren ist.«
»Aber reichlich Hinweise, Franz. Bossen, Halvesleben und nicht zuletzt die Simmeraufrauen haben sich recht eindeutig dazu eingelassen. Das kannst du nicht einfach vom Tisch wischen.«
»Verflucht noch mal, ich wische nichts vom Tisch!«, schrie Steinbrecher aufgebracht. »Ob es nun Böse war, der ihn abgeholt hat oder nicht, spielt doch nur eine Nebenrolle! Tatsache ist, dass die Leiche in Krögers Güllegrube schwamm und er selbst uns in einem nun wirklich entscheidenden Punkt getäuscht hat. Außerdem hat er schon in der Sache mit dem Hinrich Böse gelogen! Macht das einer, der nichts zu verbergen hat?«
Lorinser horchte in sich hinein. Aber da war nicht viel. Nur ein hohles Echo, das wie ein Pingpongball an seinen Hirnwänden hin- und herprallte. »Für mich ist das kein schlagender Beweis«, sagte er betont ruhig. »Und überbewerten würde ich das auch nicht. Es kann, muss aber nicht sein. Was sagt denn Hildebrandt dazu?«
»Was glaubst du denn?«
»Sag nicht, sie hat den Haftbefehl beantragt?«
»Genau das, werter Kollege! Weil er angesichts der Fakten zwingend ist, das solltest du endlich begreifen. Manche Sachensind halt anders, als du sie dir zurechtlegst. Außerdem solltest du endlich mal von deinem hohen Ross runterkommen. Das sag übrigens nicht nur ich … Wegen der dünnen Luft da oben, die dir schneller als du glaubst den Atem nehmen kann, wenn du verstehst, was ich dir damit sagen will.«
Was sollte das denn? Quatschten die hinter seinem Rücken über ihn?
»Ja, ich verstehe«, sagte Lorinser verblüfft, obwohl er gar nichts verstand. Nur die in seinen Augen kindische Häme, hinter der Steinbrecher seinen Optimismus versteckte, war beim besten Willen nicht geeignet, seine starken Zweifel zu erschüttern. Dessen Zuversicht hatte seiner Meinung nach viel mit Eifer, Glauben und wenig mit Tatsachen zu tun. Und mit zwingenden schon gar nicht. Die Vorstellung, Kröger, der seine Probleme zeit seines Lebens gerichtlich gelöst hatte, sei wegen eines wahrscheinlich gar nicht durchführbaren Patentrechtstreits vollkommen außer Kontrolle geraten, passte nach seinem Gefühl nicht ins Bild. Aber vielleicht fährst du ja auf der falschen Spur, sagte er sich. Vielleicht hat ja die reichlich genervte Erfahrung recht, die ihm zum Abschluss des Telefonats rüde und vorwurfsvoll empfahl, sich mal wieder »im Stall« sehen zu lassen. »Damit du auch ein bisschen was von der Arbeit abkriegst, die wir hier machen müssen«, fügte Steinbrecher noch gallebitter hinzu, ehe er das Gespräch abrupt beendete.
Das sind ja seltsame Töne, stellte Lorinser voller Unbehagen fest. Nicht nur, dass Steinbrecher ihn wie einen tumben Frischling behandelt hatte, dessen schon aus dem Kragen quellender Ehrgeiz einen gehörigen Dämpfer verdient, er hatte ihm die letzten Worte geradezu feindselig entgegengeschleudert. Was war in den Kollegen gefahren? Hatte sich seine Frau wieder eine Schweinerei einfallen lassen, die ihn auf die Palme gejagt hatte oder … oder war er es einfach leid, sich von dem bedeutend jüngeren Kollegen auf der Nase herumtanzen zu lassen? Schlug da das beleidigte Mimosen-Imperium zurück?
Scheiß drauf, dachte er, obwohl ihm die Geschichte an die Nieren ging. Als unkollegial eingeschätzt, und schlimmer noch, behandelt zu werden, gefiel ihm gar nicht. Noch weniger, als karrieregeiler Ehrgeizling mit dem Hang zum Besserwisser abgestempelt zu werden. Nicht zu fassen! Es ist höchste Zeit, mit dem Kollegen ein offenes Wort zu sprechen, sagte er sich.
Mit einem heftigen Daumendruck ließ er die Musikkassette aus dem Schacht des
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