Bittersuess
Entführung mitgemacht? Wieso tut man überhaupt so etwas? Er scheint doch im Grunde einen guten Kern zu haben, da bin ich mir sicher. Vielleicht ist er unverschuldet in Not geraten und braucht dringend Geld? Oder man hat ihn mit irgendetwas gezwungen mitzumachen?
‚Bestimmt dieser Kevin’ , kommt es mir böse in den Sinn.
Ich ertappe mich dabei, wie ich Entschuldigungen für ihn suche. Ich hab sie wirklich nicht mehr alle, die Entführung hat meine Sinne total vernebelt. Er ist und bleibt ein Krimineller – auch wenn er ein netter Krimineller ist.
Ich versuche, ihn mir aus dem Kopf zu schlagen, versuche zu schlafen. Die letzte Nacht hab ich nicht viel Schlaf abbekommen, dank meines Umzuges hier in dieses Haus.
Ich höre die Vögel zwitschern, ich erinnere mich, ich bin ja in einem Wald. Ob dies hier so eine Art Jagdhütte ist? Oder Schutzhütte? Gehört sie jemandem? Vielleicht sogar einem der Entführer?
Ich merke, wie ich langsam wegdämmere.
„Na, unser Prinzesschen hat ja immer noch nichts gegessen“, höre ich eine spöttische Stimme.
Sofort bin ich hellwach und Panik ergreift mich. Ich setze mich hastig hin und rücke in die hinterste Ecke des Bettes, so weit es die Handschellen eben zulassen.
„Was soll das denn werden? Machst du Diät? Dabei bist du doch schon so ein Gerippe!“
Dann richtet er die Pistole auf mich und zielt auf meinen Kopf. Ich kann kaum noch atmen, ich bin starr vor Entsetzen. Ich schaue in die Mündung der Waffe, mein Herzschlag dröhnt laut in meinen Ohren.
„Wollen wir mal wetten, dass du jetzt was essen wirst?“, er lacht leise, immer noch hat er mich im Visier.
„Hör auf!“, höre ich eine vertraut e Stimme hinter ihm. „Was soll der Mist? Spinnst du?“, giftet er Kevin an. „Lass mich mit ihr reden!“
Er tritt jetzt neben Kevin und deutet mit einem Kopfnicken an, dass dieser den Raum verlassen soll.
Ich spüre, dass ich zittere, ich kann das nicht stoppen.
„Stella, es tut mir leid“, er kommt zu mir und setzt sich auf die Bettkante. Etwas zögernd greift er nach meiner Hand und streichelt darüber. „Entschuldige… er ist manchmal etwas… unbeherrscht…“
Seine Stimme klingt so sanft, ich merke, dass ich mich etwas beruhige , doch ich bin nach wie vor wachsam. Mir fällt wieder auf, wie warm seine Hände sind, im Gegensatz zu meinen.
„Stella bitte – iss etwas“, sagt er freundlich.
„I… ich… ka… kann nicht“, stammele ich mit heiserer Stimme, ich muss mich erstmal räuspern, mir hat es eben wirklich die Sprache verschlagen.
Wie spät es wohl ist? Verstört schaue ich zum Fenster, es ist noch hell, natürlich, es ist ja Sommer, aber es scheinen doch schon ein paar Stunden vergangen zu sein, die Lichtverhältnisse haben sich geändert.
„Versuche es doch – bitte“ , er umklammert meine Hand jetzt mit seinen beiden Händen. Es ist… schön. Obwohl alles in mir sich dagegen sträuben sollte, tut es das nicht. Ich spüre, wie die Wärme von seiner Haut auf meine übergeht.
Doch dann kommt die Ernüchterung mit aller Macht zurück. Sowas gehört sich nicht, nicht mit so einem Mann.
Ich schüttele den Kopf, dann schaue ich ihn ängstlich an. „Darf ich ins Bad?“, fragte ich ihn.
„Natürlich“, er holt einen Schlüssel aus seiner Hosentasche und befreit mich von der Handschelle.
„Kann ich mir nachher deine Wunde ansehen?“, er schaut mir direkt in die Augen. Was gäbe ich dafür, ihm diese Sturmhaube endlich mal vom Kopf zu reißen…
„J… ja“, stammele ich. Wieder kann ich erstmal nicht wegsehen, sein Blick hält mich auf seltsame Weise gefangen, dann reiße ich mich aber zusammen. „Warum fragst du? Im Grunde kannst du doch mit mir machen, was du willst“, füge ich bitter hinzu. „Hab ich also eine Wahl?“
„Nicht wirklich“, er nickt un d unterbricht den Blickkontakt, ich hab den Eindruck, dass es ihm unangenehm ist, aber da ich sein Gesicht nicht sehen kann, ist das nur eine Vermutung.
Ich nehme meinen BH und den Slip mit, d ie Sachen sind mittlerweile getrocknet, und stehe auf. Mir ist etwas schwindelig und meine Bewegungen kommen mir so langsam vor, ich muss mich richtig konzentrieren um nicht zu torkeln. Aus den Augenwinkeln erkenne ich, dass mein Entführer mir folgt.
Als ich in den kleinen Flur komme, sehe ich die gegenüberliegende Tür aufstehen und schaue in eine Art Wohnzimmer. Die beiden anderen vermummten Gestalten sitzen dort, so schnell es mir möglich ist, gehe ich ins Bad. Ich
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