Bitterfotze
to have you here! Please come tomorrow at seven, it’s body tuning. Lots of fun!«
Ich schaue sie erstaunt an. So ganz anders als die schwedische Schüchternheit. In Schweden ist es mir noch nie passiert, dass eine Trainerin nach einer Stunde auf mich zugekommen wäre.
»Yes. Maybe I’ll come, it was very funny!«, sage ich höflich.
»Good!«, sagt sie selbstbewusst. »See you tomorrow!«
»Okay«, antworte ich überrumpelt und weiß, dass ich morgen wieder herkommen muss.
Den nächsten Tag verbringe ich im Liegestuhl, abwechselnd schlafend und lesend. Ich habe solchen Muskelkater, dass ich nur zum Pool schleichen kann. Ich stürze mich unbeholfen ins Wasser und schwimme ein paar Runden. Jetzt unterscheide ich mich kaum noch von den Rentnern. Vielleicht denken die Leute, die mich sehen, dass ich hier mein Rheuma kurieren will. Oder meine MS? Wäre das ein besserer Grund, Mann und Kind zu Hause zu lassen? Doch, vielleicht.
Gegen sieben werde ich ein bisschen nervös. Irgendwie ist es peinlich. Was, wenn Rositas Einladung etwas ganz anderes bedeutete? Meine Ängstlichkeit ärgert mich. Ist doch egal, welche Absichten sich dahinter verbergen könnten. Ich trainiere einfach gern. Warum muss es mir immer peinlich sein, wenn Menschen Interesse an mir zeigen?
Ich ziehe meine hässlichen Trainingssachen an und gehe in den Fitnessraum. Rosita kommt gleich auf mich zu.
»Sara! You came! Good!«
Eine neue Gruppe Leopardentroddeln schaut mich neugierig an.
»Yes. Hello«, antworte ich lahm.
Rosita nimmt mich bei der Hand und führt mich in den Saal. Jetzt habe ich ganz bestimmt rote Flecke am Hals. Kleine, feuerrote Flecke, die bekomme ich immer, wenn ich mich geniere. Was glaubt sie denn von mir? Habe ich gegen einen Code verstoßen? Mich auf etwas eingelassen, weil ich noch einmal gekommen bin? Aber dann fängt die Stunde an, und nach einer Weile verliere ich meine Verlegenheit und genieße es, mit meinem Körper zu arbeiten.
Falls Rosita verlegen sein sollte, zeigt sie es auf jeden Fall nicht. Nach der Stunde kommt sie sofort zu mir.
»You were fantastic, Sara!«, sagt sie, und ich freue mich, obwohl ich vermute, sie sagt das, um mir zu schmeicheln.
»Thank you«, antworte ich.
»Do you want to have a drink with me in the bar?«, fragt sie fröhlich und ich nehme an, dass sie mein Zögern bemerkt, denn noch bevor ich antworten kann, fährt sie fort: »Just a small beer. It’s so fun to see a young person here in the hotel!«
Sie lacht mich an und jetzt lächle ich auch, denn ihre Direktheit hat etwas Befreiendes, obwohl sie mir auch ein wenig unangenehm ist.
»Well, okay, just a small one!«, antworte ich.
Wir verabreden uns in einer Viertelstunde in der Bar, damit wir noch duschen können. Dann sitzen wir uns mit einem Bier gegenüber.
Rosita möchte wissen, warum ich hier bin. Ich versuche ihr zu erklären, was der Januar in Stockholm bedeutet. Was der Januar mit den Menschen in Schweden machen kann. Sie lacht und sagt, dass sie das nicht versteht, denn sie ist auf Teneriffa aufgewachsen, und wenn es da einmal regnet, freuen sich alle.
Es ist wirklich nett. Rosita ist neugierig und gut gelaunt. Wir lachen viel und ich frage sie, wie das ist, im Fitnessclub von La Quinta Park zu arbeiten. Rosita sagt, es sei okay, nur die vielen Rentner gingen ihr ein wenig auf die Nerven. Besonders die alten Männer, die alle Geräte mit ihrem Schweiß volltropfen. Sie ist siebenunddreißig, und als ich sage, ich sei dreißig, ist sie erstaunt, dass ich so alt bin. Noch erstaunter ist sie, als ich sage, dass ich
verheiratet bin und ein Kind habe.
»You don’t look like a mother!«, sagt sie.
Ich lache. »Wie sieht man denn als Mutter aus?«, frage ich.
»Fat«, sagt Rosita angewidert. »That’s why I don’t have any children. I don’t want to lose the grip.«
Ich schaue ihren durchtrainierten Körper an und denke, genau das ist es, das Muttersein, man hat es nicht mehr im Griff. Wie durchtrainiert du auch bist. Man gibt den Körper auf und teilweise auch sich selbst.
Deshalb ist es so schmerzhaft.
Erst wenn du loslässt und die Kontrolle abgibst, wird es möglich, die Mutterschaft zu genießen. Und deshalb scheint das Mutterwerden ein unmögliches Gleichstellungsprojekt zu sein.
Ich erinnere mich mit deutlicher Schärfe an die erste Zeit mit Sigge. Wie es jede Minute darum ging, ihn zum Schlafen zu bringen, damit ich eine Weile für mich hatte. Wie ich gegen ihn arbeitete, anstatt sein Wachsein zu
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